Nach 18 Jahren
Ex-RAF-Terroristin Birgit Hogefeld aus Haft entlassen
Bereits am Montag sei Hogefeld aus der Haft entlassen worden, sagte ein Sprecher des hessischen Justizministeriums am Dienstag in Wiesbaden. Die 54-Jährige befand sich bereits im offenen Vollzug. Die Bewährungszeit beläuft sich dem Sprecher des Justizministeriums auf fünf Jahre. In dieser Zeit dürfe sie nicht straffällig werden.
Das frühere Mitglied der linksterroristischen Rote Armee Fraktion hatte 18 Jahre ihrer Strafe verbüßt. Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe kann die Reststrafe nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Das OLG hatte die Mindestverbüßungszeit für Hogefeld im Jahr 2008 aber auf 18 Jahre festgelegt.
Zwei Tote bei Festnahme Hogefelds
Nach den Ermittlungen der Justiz war Hogefeld 1984 in den Untergrund gegangen und hatte sich der RAF angeschlossen. Ein Jahr später soll sie einen US-Soldaten erschossen haben, den sie mit dem "Versprechen eines Liebesabenteuers" angelockt hatte. Ein RAF-Kommando verschaffte sich dann mit dessen Ausweis Zugang zum US-Militärflughafen in Frankfurt am Main, um einen Bombenanschlag mit zwei Toten und 16 Verletzten zu verüben.
Ab 1988 wurde Hogefeld mit internationalem Haftbefehl gesucht. Im gleichen Jahr soll sie ein Auto für den Mordanschlag auf den damaligen Finanzstaatssekretär und späteren Bundesbank-Präsidenten Hans Tietmeyer besorgt haben, der ebenso wie sein Fahrer unverletzt blieb. Im Juni 1993 wurde Hogefeld dann bei einem Einsatz der Spezialeinheit GSG 9 auf dem Bahnhof von Bad Kleinen festgenommen. Bei einer Schießerei kamen damals der RAF-Terrorist Wolfgang Grams und ein GSG-9-Beamter ums Leben. 1996 war sie vom Oberlandesgericht Frankfurt zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht stellte die besondere Schwere ihrer Schuld fest. Das Urteil wurde 1999 rechtskräftig.
Kapitel Rote Armee Fraktion geschlossen?
Auch wenn mit Birgit Hogefeld nun die letzte frühere RAF-Terroristin entlassen worden ist, dürfte das Kapitel RAF der deutschen Geschichte nicht beendet sein. Bei Weitem nicht alle Attentate sind aufgeklärt, viele Terroristen sind nicht gefasst, geschweige denn überhaupt identifiziert.
Neben der ungeklärten Schuldfrage bei den meisten Fällen der 80er- und 90er-Jahre bleiben auch viele Fragen zu den Fällen, in denen bereits Urteile gesprochen wurden, offen: Wer feuerte beim Attentat auf den deutschen Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine Begleiter in Karlsruhe am 7. April 1977 die tödlichen Schüsse ab? Wer setzte Schleyer am 18. oder 19. Oktober desselben Jahres den tödlichen Genickschuss - und wo? Und wehrte sich der Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, bevor er in seiner Wohnung erschossen wurde?
Deshalb wird die RAF auch nach der Entlassung Hogefelds die Deutschen und die Justiz beschäftigen, meint der Stuttgarter Jurist Karl Pflieger. "Es handelt sich bei den offenen Fahndungen um lauter Straftaten, die nicht verjähren. Und somit ist das Kapitel RAF keineswegs geschlossen", sagte der ehemalige Bundesanwalt, der in den 80er-Jahren mehrere RAF-Verfahren betreute. Das zeigten auch Ausstellungen, Filme, gescheiterte Gnadengesuche und Haftentlassungen, an denen sich in den vergangenen Jahren heftige Debatten vor allem um Schuld und Sühne entzündeten.
Verena Becker in Stuttgart angeklagt
Erfolge bei der Aufklärung erwarten Experten nur noch, wenn die Ermittler zum Beispiel über Gen-Spuren und verbesserte Technik Treffer landen. Oder wenn die ehemaligen Terroristen der RAF mit ihrem Schweigegelübde brechen. Auch Verena Becker, die derzeit in Stuttgart als Mittäterin bei dem Buback-Anschlag angeklagt ist (siehe Infobox), hält sich an diese "Omerta", die das Leiden der Angehörigen und Freunde der Opfer zusätzlich verlängert. Und vielleicht wird Becker auch nicht die Letzte sein, die für ihre Zeit in der RAF verurteilt wird: Sind die Stuttgarter Richter überzeugt, dass sie am Anschlag in Karlsruhe 1977 beteiligt war, könnte das Kapitel RAF wieder aufgeschlagen werden.
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