Maximilian Tödtling

Ex-Pfarrer: „Die Seelsorge ist meine Berufung!“

Nachrichten
17.04.2022 07:00

Zu Ostern 2015 hat Maximilian Tödtling aus Liebe zu einer Frau sein Priesteramt niedergelegt. Nun leitet er die Seelsorge am LKH Graz und erlebt täglich Zeichen der Auferstehung.

Auch die Seelsorge will verwaltet sein. 13 Seelsorger sind am LKH Graz in Rufbereitschaft. An jedem Tag des Jahres, rund um die Uhr. „Du musst mit Leid umgehen können, und das begegnet dir überall“, sagt Maximilian Tödtling.

Er kümmert sich auf der Urologie um den Seelenbefund der Patienten. „In der reparierenden Chirurgie geht’s noch leichter, wenn es auf der Onkologie und Palliativ-Station ums Sterben geht, wird es schwieriger. Oft bete ich darum, die richtigen tröstenden Worte zu finden, denn Floskeln helfen nicht“, lässt der Seelsorger in den Alltag blicken. Selbst im weißen Kittel wird er als Pfarrer angesprochen, „weil ich anscheinend noch immer dieses Pfarrergehabe habe“. Patienten sprechen ihn auch oft auf seine persönliche Lebensgeschichte an.

Auf die Auferstehung folgte ein neues Leben
Vor sieben Jahren hat der ehemalige Dechant von Leoben-Donawitz in der Ostermesse bekannt gegeben, dass er aus Liebe zu einer Frau in den Laienstand geht, um heiraten zu können. Keine leichte Entscheidung für den langjährigen Kirchenmann, dessen Mut zur Ehrlichkeit großteils Anerkennung fand.

Selbst die Amtskirche reagierte überraschend großmütig. Keine Ächtung und existenzielle Not für den Abtrünnigen, der seine Liebe Nora Musenbichler heiratete, die nun im Juni Caritas-Direktorin wird.

„Das zeugt auch vom Fortschritt in der Kirche“
„Dass meine Frau nicht als jene abgestempelt wurde, die einen Priester vom Amt abspringen ließ und nun einen guten Platz in der Kirche bekommt, zeugt von Fortschritt in der Kirche.“ Und diesen erwarte er sich auch in puncto Zölibat, Frauen im Priestertum und Umgang mit Geschiedenen.

„Für mich war es eine Auferstehung in ein neues Leben, obwohl ich es nicht als großen Bruch sehe. Ich bin so dankbar, dass ich nun wieder in die Seelsorge geholt wurde, weil es meine Berufung ist.“ Nun als Tröster, Mutmacher, Begleiter in Freud und Leid, oft auch nur als stiller Zuhörer der ausgesprochenen Sorgen und Ängste, Wut und Verzweiflung. Verbunden mit Fragen wie „Warum gerade ich?“ oder „Was habe ich verbrochen?“ hadern Schwerkranke mit sich und Gott.

„Auch ich frage mich, Gott, was denkst du dir dabei, wenn Babys sterben und Kriege wüten. Das Gott nichts dagegen tut, ist auch für mich schwer auszuhalten.“ Nicht auf jede Frage muss es eine Antwort geben. Tödtling erfährt in den Begegnungen, was Sterbende besonders beschäftigt: „Oft geht es um Beziehungen“. Einige wollen Zerwürfnisse wieder heilen, sich am Ende des Lebens versöhnen. Der Seelsorger erlebt auch menschliche Tragödien, wenn am Krankenbett gestritten wird. „Da bleibt etwas schmerzhaft zurück, dafür darf kein Platz sein, da muss ich eingreifen."

Tödtling sagt: „Keiner will alleine sterben!“
Auch, dass der 52-Jährige nicht immer willkommen ist, nimmt Tödtling mit Humor. “Der Seelsorger ist der einzige, den der Patient ohne Folgewirkung aus dem Zimmer schmeißen darf, ohne irgendwelche Folgen."

Es ist eben anders geworden, dass Priester nun seltener mit der Krankensalbung (von letzter Ölung spricht man nicht mehr) und zum Segnen und Beten ans Sterbebett geholt werden. „Dabei ist das Ritual des Verabschiedens wichtig, denn keiner will alleine sterben“, meint Tödtling, der mit der Erlaubnis von Rom Sünden lossprechen darf.

Auf Wunsch drückt der Seelsorger dem Sterbenden ein Holzkreuz in die Hand, um sich auf seiner großen Reise festhalten zu können. Fällt damit der letzte Weg leichter? „Sterben ist auch für Gläubige nicht einfach, aber der Glaube hilft, denn er gibt Hoffnung und Horizont. Ich habe nur wenige Menschen sterben sehen, die im Tod nicht erlöst waren.“

„Reisefieber“ vor dem letzten Weg
Tödtling nennt es ein Licht von der anderen Seite der Wirklichkeit, das sich als Gefühl des Ostermorgens zeigt. Mit der wundersamen Genesung, aber auch mit Erlösung nach schwerer Krankheit und Leiden erleben die Seelsorger täglich hoffnungsvolle Zeichen der Auferstehung.

Und wie sieht es mit der eigenen Angst vor dem Sterben und Tod aus? „Ein bisserl Reisefieber werde ich ganz bestimmt haben.“

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