Wegen der hohen Inflation sinken heuer die Reallöhne so stark wie nie, obwohl die Steuerreform den Rückgang abfedert. Das trifft vor allem Niedrigverdiener. 2023 wird besser.
Die Wirtschaftsforscher rechnen für 2022 zwar mit einem Anstieg der (ausbezahlten) Löhne um 3,4 Prozent. Doch die starken Preissteigerungen, vor allem bei Energie und Lebensmitteln, fressen alles auf. Nettoreal würde laut Wifo ein Einkommens-Minus von 2,3% herauskommen, wenn die Jahresinflation 2022 wie angenommen 5,8% beträgt.
Dank der Steuerreform (2. Steuerstufe wird ab Juli gesenkt, Familienbonus steigt) und diverser Maßnahmen der Regierung gegen die Teuerung reduziert sich der Rückgang auf 1,1% (siehe Grafik, blau). Doch es handelt sich noch immer um die größte Schwächung der Kaufkraft, die es in den letzten zwanzig Jahren gab.
Das sind natürlich Durchschnittswerte, die sich unterschiedlich auf bestimmte Gruppen auswirken. „Wer ein stabiles Beschäftigungsverhältnis hat, ist meist weniger von Einkommensverlust betroffen als jene, die häufig den Job wechseln“, weiß Christine Mayrhuber vom Wifo. Generell sind es vor allem Niedrigverdiener, die einen Verlust an Kaufkraft am stärksten spüren.
Weniger sparen nach Corona-Rekordhoch
So machen die notwendigen Lebenshaltungskosten im untersten Einkommens-Drittel der Haushalte mehr aus, als diese verdienen. Mayrhuber: „Sie finanzieren ihren Konsum entweder über Ersparnisse oder über Kredite.“ Zu den Betroffenen zählen z. B. Pensionisten, die Bezieher von Transferzahlungen und Arbeitnehmer in Branchen mit niedrigen Kollektivverträgen. Umgekehrt wiederum ist die Sparquote beim obersten Drittel am höchsten, auch in schlechten Zeiten. Die Experten gehen davon aus, dass nach dem Corona-Rekordhoch heuer weniger gespart wird, weil es einen Nachholbedarf z. B. bei Urlauben und persönlichen Dienstleistungen gibt.
Wer ein stabiles Beschäftigungsverhältnis hat, ist meist weniger von Einkommensverlust betroffen als jene, die häufig den Job wechseln.
Christine Mayrhuber (Wifo)
„Auswirkungen bei Niedrigverdienern geringer“
Die ersten Lohnrunden im Frühjahr zeigten zwar schon höhere Abschlüsse als im Herbst mit über drei Prozent, doch „auch hier sind die Auswirkungen bei den Niedrigverdienern geringer“ (Mayrhuber). Doch es gibt sogar Branchen wie das Gastgewerbe, die beschlossen haben, dass bereits vereinbarte Abschlüsse nachverhandelt werden müssen, wenn die Inflation steigt. In der Elektro- und der Papierindustrie geht die Gewerkschaft mit Forderungen von mehr als sechs Prozent in die Verhandlungen.
Arbeitgeber wiederum wollen, dass man nur die „Kerninflation“ berücksichtigt und die Preissprünge bei der Energie ausklammert. Doch spätestens bei den Herbstlohnrunden werden höhere Zuwächse erwartet, sodass die Bruttolöhne pro Kopf 2023 um knapp 5% anziehen. Das würde nettoreal ein Plus von über 3,3% ergeben, weil die Inflation wieder zurückgeht. Die Gefahr einer „Lohn-Preis-Spirale“, also dass höhere Löhne zu noch höheren Preisen führen, sehen die Experten derzeit nicht. Manfred Schumi
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