Fehlendes Interesse

Niedrige Beteiligung: Politik läuft Wahlvolk weg

Tirol
15.03.2022 13:00

Nach den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen hat nicht nur die Volkspartei Schmerzen. Auch die anderen Parteien haben keinerlei Grund für Freudentänze.

Im prunk- und glanzvollen Saal der Hofburg wurden am Montag die 273 neugewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister unseres Landes angelobt. Ehre und Glanz, wem Ehre und Glanz gebührt. So viel zur guten Nachricht, um zu den weniger positiven zu wechseln, derer diese Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen ja doch einige lieferte. Da wäre zu allererst die Wahlbeteiligung. Sie ist - gelinde gesagt - im Keller. Beim ersten Wahltermin am 27. Februar taten sich noch genau zwei Drittel (66,33%) der 505.752 Stimmberechtigten die „Mühe“ an, ihre Gemeindevertreter samt Oberhaupt mitzubestimmen. Im Vergleich: 2016 waren es noch 71,4%.

Kaum Interesse bei Stichwahl
Am Sonntag, bei der Bürgermeisterstichwahl, sackte die Beteiligung auf 56,86% ab. Auch hier macht der Vergleich mit 2016 sicher, wo noch 71% Interesse zeigten, ihre Bürgermeister direkt mitzubestimmen. Freilich kann man auch nach hinten blicken und betonen, dass bei der Landtagswahl 2018 lediglich 60% wählen gingen, bei der Europawahl 2019 gar nur 53%. Aber: Bei der Nationalratswahl 2017 gaben noch drei Viertel aller Bürger (76%) ihre Stimmen ab. Die Nähe zu den Kandidaten in der Gemeinde scheint also – entgegen anderen Aussagen – auch kein Argument mehr zu sein, wählen zu gehen. Hier sollten bei allen Parteien die Alarmglocken läuten.

Am lautesten aber müssen diese wohl bei der Tiroler Volkspartei schrillen. Nur allzu logisch ist, dass sie sich nun brüstet, weiterhin in 232 Orten die Oberhäupter sowie die überwältigende Mehrheit der in den Gemeinderäten sitzenden Mandatare zu stellen. Man kann allerdings auch die andere Seite der Medaille betrachten und sagen, auf den Glanz der Tiroler Volkspartei haben nicht all zu viele Listen gesetzt. Eher das Gegenteil ist der Fall. ÖVP, Volkspartei oder Ähnliches wurde bei den Listennamen tunlichst vermieden.

Schmerzhafte Niederlagen in Städten
Dazu kommen die Niederlagen in großen Gemeinden und Städten. Schmerzen bereiten nicht nur die Verluste der schwarzen Hochburgen Schwaz und Hall. In Kufstein spielt die ÖVP ja auch nur mehr eine Statistenrolle, Wattens ist ebenfalls weg. Die Rückeroberung Wörgls durch Bürgermeister Michael Riedhart allein kann das im Unterland niemals aufwiegen. Dazu kommen noch die Pleiten in Völs, Axams und natürlich Zams, der Heimatgemeinde von Tirols Landeshauptmann Günther Platter. Dass bei Platter ausgerechnet am Sonntagabend Symptome des Unwohlbefindens aufgetreten sind, passt da manchen ins Bild, auch wenn er sich natürlich mit Corona infiziert hat.

Zeit für die Jungen?
Die ÖVP wird jedenfalls gut daran tun, den Jungen wie etwa dem Zillertaler Landtagsabgeordneten Dominik Mainusch oder dem erfolgreichen Touristiker Mario Gerber, der Politik nicht als Einkommen notwendig hat, mehr Gehör zu geben, als den grauen Eminenzen und abgehalfterten Altvorderen, denen es einzig und allein um den Schutz ihrer Pfründe geht, die Wahlkampf wie die Vampire das Licht scheuen und die ihre verbliebene Kraft und Energie nur mehr für ihr eigenes Wohlbefinden einsetzen.

Andere Parteien dennoch in Nebenrolle
Die brutale Abwahl von Hans Lintner in Schwaz, der angeblich frische und neue Ansätze von jungen Menschen vom Tisch fegte, oder der Verlust von Hall nach 77 Jahren ÖVP-Bürgermeisterdomäne sollten für Platter und Parteimanager Martin Malaun sowie die teils seit Jahrzehnten gleichen Einflüsterer und Berater im Hintergrund jedenfalls Warnung genug sein. Dass die anderen Parteien, von Grün über Rot bis Blau und Pink, jeden noch so kleinen Lichtblick bei diesen Wahlen als große Erfolge „verkaufen“, mag ihr gutes Recht sein. In der tirolweiten Gemeindepolitik-Landkarte spielen sie auch in den künftigen sechs Jahren eher Statistenrollen.

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