Kämpfe mit Taliban

12 Kinder bei NATO-Luftangriff in Afghanistan getötet

Ausland
29.05.2011 10:34
Bei einem NATO-Luftangriff in der südafghanischen Provinz Helmand sind nach Angaben der Provinzregierung 14 Zivilisten getötet worden, darunter zwölf Kinder. Der Sprecher des Provinzgouverneurs, Daud Ahmadi, sagte, bei dem Bombardement in der Nacht auf Sonntag seien fünf Mädchen, sieben Buben und zwei Frauen ums Leben gekommen. Drei weitere Kinder, eine Frau und zwei Männer seien verletzt worden. Ein Sprecher der NATO-geführten ISAF-Truppe sagte, der Vorfall werde untersucht, ein Team sei auf dem Weg in die Region.

Aus dem Büro des Provinzgouverneurs hieß es weiter, Hubschrauber der ISAF-Truppe, der International Security Assistance Force, hätten am Samstag einen Einsatz geflogen, um den Soldaten eines NATO-Stützpunktes gegen einen Angriff von Aufständischen beizustehen. Dabei seien im Bezirk Nawsad zwei Häuser getroffen worden. US-Truppen seien zunächst von Taliban-Kämpfern beschossen worden und hätten um Luftunterstützung gebeten.

Ein Stammesführer in Nawsad sagte der Nachrichtenagentur AFP, zwölf Mitglieder seiner Familie seien bei dem NATO-Angriff getötet und zehn weitere verletzt worden. Er habe gesehen, wie die NATO-Hubschrauber beschossen worden seien. Die Hubschrauber seien zunächst weggeflogen, nach zehn Minuten aber zurückgekehrt. Dann hätten sie Raketen abgefeuert.

Mit Taliban-Kämpfern verwechselt
In der Provinz Nuristan verwechselten die NATO-Truppen am Mittwoch nach Angaben des dortigen Gouverneurs offenbar Zivilisten mit Taliban-Kämpfern. Der Angriff habe sich im umkämpften Distrikt Do Ab an einem Ort ereignet, über den Polizeibeamte erst kurz zuvor nach Auseinandersetzungen mit Aufständischen die Kontrolle gewonnen hätten. Die radikal-islamischen Taliban hätten sich in den Häusern von Zivilisten versteckt, nachdem ihnen die Munition ausgegangen sei. Die NATO habe die Häuser beschossen, dabei aber Zivilisten und Polizeibeamten mit Taliban-Kämpfern verwechselt. Dabei starben 38 Menschen, davon 18 zivile Opfer.

Die ISAF erklärte in beiden Fällen, die Angaben zu prüfen und ein Untersuchungsteam beauftragt zu haben. Nach ersten Informationen seien jedoch bei dem Vorfall in der Provinz Nuristan keine Zivilisten ums Leben gekommen, sagte ein ISAF-Sprecher.

Immer wieder zivile Opfer bei ISAF-Einsätzen
Die Tötung von afghanischen Zivilisten bei ISAF-Einsätzen, zu der es immer wieder kommt, ist ein besonders heikles Thema zwischen dem Westen und der Regierung in Kabul. Der afghanische Präsident Hamid Karzai hatte das Verteidigungsministerium erst am Samstag angewiesen, Angriffe ausländischer Truppen zu verhindern, die nicht mit den Afghanen koordiniert sind. Das Ministerium soll nach der Direktive außerdem die gezielten nächtlichen Operationen von US-Spezialeinheiten - sogenannte Night Raids - unter seine Kontrolle bringen. Die Anordnung Karzais dürfte zu weiteren Spannungen mit der NATO führen.

Der Tod von vier Zivilisten in Talokan in der nordöstlichen Provinz Takhar hatte am 18. und 19. Mai zu gewaltsamen Ausschreitungen in Talokan geführt, wo auch ein Stützpunkt der deutschen Bundeswehr attackiert wurde. 17 Menschen starben. Am Samstag wurden bei einem Selbstmordanschlag in Talokan zwei deutsche Soldaten getötet und fünf weitere verletzt, unter ihnen der für den Norden Afghanistans zuständige ISAF-Kommandant Markus Kneip. Auch ranghohe afghanische Sicherheitsvertreter wurden getötet.

Deutschland will Einsatz fortführen
Trotz dieses neuen Anschlags will die deutsche Regierung an ihrer bisherigen Strategie in Afghanistan festhalten, wie Außenminister Guido Westerwelle am Sonntag bei einem Besuch im Golf-Staat Oman bekräftigte. Die afghanischen Sicherheitskräfte sollen demnach innerhalb der nächsten Wochen die Verantwortung in ersten Provinzen übernehmen. Gegen Ende des Jahres soll dann wie geplant der Abzug der ersten deutschen Soldaten beginnen. Der Anschlag vom Samstag erfülle die deutsche Regierung mit "Schmerz und tiefer Trauer", sagte Westerwelle. Trotz aller Rückschläge sei nun eine "Abzugsperspektive" in Sicht.

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