Mit Versöhnung

Lieberman: Hamas, Fatah haben “rote Linie überschritten”

Ausland
28.04.2011 10:09
Mit der überraschenden Versöhnung der zerstrittenen Fraktionen Hamas und Fatah am Mittwoch haben die Palästinenser laut Israels Außenminister Avigdor Lieberman "eine rote Linie überschritten". Man müsse jetzt sorgfältig die nächsten Schritte erwägen, denn er erwarte die Freilassung Hunderter Hamas-Terroristen aus dem Gefängnis im Westjordanland, sagte der ultrarechte Politiker am Donnerstag. Auch Premier Benjamin Netanyahu sowie die USA können dem palästinensischen Abkommen nichts abgewinnen.

Die radikalislamische Hamas und die gemäßigte Fatah hatten am Mittwochabend in Kairo überraschend die Unterzeichnung einer grundsätzlichen Vereinbarung über eine Versöhnung verkündet. Binnen eines Jahres sollen Präsidenten- und Parlamentswahlen in den palästinensischen Gebieten stattfinden, an deren Ende eine gemeinsame Regierung stehen soll. Die Bildung der Einheitsregierung ist Grundlage für die geplante palästinensische Staatsproklamation.

Auch der Nationalrat der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO soll neu gewählt werden. Bis zu den Wahlen soll eine Übergangsregierung mit unabhängigen Kandidaten gebildet werden, die die Zustimmung beider Fraktionen haben. Die im Gazastreifen herrschende Hamas hat deutlich gemacht, dass sie ihren Widerstand gegen Israel nicht aufheben will und die Übergangsregierung keine Friedensverhandlungen mit dem jüdischen Staat führen wird.

Angst vor Hamas-kontrolliertem Westjordanland
Lieberman erklärte im israelischen Rundfunk, bei den nun vereinbarten palästinensischen Wahlen werde die Hamas unter Ismail Haniyeh voraussichtlich auch im Westjordanland die Kontrolle übernehmen, was für Israel ein immenses Problem darstelle. Bisher hatte die Autonomiebehörde unter Mahmoud Abbas gemeinsam mit Israel im Westjordanland die Hamas bekämpft.

Auch Ministerpräsident Netanyahu hat negativ auf die Versöhnung der Palästinenser-Organisationen reagiert. Netanyahu sagte am Mittwochabend nach Angaben seines Büros in Jerusalem, die Palästinensische Behörde von Präsident Abbas müsse "zwischen einem Frieden mit Israel und einem Frieden mit Hamas wählen". Ein Frieden mit beiden sei unmöglich, weil Hamas offen die Zerstörung des Staates Israel anstrebe und ständig Israels Städte und Kinder mit Raketen angreife.

Netanyahu wertete die innerpalästinensische Versöhnung als Zeichen einer Schwäche der Abbas-Administration. Es stelle sich die Frage, ob die Hamas auch im Westjordanland die Kontrolle übernommen habe. "Ich hoffe, dass die Palästinenserbehörde richtig wählen wird - dass sie den Frieden mit Israel wählen wird", sagte Netanyahu.

Abbas "schwach, korrupt und nicht mehr relevant"
Nach geheimen US-Diplomatenpapieren, die von der Enthüllungsplattform WikiLeaks veröffentlicht worden sind, hat Außenminister Lieberman Abbas als "schwach, korrupt und nicht mehr relevant" eingestuft. Lieberman forderte jüngst die Niederwerfung der Hamas, Infrastrukturminister Uzi Landau die Wiederaufnahme der Politik der "gezielten Tötungen", denen führende radikale Palästinenser wie der Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin und dessen Nachfolger Abdelaziz Rantisi zum Opfer gefallen waren.

USA: "Hamas ist eine terroristische Organisation"
Die USA haben ebenso wie Israel zurückhaltend auf die neuen Entwicklungen reagiert. "Die Hamas ist eine terroristische Organisation, die Zivilisten angreift", erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Tommy Vietor, am Mittwoch in Washington. Jede künftige palästinensische Regierung müsse auf Gewalt verzichten, das Existenzrecht Israels anerkennen und die geschlossenen Verträge respektieren. Die USA unterstützten eine Versöhnung zwischen Palästinensern, die zum Frieden beitrage.

Jahrelanger Bruderkampf nach Wahlen im Jahr 2006
Die Hamas hatte die Wahlen im Westjordanland und Gazastreifen 2006 mit absoluter Mehrheit gewonnen. Ihren Sieg verdankten die Islamisten vielen Protestwählern, die der Fatah zügellose Korruption vorwarfen. Der Machtkampf führte im Juni 2007 zur faktischen Trennung des Westjordanlandes und des Gazastreifens.

Die Hamas übernahm nach blutigen Gefechten die alleinige Kontrolle über den Gazastreifen, den die Israelis 2005 geräumt hatten. Abbas löste daraufhin die Hamas-geführte Einheitsregierung unter Premier Ismail Haniyeh auf und setzte im Westjordanland ein Notstandskabinett ohne parlamentarische Legitimation unter Salam Fayyad ein. Dieser hatte die Ausrufung eines souveränen Staates noch für 2011 auch ohne vorherigen Friedensvertrag mit Israel in Aussicht gestellt.

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