Ehepaar erzählt

So feierte man vor 70 Jahren Weihnachten

Erst 70 Jahre her und doch Welten entfernt: Herta Kilian aus Gallneukirchen und ihr Ehemann Peter teilen ihre schönsten Erinnerungen an Weihnachten, wie es früher einmal war.

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In einer Zeit, in der man Steine in den Ofen legte, damit sie einem unter der Bettdecke die Füße wärmten, in der es weder Waschmaschinen noch Kühlschränke, dafür aber Lebensmittelmarken gab, wuchsen Herta und Peter Kilian auf. Sie in Linz, er auf einem Bauernhof nahe Grieskirchen. Beide hatten nicht viel und doch reichte es für Erinnerungen, die ihnen noch heute ein Lächeln ins Gesicht zaubern!

Weihnachten 1948. Die fünfjährige Herta schlüpft in ihr Sonntagskleid. Im Radio laufen Weihnachtsgeschichten. Das Krenfleisch zu Mittag würgt sie irgendwie runter – „haglich“ sein gibt’s nicht –, dann reicht Mama Kekse zum Tee. Trocken, ohne Nüsse und Schoko, aber trotzdem köstlich! Als es dunkel wird und Herta mit ihren Eltern im O-Bus zum Friedhof fährt, flammen in den Fenstern Kerzen für die Kriegsgefallenen auf. Herta drückt Papas Hand. Sie ist froh, dass er rechtzeitig vor Weihnachten von der russischen Gefangenschaft in Sibirien heimgekehrt ist.

„In dem Jahr hab ich vom Christkind einen Puppenwagen bekommen. Der musste aus Platzgründen unter dem Küchentisch stehen. Wenn wir gegessen haben, wurde er in den Gang geschoben“, lacht die heute 78-Jährige. Ein ausgestopfter Kasperl schlummerte im Wagerl, bis das Christkind im Folgejahr eine Porzellanpuppe unter den Christbaum legte. „Sie war das Größte für mich!“

Überall hat es gefunkelt
Auch an die hübsch dekorierten Auslagen in der Landstraße kann sich Herta erinnern. „Überall hat es gefunkelt, und aus den Schaufenstern der Bäckereien haben uns die tollsten Süßigkeiten angelacht. Sowas konnten sich die wenigsten Familien leisten. Wie ich mir da die Nase platt gedrückt habe, tat ich der Mama leid. Sie hat mir ein Semmerl gekauft.“

Weihnachten ohne Schnee nicht vorstellbar
„Dass man arm war, hat man gar nicht so wahrgenommen“, erzählt Peter. „Es ging ja allen gleich, niemand hatte was.“ An die 1950er-Jahre zwischen Mägden und Knechten am Bauernhof denkt der heute 81-Jährige gern zurück. „Wir hatten es gut, obwohl wir das Wasser vom Brunnen holen und uns ein Plumpsklo im Freien teilen mussten.“ In kurzen Hosen, Wollstrümpfen und den Schuhen aus Schweinsleder, die es alle zwei Jahre zu Weihnachten gab, stapfte Peter mit dem Vater in den Wald, um einen Baum auszusuchen. „Die Schneeklumpen sind in den Strümpfen hängengeblieben. Weihnachten ohne Schnee, das hätte sich früher keiner vorstellen können!“

Ente als Festmahl
Ein Moment, den Peter nie vergessen wird? „Der Papa hat einmal eine Ente mitgebracht. Wir haben sie in einer Schachtel aufgezogen und sehr ins Herz geschlossen. Sie war wie ein Hund, ist uns durchs ganze Haus und auch in den Wald gefolgt. Als sie uns zu Weihnachten statt der üblichen Bratwürstel am Teller präsentiert wurde, hat sie uns nicht geschmeckt.“

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