Cracker und Reis

Pannen-Helfer im AKW erhalten nur Notrationen

Ausland
29.03.2011 16:03
Manche nennen sie die "Helden von Fukushima", doch die mittlerweile 400 Männer, die versuchen, die Atom-Ruine in Japan unter Kontrolle zu bringen, werden behandelt wie Schwerverbrecher. Ihren lebensgefährlichen Job müssen sie mit kargen Essensrationen bewältigen, sie haben keinen Kontakt zu ihren Familien und die Nächte verbringen sie eng aneinander gepfercht in Bleidecken gehüllt. Wann ihre Mission beendet ist, ist derweil noch nicht absehbar.

Die unglaublichen Details des Arbeitseinsatzes enthüllte jetzt Kazum Yokota, ein Inspektor der örtlichen Atomaufsichtsbehörde. Er verbrachte fünf Tage in der Anlage und konnte sich ein Bild von den unmenschlichen Bedingungen vor Ort machen. 

Nach Yokotas Angaben arbeiten derzeit etwa 400 Arbeiter und Techniker in Fukushima 1. Die Hauptschicht beginnt demnach um 6 Uhr. Zum Frühstück bekommen die Männer nur jeweils 30 "Überlebenscracker" und 180 Milliliter Fruchtsaft - also etwa ein Glas. Danach gehen sie an die Arbeit.

Mittagessen ist "logistisch unmöglich"
Mittagessen gebe es keines, hieß es, denn das sei logistisch unmöglich. In dem kleinen Gebäude, in dem die Männer ihren Stützpunkt errichtet haben, sei demnach nicht genügend Platz, um eine warme Essensausgabe zu ermöglichen. Noch immer sei die Versorgung der Anlage ein riesiges Problem. Nur selten würden neue Vorräte geliefert. Seit etwa einer Woche erhalten die hart arbeitenden Männer aber immerhin täglich eine Flasche Mineralwasser.

Gegen 17 Uhr - wenn es dunkel wird - kehren die erschöpften Arbeiter dann zu ihren Unterkünften auf dem Gelände zurück, berichtete Yakota. Zum Abendessen gibt es dann auch wieder nur Notrationen: Instant-Reis, der mit heißem Wasser essfertig gemacht wird, und jeweils eine Dose mit Huhn oder mit Fisch.

Viele schweigen, wenige klagen
Die Arbeiter würden schweigend essen. Manche klagten auch, sie würden gerne etwas Besseres zu essen bekommen. "Ich glaube nicht, dass die Energiezufuhr groß genug ist, damit die Männer diese Arbeit leisten können. Aber die Arbeiter geben ihr Bestes", sagte Behördenmann Yokota.

Um 20 Uhr gebe es jeden Tag ein Treffen, auf dem die Männer sich gegenseitig von ihrer Arbeit berichten. Für das Ende des Treffens habe sich ein Ritual entwickelt: Da klatschen alle in die Hände und stimmen einen Sprechchor an: "Gambaro!" ("Machen wir weiter!")

Duschen funktionieren nicht
Geschlafen wird eng aneinandergepfercht in einer etwa 600 Quadratmeter großen Halle auf dem Reaktorgelände. Um sich vor radioaktiver Strahlung zu schützen, wickeln sich die Arbeiter in bleihaltige Decken, bevor sie sich zudecken. Blei schützt vor radioaktiver Strahlung. Waschen können sich die Männer nicht - alle Rohrleitungen wurden bei dem Erdbeben zerstört. Stattdessen sprühen sich die meisten Arbeiter täglich mit alkoholhaltigem Desinfektionsspray ein.

Die meisten Arbeiter würden eine Woche lang Schicht tun, bevor sie abgelöst werden. Handys könnten sie nicht benutzen, um Kontakt zu ihren Familien zu halten. Die Telefone hätten in der Atomruine keinen Empfang. 

Strahlen-Grenzwerte werden massiv überschritten
Noch völlig ungewiss ist, welche Folgen die permanente Strahlung für die Männer haben wird. 19 Arbeiter wurden bereits schwer verstrahlt. In den USA dürfen AKW-Arbeiter 50 Millisievert pro Jahr aufnehmen, in Japan wurde der Wert angesichts der Atom-Katastrophe auf 250 Millisievert erhöht. Nach seinem Aufenthalt in Fukushima war Behördenmann Yokota, der sich nicht permanent in den kritischen Bereichen aufhielt, schon einer Belastung von 883 Millisievert ausgesetzt.

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