Sensenschmiede

Zwölf Mal ins Feuer, 42 Handgriffe: Eine Sense

Kärnten
12.07.2021 09:56

An der Tiebel wurden bis 1958 Sensen erzeugt, die bis in die „Tartarei“ exportiert wurden. Franzosen entführten gar Gesellen, um eine Schmiede aufzubauen.

Eine große, hohe Halle, durch die Glasfront fällt Licht auf die Öfen, Hämmer und Maschinen sowie auf die zwar rostigen, aber noch erhaltenen Werkzeuge: Nun ist es ganz still, einst schallte ohrenbetäubender Lärm durch die Sensenschmiede in Himmelberg. „Hüte mit Krempe waren verpönt. Die Krempe schlug den Werklärm zurück. Das führte zu Gehörschäden. Die Schmiede wurden håmmerterisch“, steht auf einer Tafel zu lesen.

Die letzte Sensenschmiede Österreichs
Hoch oben zieht sich eine Transmission durch die Halle. Über sie wurden alle Hämmer und Schleifsteine angetrieben. „An der Tiebel gab es einst 103 Handwerker, die die Kraft des Wassers nutzten, denn die Tiebel friert nie zu; da konnte man ganzjährig arbeiten“, weiß Liebhart Glatz, der Interessierte durch die letzte Sensenschmiede Österreichs führt. Sie wurde bereits 1503 erwähnt. „Damals wurden Nägel und Pfannen hergestellt“, so Glatz, „Ab dem 17. Jahrhundert Sensen und ab 1800 führte die Familie Zeilinger den Betrieb.“ Im 1. Weltkrieg fertigten in Himmelberg 60 Arbeiter Eispickel, Steigeisen und Hufeisen für die k.u.k. Armee.

Aus einem kleinen sogenannten Bröckl wurden Sensenblätter geschmiedet. „Zwölfmal musste der Stahl ins Feuer, 42 Handgriffe waren notwendig. Jeder hatte seine Aufgaben. So wurden 200 Sensen pro Tag gefertigt“, erzählt Glatz.

Übermäßiges Spielen und Saufen
Die Arbeitstage waren lang: Um 3 Uhr in der Früh musste Feuer gemacht werden. 16 Stunden lang wurde gearbeitet. Die Zunftordnung sah auch Strafen für ein Fehlverhalten in der Freizeit vor: Zu Fronleichnam hatten Meister und Knechte samt Zunftfahne und Kerzen der Prozession beizuwohnen - wer nicht kam, musste ein Pfund Wachs in die Handwerkslade zahlen, für „übermäßiges Spielen und Saufen“ waren zwei Pfund zu zahlen.

Keine Skrupel hatten die Franzosen, um Spezialisten aus Himmelberg zu bekommen: 1806 machte ein Offizier genaue Aufzeichnungen in der Schmiede und wollte Arbeiter abwerben. Weil das nicht funktionierte, wurden drei Gesellen entführt. Kurz darauf wurden in Marseille (F) und im Piemont (I) Sensen erzeugt. Hans Weber, einer der Entführten, kehrte nach vielen Jahren in seine Heimat zurück.

Weltausstellung 1900 in Paris
Exportiert wurde von Himmelberg bis England, Irland, Spanien, Frankreich, Ungarn, Russland, Polen, Preußen, in die Schweiz, Türkei und „Tartarei“, also bis Asien. Selbst auf der Weltausstellung 1900 in Paris präsentierte Zeilinger seine Ware. Besitzer der Sensenwerke wurden übrigens „die Tuachenen“ genannt, weil sie feine Stoffe aus Italien und der Türkei trugen. Arbeiter, Bauern und Feldkirchner waren „Lodene“.

Führungen nach Anmeldung bei Liebhart Glatz: 0676/ 3304860.

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