Die Verwebung macht aus einer Pflanzenfaser ein reißfestes Tau. So haben sich mehr als 120 Imster verwoben, meist Laien, und schmückten die Innenstadt mit Textil-Kreationen. Um die Kunstwerke betrachten zu können, hilft der Blick gen Himmel, denn das Wollige für einen wohligen Sommer hängt oft in Blättern und Ästen - und das bis September.
Kunst kann ein Text sein, aber auch ein Textil. Gemacht von Künstlern, aber auch von kunstaffinen Laien. Angesteckt von einer Idee, eine Stadt wohliger und bunter zu machen. So geschah es in Imst, wo am Freitag der Auftakt von „Textile Kunst bewegt“ zelebriert wurde. Initiator Gottfried Mair steckte mehr als 120 kleine, große, junge und alte Imster sowie auch ganze Institutionen mit der Idee an, Bäume, Lichtmasten, Mauern oder Eingänge mit kleinen und großen Kreationen aus Stoff, Wolle oder Garn zu schmücken.
Für ihn hing am Freitag der Himmel voller Geigen, weil sich seine Idee, den Himmel textil zu schmücken, an insgesamt 43 Stationen eines 2500-Schritte-Rundganges in der Innenstadt auffädelte.
Emotionales Plädoyer gegen die Wegwerfgesellschaft
Am Freitag, dem Eröffnungstag, kamen die „Künstler“ zu Wort – Text zum Textil. Warum machen sie mit? Um Farbtupfer in die Stadt zu bringen oder den Menschen wieder das Handwerk näher zu bringen, die Jungen benutzten ihre Kreationen als Symbolik für ihre Anliegen, und die Nachdenklichen, um wachzurütteln.
So wie Annegret Schwegler von der Webschule der Landwirtschaftlichen Lehranstalt mit ihrem Plädoyer: „Das ist eine Protestaktion gegen die Wegwerfgesellschaft“, deutet sie auf ihre behangenen Bäume. Der eine ist mit Handwerkskreationen geschmückt, der andere – den sie als „Gespensterbaum“ bezeichnet – mit Massen-T-Shirts, die sie „Hüllen ohne Seelen“ nennt.
Gegen die Schnelllebigkeit
Volksschulkinder, Kulturschaffende, Handwerksprofis oder Jugendbetreuer – Textile Kunst bewegt und vereint eine äußerst heterogene Gruppe, die bewusst oder unbewusst gegen den Zeitgeist der Schnelllebigkeit protestiert, denn textiles Arbeiten und Geschwindigkeit passt umso weniger zusammen, je mehr Hände im Spiel sind. So hat jeder Teilnehmer seine Geschichte zu seinem Werk.
„Ziel ist es, eine Verbindung zwischen Tradition und Moderne, Kunst und Handwerk, Experiment und Praxis zu schaffen“, sagt Ideengeber Mair und dankt der Stadt Imst für die Unterstützung. Auch diese profitiert mit den wolligen Farbtupfern, die bis zum 31. September zu entdecken sind. Prospekte und Plakate erklären den Rundgang. Nicht die schlechteste Idee bei einem Imst-Besuch, sich mit textiler Kunst zu bewegen.
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