In voller Länge

Anschober: Das ungekürzte Tierschutz-Interview

Nachrichten
06.03.2021 16:20

Das große „Krone“-Interview mit Rudolf Anschober in voller Länger mit den ungekürzten Statements unserer Experten.

"Krone": Vor zwölf Monaten fand der Tiertransport Gipfel in der „Krone“ statt- trotz Versprechen vermissen wir bis dato wirksame Maßnahmen! Warum setzt das Ministierium keine Maßnahmen? Länder wie die Niederlande haben bereits Tiertransporte in Drittstaaten verboten- wann ist es bei uns soweit?
Rudolf Anschober: Tierschutz ist mir ein Herzensanliegen. Dafür kämpfe ich und dafür mache ich - neben den anderen derzeit sehr wichtigen Themen - Politik. Mit aller Kraft und mit allen meinen politischen Möglichkeiten. Um unsere Freunde, die Tiere, gut vor Schmerz und Verletzung zu schützen. Jahrzehntelang ist dabei Entscheidendes nicht geschehen. Das möchte ich Schritt für Schritt verbessern. Allerdings brauche auch ich Mehrheiten: in der EU und in der Bundesregierung. Anfang Juli habe ich den ersten Tierschutzgipfel initiiert. Mein Ziel war und ist es, Langstreckentransporte zu reduzieren und mögliche Alternativen zu finden. Daran arbeiten wir mit aller Kraft. Dabei spielen Kennzeichnung der Haltung und Herkunft, Förderung der Regionalität in öffentlichen Küchen sowie Transparenz und Zugänglichkeit von Statistiken eine entscheidende Rolle. Aber Dinge, die seit Jahrzehnten brachliegen, lassen sich - noch dazu neben einer Pandemie - leider nicht einfach umsetzen. Aber gemeinsam mit den vielen am Tierwohl interessierten Menschen werden wir Schritt für Schritt Verbesserungen durchsetzen. Das garantiere ich. Die Veranstaltung bei der „Krone“ war der Beginn eines gemeinsamen Arbeitsprozesses. Die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten steht dabei für mich im Mittelpunkt, denn nur so kann ich Entscheidendes durchsetzen. Klar ist, dass wir bei den Tiertransporten sowohl nationale als auch internationaler Fortschritte machen müssen. Ein weiterer Gipfel zum Schwerpunkt Schweinehaltung ist bereits in Planung.

„Krone“: Warum agiert Österreich hier nicht mutiger?
Anschober: Ich kämpfe mit aller Kraft für Tierwohl. Die Frage der Tiertransporte in Europa ist nur auf europäischer und internationaler Ebene zu verbessern. Ein Alleingang Österreich würde nur zu einem Verladetourismus in anderen Mitgliedsstaaten führen, in denen die hohen Tierschutzstandards nicht gewährleistet werden können. Es ist daher notwendig, dass wir Tierschützer uns europaweit durchsetzen. Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch müssen verbessert, die Standards gehoben werden. Da ist nach jahrzehntelangen Fehlentwicklungen enorm viel zu tun. Unter der neuen portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft wird der Tiertransport und speziell der Transport auf dem Seeweg ein Schwerpunkt-Thema sein. Aber es darf nicht beim Reden bleiben. Daher werden wir uns sehr stark einbringen, um europaweite Fortschritte zu erreichen. Vor allem Drittstaatenexporte sind mir dabei ein wichtiges Thema. Die sind das Hauptproblem. Für Österreich habe ich eine Reduktion der Transporte durch eine Novelle des Tiertransportgesetzes geplant. Transporte von Kälbern, Lämmern, Zickeln und Fohlen, die noch nicht abgesetzt sind und mit Milch ernährt werden, sowie noch nicht abgesetzte Ferkeln und Transporte zur unmittelbaren Schlachtung oder Mast von einem Versandort in Österreich direkt an einen Bestimmungsort in einem Drittstaat sollen künftig verboten werden.

„Krone“: Es wurde eine Aktion „scharf“ für die Tiertransporte nach Russland angekündigt – wann folgen Taten?
Anschober: Wir haben längst gehandelt: Per Erlass wurde sichergestellt, dass bei Zweifeln der Einhaltung der Tierschutzvorgaben die Transporte gestoppt werden. Routen, bei denen Zweifel bestehen, ob die gemachten Angaben etwa zu Versorgungsstellen von den Transporteuren einzuhalten sind, sind nicht abzufertigen. Ohne klare Belege der Transportunternehmen, dass alle Auflagen eingehalten werden, darf seither kein Tiertransport von Österreich aus in einen Drittstaat starten.

"Krone": Mit welchen Konsequenzen haben Amtstierärzte oder Transportunternehmen zu rechnen, wenn sie Transporte nicht gesetzeskonform abfertigen?
Anschober: Rechtsverletzungen durch Amtstierärzte sind konsequent durch die zuständige Behörde (die Bezirksverwaltungsbehörde) zu ahnden. Gesetzesverstöße sind kein Kavaliersdelikt, sondern ein Rechtsbruch.

„Krone“: Die Grünen verstehen sich immer als Umwelt und Tierschutzpartei- bis dato wurden aber keine Verbesserungen erzielt! Warum agiert die Partei, obwohl jetzt in der Regierung, so zögerlich? Und wann kommt endlich ein Verbot für die Tötung von Küken?
Anschober: Was jahrzehntelang im Argen gelegen ist, kann man nicht über Nacht verändern. Aber, wie im Regierungsprogramm festgehalten, ist ein Verbot des Schredderns von Küken vorgesehen. Dies werden wir im Tierschutzgesetz verankern, eine diesbezügliche Novelle wurde von unserm Haus bereits erarbeitet und liegt beim Koalitionspartner. Für weitergehende Lösungen sind wir in intensivem Austausch mit der Geflügelbranche.

„Krone“: Es gibt noch immer Ausnahmebestimmungen für die Haltung von Rindern in der permanenten Anbindehaltung. Warum unternehmen sie nichts gegen diese Tierquälerei?
Anschober: Nein, in Normalsituationen ist die permanente Anbindehaltung beendet. Die gesetzliche Ausnahmeregel ist sehr eng gefasst. Die Ausnahme kann lediglich für die Haltung von Rindern in „alten“ bestehenden Anlagen sowie in Anlagen mit Bewegungsmöglichkeit durch Eintritt von Naturereignissen, Unfällen, temporäre Baumaßnahmen in Anspruch genommen werden.

„Krone“: Besonders wichtig: Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel! Konsumenten/innen liegt Tierwohl am Herzen und wollen wissen woher die Lebensmittel stammen- wie und wo das Tier gehalten wurde und wo es geschlachtet wurde. Eine Kennzeichnung in der Lebensmittelindustrie aber auch in der Gastronomie ist erforderlich. Die von ihnen geplanten Einträge zu diesem Thema in die EU werden auch vom Koalitionspartner ÖVP als zu vage kritisiert. Warum sind Sie dabei so zaghaft?
Anschober: Die Kennzeichnung ist ein wichtiger Schritt. Ich würde dabei am liebsten möglichst weit gehen und vollständige Transparenz einführen - in allen Bereichen, in der Gastronomie und den öffentlichen Küchen. Darüber wird derzeit in der Regierung verhandelt - und ich brauche Mehrheiten. Gleichzeitig gibt es EU-Recht - und es wäre alles andere als intelligent, die Verordnung so zu formulieren, dass sie sofort von der EU gestoppt wird.

"Krone": Wann kommt eine Kennzeichnungspflicht in der Gastronomie? Die Umsetzung ist bei Weitem nicht so aufwendig wie bei den Allergenen – und man kann diese Auflage zum Beispiel für 2022 erlassen, um den Wirten die dafür nötige Zeit zu geben.
Anschober: Der renommierte Europarechtler Prof. Obwexer kommt zu dem Schluss, dass mitgliedsstaatliche Maßnahmen zur Einführung einer verpflichtenden Angabe von Ursprungsort oder Herkunftsort bei Lebensmitteln, die nicht bereits nach Unionsrecht einer verpflichtenden Angabe von Ursprungsland oder Herkunft unterliegen, nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und in einem sehr eingeschränkten Umfang zulässig sind. Unser Haus hat in einem ersten Schritt eine Verordnung vorgelegt, die – kurzgefasst – einen Lückenschluss der Herkunftskennzeichnung für unverpacktes Fleisch, Eier und Milch im Rahmen der Lieferkette vorsieht. Diese wird vom Koalitionspartner seit mehreren Wochen nicht freigegeben. Weiters haben wir einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der den Empfehlungen von Professor Obwexer folgt und in einem ersten Schritt die verpflichtende Angabe zur Herkunft von Rindfleisch und Eiern in Speisen, die in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung (inklusive Gastronomie) abgegeben werden, vorbereitet und dem Regierungspartner übermittelt. Wir warten noch auf eine Zustimmung des Koalitionspartners für diesen Entwurf, der ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz ist. Während uns die Landwirtschaftskammer Oberösterreich mit einer Resolution auffordert, eine Herkunftskennzeichnung verpflichtend auch für die Gastronomie einzuführen, lehnt das Landwirtschaftsministerium genau diese ab. Der Forderung nach einer Kennzeichnung der primären Zutaten Rindfleisch und Ei in verarbeiteten, verpackten Lebensmitteln, setzt die EU sehr enge Grenzen. Hier müssten wir einen direkten Zusammenhang der Qualität mit der Herkunft nachweisen. Auch in diesem Fall ist sich der Koalitionspartner noch nicht einig. Während das BMLRT diese Kennzeichnung einfordert, lehnt das BMWD (und der Lebensmittelfachverband) diese Kennzeichnung derzeit ab. Wir stehen hier also nicht nur vor EU-rechtlichen Problemen, sondern haben sehr divergierende Anforderungen an unser Haus durch den Koalitionspartner.

„Krone“: Wann kommt ein Verbot der Kükentötung?
Anschober: Wie im Regierungsprogramm festgehalten, ist ein Verbot des Schredderns von Küken vorgesehen.

„Krone“: Ist Tierschutz für die Grünen kein wichtiges Thema? Auch Tierschutzorganisationen wie "Vier Pfoten" kritisieren BM Anschober für die Untätigkeit in Sachen Tierschutz und bezeichnen dies als wenig ambitioniert - was sagen Sie dazu?
Anschober: Jeder der mich ein bisschen kennt, weiß, dass ich für Tierschutz kämpfe. Das wird mir von vielen Organisationen auch bestätigt. Für die großen Würfe, die ich für den Tierschutz plane, brauche ich breite Unterstützung. Denn ich brauche auch in der Regierung Mehrheiten. Um Fortschritte über das im Regierungsübereinkommen hinausgehende zu erzielen, haben wir die unterschiedlichen Interessengruppen im Rahmen der Tierschutzgipfel an einen Tisch geholt. Dieser Prozess ist sicherlich zeitaufwändiger, die Lösungen, die er erbringt, allerdings wohl auch tragfähiger.

„Krone“: Warum stimmen „Die Grünen“ seit Monaten gegen so viele parlamentarischen Anträge zum Thema Tierschutz? Ist dies ein Abkommen mit dem Koalitionspartner? Zum Beispiel Öffnung der Hundeschulen (Februar 2021) oder Einführung von Mindeststrafen bei Vergehen gegen die Transportvorschriften (Februar 2020).
Anschober: Entschließungsanträge im Parlament sind meist Appelle an die Regierung. Diese bringen uns nicht entscheidend weiter, für Verbesserungen braucht es Mehrheiten in der Bundesregierung selbst. Die Grundlage der Regierungszusammenarbeit ist das Regierungsübereinkommen. Dieses arbeite ich Punkt um Punkt ab. Entschließungsanträge des Parlamentes haben in aller Regel appellativen Charakter. Sie fordern die Bundesregierung auf, etwas Bestimmtes zu tun oder zu lassen. Viele Inhalte der Anträge habe ich bereits aufgenommen. Beispielsweise ist in unserem Entwurf für die Novellierung des Tiertransportgesetzes eine Verschärfung der Strafen enthalten. Unsere Novelle des Tierschutzgesetzes setzt Beschlüsse der LandestierschutzreferentInnenkonferenz um. Sie wird eine rechtliche Grundlage für eine Zusammenführung der Heimtierdatenbank mit Datenbanken der Länder und Gemeinden schaffen. Ebenfalls werden wir den Beschluss des Tierschutzrates umsetzen, dass ein Tierhalteverbot auch die Betreuung von Tieren umfassen sollte. Personen mit aufrechtem Tierhalteverbot betreuen oftmals noch einen ganzen Tierbestand, das wird unsere Novelle verbieten. Sowohl Tierschutzrat als auch Vollzugsbeirat haben festgehalten, dass das Scheren der Vibrissen beim Hund einen verbotenen Eingriff darstellt. Eine gesetzliche Verankerung ist in unserer Novelle enthalten. Zudem soll die Parteistellung der Tierschutzombudspersonen auch auf Verfahren nach dem Tiertransportgesetz 2007 erweitert werden. Die Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden ist nicht das, was ich mir als Zukunft der Landwirtschaft vorstelle. Sie wird seitens des Volksanwalts und diverser NGOs zurecht kritisiert. Mit der von unserem Haus erarbeiteten Novelle soll ein Verbot für vollständig perforierten Böden umgesetzt werden. Dies natürlich mit Übergangsfristen, die die Situation der Bäuerinnen und Bauern nicht außer Acht lassen.

„Krone“: Auch außerhalb der sogenannten Nutztier-Thematik gibt es viele Baustellen: Warum wird gegen den Welpenimport nicht strenger vorgegangen? Wie ist Ihr Plan, um diesen Handel einzudämmen?
Anschober: Das Verbringen von Welpen ist im Innergemeinschaftlichen Handel geregelt. Probleme ergeben sich aus dem illegalen Welpenimport. Im Tierschutzrat wird regelmäßig eine Nachschärfung des Tierschutzgesetzes gefordert. Ein Schwachpunkt bei der Vollziehung der derzeitigen Regelung ist, dass das Anbieten zur Abgabe bzw. zum Kauf von Tieren über das Internet nur dann verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert werden kann, wenn die Tathandlung (das ist die sogenannte „Initialhandlung“) im Inland gesetzt wurde. Ein Großteil der unseriösen und tierschutzrelevanten Inserate erfolgt jedoch vom Ausland aus. Um auch diese Inserate bei Verstößen in Österreich verwaltungsstrafrechtlich sanktionieren zu können, haben wir auch hier eine Änderung in der Novelle des Tierschutzgesetzes vorgesehen.

„Krone“: Thema Qualzucht - wann passiert hier endlich was? Die notwendigen Verordnungen und Definitionen fehlen seit Jahren.
Anschober: Das Thema Qualzucht wurde rechtlich ausreichend abgehandelt. Tiere mit Qualzuchtmerkmalen dürfen weder importiert, erworben, vermittelt, weitergegeben oder ausgestellt werden. Um dem Verbot bestimmter Rassen entgegen zu wirken, werden züchterische Maßnahmen oder Maßnahmenprogramme zur Reduktion der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Nachkommen zwingend vorgeschrieben. Näheres wurde in der „Verordnung betreffend Ausnahmen von der Meldepflicht für die Haltung von Tieren zum Zwecke der Zucht und des Verkaufs“ geregelt (z.B. diagnostische Maßnahmen, Dokumentation der Verpaarungen und Geburten bzw. Würfe). Bei der Umsetzung entsprechender Zuchtziele ist eventuell noch nachzuschärfen.

"Krone": Haltung von exotischen Tieren – es braucht einen Sachkundenachweis – wann ist damit zu rechnen?
Anschober: Im Tierschutzgesetz sind die Anforderungen an den Halter und die Grundsätze der Tierhaltung festgelegt. Unabhängig davon wurde im Tierschutzrat das Thema „Sachkundenachweis bei Exotenhaltung“ schon vor Jahren behandelt. Angedacht war damals, Wildtiere in drei Gruppen einzuteilen und entsprechende Positivlisten zu erstellen, wobei die Listen von Belgien und Norwegen als Basis dienen sollten. Aufgrund fachlicher Differenzen der Experten im Tierschutzrat liegt mir leider noch keine Empfehlung vor, so dass es hier noch zu keiner rechtlichen Umsetzung gekommen ist. Das ist sicherlich eine Baustelle. Hier braucht es rasch Handlungen.

Kritik auch von Experten
Wir haben die Antworten von Minister Rudolf Anschober vier Fachleuten vorgelegt und diese um ihre Meinung gebeten. Allgemeiner Tenor: Bis dato fehlen wirksame Maßnahmen.

Eva Persy, Tierschutzombudsfrau Wien: „Symbolpolitik in Form von Gipfeln und Pakten ist beim Thema Tierschutz ein No-Go! Während andere Länder an großen Würfen, wie etwa dem Verbot des Kükentötens arbeiten, wird in Österreich Schönfärberei betrieben. Auf die Frage nach einem Verbot des Kükentötens mit dem Verbot des Schredderns zu antworten, ist eine Farce. Die Schredder-Methode wird in Österreich grundsätzlich nicht mehr eingesetzt. Die Antwort suggeriert, dass mit dem Schredder-Verbot schon eine Teil-Lösung erreicht wäre – bitte nicht vom eigentlichen Problem ablenken! Thema Qualzucht: Genau das Gegenteil ist der Fall – deshalb hat sich die Situation keineswegs verbessert: Die rechtlichen Regelungen sind weiterhin mehr als auslegungsbedürftig. Ein allgemeines Verbot der Qualzucht ist gleichbedeutend dem Verbot des Zu-schnell-fahrens mit dem Auto – ohne konkrete Grenzwerte (z.B. Geschwindigkeitslimit von 50 km/h im Ortsgebiet) ist der Vollzug dem Vorwurf der Willkür ausgesetzt und bleibt oft untätig. Die vom Minister genannten Maßnahmen (Diagnostik, Dokumentation…) würden in der gewählten Analogie einer Auflistung der Geschwindigkeitsmessmethoden (Radar, Laser,..) entsprechen – das ändert jedoch nichts am Kern des Problems, nämlich der Frage, ab wann man denn zu schnell unterwegs ist bzw. ab wann ein Merkmal als Qualzucht einzustufen ist! Es fehlen weiterhin die konkreten Grenzwerte. Als positives Beispiel aus dem Ausland sei das Ampelmodell zur Einstufung der Kurzschnäuzigkeit bei Hunden genannt. Zu behaupten, dass das Thema Qualzucht ausreichend abgehandelt wurde, ist daher schlichtweg falsch. Dass hier weiterhin Handlungsbedarf besteht, war den Regierungspartnern bei der Erstellung des Regierungsübereinkommen übrigens klar: Hier findet sich der Punkt „Kompetenzen des amtlichen Tierschutzes im Heimtier-Bereich stärken (z.B. Kontrolle des Verbots von Qualzucht etc.)“. Also bitte, Herr Minister, gehen Sie es an! Und zu den Exoten: Sachkundenachweise sind auch unabhängig von Positivlisten möglich und sinnvoll. Ein bereits in der Praxis getesteter und von renommierten Organisationen (ua TÄK, vetAK, Haus des Meeres, HTVÖ, ÖGH, TOW, ÖVVÖ, ÖDAST) ausgearbeiteter/unterstützter Sachkundenachweis für Reptilien liegt fixfertig vor. Rasches Handeln würde bedeuten, diesen Nachweis verpflichtend vorzuschreiben. Wo sind die konkreten Verbesserungen für die Millionen Tiere in Österreich? Wo Tierschutz drauf steht, muss auch Tierschutz drin sein."

Hannes Royer von „Land schafft Leben“: „Der Europarecht-Experte Prof.Obwexer gibt, wie im Regierungsprogramm verankert bei Fleisch, Milch sowie Milchprodukten und Eiern grünes Licht zur Herkunftskennzeichnung. Bereits acht EU-Länder, darunter Frankreich, Italien, Litauen oder Rumänien, haben eine Herkunftskennzeichnung umgesetzt. Der Vorschlag des Ministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz bei Rindfleisch und Ei in der Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie wäre viel zu kurz gegriffen – da die Herkunftskennzeichnung bereits bei den verarbeiteten Produkten beginnen muss. Denn sowohl in Küchen der Gemeinschaftsverpflegung wie auch in der Gastronomie finden sich viele bereits verarbeitete Produkte wie vorpanierte Schnitzel, Kaiserschmarren, Spätzle, etc. Die bereits im Regierungsprogramm beschlossene Herkunftskennzeichnung umfasst auch die Produkte im Supermarktregal wie Fertigpizzen, Wurstwaren oder Nudel. Denn wer weiß, wo der Schinken auf der TK-Pizza denn wirklich herkommt? Auch zum Thema der Haltungsformkennzeichnung hat Prof. Obwexer eine ganz klare Aussage geliefert: derzeit gibt es EU-weit keine Möglichkeit der Mitgliedsstaaten (mit Ausnahme des Lebensmittels Ei), die Haltungsformen gesetzlich verpflichtend kennzuzeichnen. Auf freiwilliger Basis und aus Transparenzgründen für Konsumentinnen und Konsumentinnen ist es aber jederzeit möglich sowie empfehlenswert auch die Haltungsform auszuweisen. Es gibt keinen Grund mehr, an einer Verzögerungstaktik festzuhalten."

Eva Rosenberg, Direktorin „Vier Pfoten“: "Wir wünschen uns mehr Mut! Alle EU-Mitgiedstaaten müssen sich an geltendes Recht halten und aufhören Langstreckentransporte in Drittländer zu genehmigen. Wir hoffen, die Novelle kommt aber wirklich schnell; wäre auch wichtig, wenn ein generelles Verbot für Langstreckentransporte in Drittstaaten kommt, auch für Zuchttiere. Denn niemand kümmert sich darum, was mit Tieren in Drittstaaten dann tatsächlich passiert, somit werden auch vermeintliche Zuchttiere in Drittstaaten bald geschlachtet (trächtige Kalbinnen werden nach Geburt des Kalbes abgemolken und geschlachtet, Schicksal der Kälber ungewiss); leider gehen die Tiere aber auch oft über einen Umweg eines anderen EU-Landes schnell in Drittstaaten. Es ist nicht richtig, sich auf den Standpunkt zu stellen, dass man selbst als Mitgliedstaat nichts tun kann, weil das auf EU-Ebene geklärt werden müsse. Wenn jedes Mitgliedsland so agieren würde, würde man auf EU-Ebene auch nicht weiterkommen. Diejenigen Länder, die sich an geltendes Recht halten, wie die Niederlande, haben das Nachsehen: sie werden benachteiligt und die anderen Mitgliedstaaten werden bevorteilt, indem ihr Handeln ungeahndet bleibt und sie von den Transporten weiter profitieren. Außerdem schaden sie den Niederlanden dadurch, dass sie es den Betreibern (Transportunternehmern) ermöglichen, die Tiere über andere Mitgliedstaaten in Drittländer zu verfrachten. Damit wird die Umsetzung geltenden Rechts durch die Niederlande durch andere Mitgliedstaaten ausgehebelt und man schadet den Niederlanden damit - und natürlich vor allem den Tieren, die dann mitunter noch länger unterwegs sind. Uns würde auch interessieren, wie viele Transporte nicht abgefertigt oder gestoppt wurden/werden? Es gibt nach wie vor keine nach EU-Standard zertifizierten Versorgungsstationen – nicht in Russland und schon gar nicht in Kasachstan und Usbekistan und den andere Drittländern. Deshalb ist jeder Tiertransport dorthin als nicht genehmigungsfähig abzulehnen. Auch im Jahr 2020 hat Österreich Tiere in Länder wie Armenien, Aserbaidschan, Bahrain, Algerien, Eritrea, Georgien, Iran, Kirgistan, Kasachstan, Marokko, Mazedonien, Peru, Serbien, Russland, Türkei und Usbekistan exportiert. Derzeit gehen – nach wie vor Transporte von AT aus in Drittländer wie Usbekistan und Aserbaidschan. Männliche Küken werden in AT hauptsächlich durch Gas getötet, wir hoffen mit Anschobers Aussage ist generell ein Tötungsverbot gemeint und kein reines Schredderverbot, denn das wäre reine Augenauswischerei. Die aktuelle Forschung und die diskutierten Methoden zur Früherkennung des Geschlechts im Ei stellt aus Tierschutzsicht ebenfalls keine nachhaltige Lösung des Problems dar. Es handelt sich dabei nämlich rein um die “Vorverlegung” des Tötens der Küken. Daher benötigen wir eine intensive Erforschung möglicher Alternativen wie die Umstellung auf Zweinutzungsrassen und die Mast der männlichen Tiere. Grundsätzlich ist die dauernde Anbindehaltung von Rindern laut geltendem Tierschutzgesetz verboten. Die Verordnung besagt, dass Rindern über einem halben Jahr an mindestens 90 Tagen Weide, Auslauf oder Alpung zu gewähren ist.  An 90 Tagen pro Jahr ist zu wenig! Die Kühe/Rinder stehen die restlichen 275 Tage im Stall. Es gibt viele Ausnahmeregelungen, die von den Landwirten bei den Kammern beantragt werden können – siehe Auflistung, welche es ermöglichen, die Tiere gar nicht auszutreiben.

  • Das Nicht-Vorhandensein von geeigneten Weide- oder Auslaufflächen
  • Bauliche oder sonstige technische Gegebenheiten am Betrieb oder im bestehenden Ortsverband
  • Das Vorliegen öffentlich rechtlicher oder privatrechtlicher Beschränkungen oder Verträge
  • Sicherheitsaspekte für Menschen und Tiere, insbesondere beim Ein- und Austreiben der Tiere 

Wissen Sie, wie viele LandwirtInnen im letzten Jahr solche Ausnahmen beantragt haben? In Österreich gibt es viele „alte“ Anlagen, so wie er dies angibt, vor allem auch in den Bergregionen und bei älteren Landwirten, die keine Nachfolger haben, was leider auch sehr häufig ist. Die werden nicht mehr in tierfreundliche Anlagen investieren und bis zur Pension die Tiere in Anbindehaltung halten. Wir wünschen uns hier mehr Mut. Alle Mitgliedstaaten müssen sich an geltendes Recht halten und endlich aufhören, Langstreckentransporte in Drittländer zu genehmigen. Denn diese sind nicht nur für die Tiere eine Qual, sie verstoßen auch gegen die EU-Transportverordnung da die Vorschriften bis zum Ende der Reise nicht eingehalten werden können. Auf Schiffstransporten ist nie klar, wer für die Tiere verantwortlich ist, es ist nicht klar, wo die Tiere anlanden, wie es danach für die Tiere weitergeht, wo sie am Schluss landen. Auf welche Fahrzeuge sie geladen werden. Der Umgang mit den Tieren in den Drittländern wird regelmäßig von NGOs und Journalisten dokumentiert – nicht von offiziellen Behörden wohlgemerkt. Das, was von den NGOs und Journalisten dokumentiert wird, ist mehr als schrecklich. Es ist vollkommen inakzeptabel und widerspricht jeglichem EU-Standard. Die Tiere werden noch auf EU-Seite auf schrottreife Schiffe verladen, die früher Autos transportiert haben und überwiegend see-untauglich sind. Am Ablandehafen werden sie auf nicht EU-konforme Fahrzeuge verfrachtet, mit teils so steilen Rampen, dass die Tiere dort hinausgeprügelt werden. Letztlich werden die Tiere in den Zielländern auf grausame Weise getötet. Den Tieren werden die Augen ausgestochen, die Beine zusammengebunden, die Beinsehnen durchtrennt und ohne Betäubung mit meist stumpfen Messern die Kehle mit säbelnden Schnitten durchtrennt. Die Praktiken widersprechen den weltweit geltenden Standards der Weltgesundheitsorganisation OIE und erst recht den EU-Standards. Wir fordern den Minister auf, überfällige Tierschutzverbesserungen umzusetzen. Wir brauchen eine einheitliche und transparente Kennzeichnung vom LEH bis zur Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung. Aus Sicht des Tierschutzes bedarf es aber nicht nur einer Kennzeichnung nach Herkunft sondern auch nach Haltung/Tierwohl. wir haben ja auch in Österreich nach wie vor grobe Missstände in der Nutztierhaltung wie z.B. bei den Schweinen, daher ist auch eine Haltungs/Tierwohl Kennzeichnung essentiell für transparente Kaufentscheidungen. Schade, dass bei der Lebensmittelkennzeihnung so blockiert wird, das würde auch der AT Landwirtschaft helfen um endlich Billigfleisch aus dem Ausland transparent sichtbar zu machen, wir hoffen aber dass der Minister dranbleibt. Eine reine Herkunftskennzeichnung greift aber zu kurz, es braucht unbedingt auch eine Haltungskennzeichnung. Sehr wichtig wäre ein zentrales österreichweites Melderegister für Tierhalter / Züchter in dem erkenntlich ist, wenn eine Person in ein Halteverbot in irgendwo in Österreich hat. Vergehen gegen dieses Verbot müssen höher bestraft werden und stärker kontrolliert werden. Gute Nachricht zum Thema Vollspaltböden, wann kommt die Novelle und wie lange ist die Übergangsfrist? Bitte keine 20 Jahre wie bei den Kastenständen, das ist zu lange. Es braucht aber auch zusätzlich zum VSB-Verbot unbedingt eine verpflichtende Einstreu (verformbar, organisch, trocken) wann kommt das und was ist mit einem längst überfälligen Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration und einem Plan gegen das routinemäßige Schwanzkupieren etc.? Thema Welpentransport: Was ist aber mit der Tollwutausnahme, die endlich gestrichen werden sollte, weil sie dem illegalen Welpenhandel nach Österreich Vorschub leistet? In anderen EU-Ländern gibt es diese Ausnahme nicht. In Österreich besteht bei der Einfuhr von Tieren nach Österreich eine Sonderregelung welche besagt, dass Welpen unter zwölf Wochen bzw mit noch nicht gültiger Tollwutimpfung nach Österreich eingeführt werden dürfen, wenn der Eigentümer eine Erklärung unterschreibt“: Ich erkläre hiermit, dass die nachstehend genannten Heimtiere ab ihrer Geburt bis zum Zeitpunkt der Verbringung zu anderen als Handelszwecken keinen Kontakt mit wildlebenden Tieren für Tollwut empfänglicher Arten hatten“. Diese Sonderregelung öffnet dem illegalen Welpenhandel von Welpen Tür und Tor und sollte gestrichen werden. Was die Sanktionierung von Verstßen betrifft sowie die Möglichkeit, Maßnahmen auch im Vorfeld zu ergreifen, sollten den Amtstierärzten mehr Möglichkeiten gegeben werden. Weiters operieren Welpenhändler aus dem Aus und- Inland sehr professionell und auf hohem Niveau, hier gilt es etwaige Schlupflöcher zu schließen. Und theoretisch ist es verboten, Tiere mit Qualzuchtmerkmalen zu importieren, erwerben, vermitteln, weiterzugeben oder auszustellen. Praktisch werden immer noch hunderte Tiere jahrlich verkauft. So hat sich in Wien die Anzahl der gemeldeten Französischen Bulldoggen von 2012 bis 2020 fast verdreifacht. Das Problem geht unter anderem auch Hand in Hand mit dem illegalen Import von Hunden aus dem Ausland, aber auch vermeintlich seriöse österreichische Händler bieten Hunde mit Qualzuchtmerkmalen nach wie vor an. Eine Verschärfung der Zuchtziele ist dringend notwendig. Ebenso muss auch hier öfter kontrolliert und sanktioniert werden. "

Dietmar Keck, Tierschutzsprecher SPÖ: „Anschober und die Grünen schaffen es nicht, sich gegen die ÖVP durchzusetzen. Im Gegenteil setzen die Grünen ihre Macht lieber dazu ein, eine Fülle von SPÖ-Tierschutzanträgen abzulehnen, als den Koalitionspartner zu bewegen. Das zeugt nicht von politischer Größe, sondern Hilflosigkeit. Anschober moniert fehlende Mehrheiten für den Tierschutz, sie existieren abseits von der ÖVP, er müsste nur etwas Mut zeigen. Es braucht nicht nur Herkunftskennzeichnungen, diese müssen auch an tiergerechte Tierhaltung gekoppelt sein - es braucht ein Tierschutzgütesiegel. Dabei hat Österreich viel Aufholbedarf, dem der Minister nicht nachkommt. Kükentötung, Lebendtiertransporte über mehrere EU-Staaten hinweg, die Haltung auf Vollspaltenböden - es gibt viele Baustellen, die uns als SPÖ und auch der Bevölkerung Herzensanliegen sind. Dem Minister fehlt es allerdings an politischer Durchsetzungskraft. .“

Maggie Entenfellner & Christa Blümel, Kronen Zeitung

 Tierecke
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