Post-Mortem-Fotografie

Der Tod stellt bei diesen Bildern kein Tabu dar

Nachrichten
10.02.2021 17:00

Die letzte Aufnahme eines verstorbenen Angehörigen, war und ist für die Hinterbliebenen eine Hilfe bei der Bewältigung ihrer Trauer. Die „Tiroler Krone“ wirft einen kulturhistorischen Blick auf die Kunst der Post-Mortem-Fotografie, die ihren Anfang mit dem Aufkommen der Daguerreotypie im 19. Jahrhundert fand.

In der späten viktorianischen Ära entstand ein Aufschwung an Fotos, die nach dem Tod, post mortem, gemacht wurden. Der Grund dafür lag in der aufkommenden Fotografie, welche es den Menschen ermöglichte, ein Bild von sich und ihren Familienangehörigen zu bekommen, ohne einen teuren Maler dafür zu beauftragen. Fotografien von Verstorbenen dokumentieren sowohl einen individuellen als auch einen gesellschaftlich wirksamen Umgang mit dem Tod und Sterben, der vom 19. Jahrhundert bis heute deutlichen Veränderungen unterworfen war und ist.

Der deutsche Biologe und bis vor zwei Jahren als professioneller Postmortem-Fotograf tätige Martin Kreuels fasst dieses sensible Thema im Telefongespräch mit der „Tiroler Krone“ in folgende Worte: „In der Postmortem-Fotografie geht es an erster Stelle nicht um die verstorbene Person, sondern um deren Angehörige, die mit dem Erlebten weiter leben müssen.“ Bilder sind auch eng mit der individuellen Erinnerungskultur verknüpft, wie die Innsbrucker Bestattungsunternehmerin und Philosophin Christine Pernlochner aus ihrer täglichen Erfahrung bestätigen kann: „Jeder von uns hat sein Smartphone mit einer Kamera als ständigen Begleiter bei sich. Fast jede Familie macht in unserem Unternehmen vor der Verabschiedung am offenen Sarg Fotos vom verstorbenen Angehörigen.“

Das Foto-Projekt „Dein Sternenkind“ wurde 2013 durch Kai Gebel ins Leben gerufen und bietet Erinnerungsfotos als Geschenk für Eltern, die entweder ein bereits totes Baby auf die Welt bringen müssen oder denen der Tod des Neugeborenen unausweichlich bevorsteht. Die in der Schwoich tätige Berufsfotografin Renate Möllinger ist eine von rund 70 Ehrenamtlichen, die Eltern von „Sternenkindern“ gratis Bilder ihres verstorbenen Kindes zur bleibenden Erinnerung anbieten. An die 15-mal im Jahr wird sie zu so einem tragischen Termin in ein Krankenhaus im Umkreis von 100 Kilometer gerufen. Es sind Einsätze, welche sie mit Freude und viel Elan erledigt.

Hubert Berger, Kronen Zeitung

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