26.01.2021 06:30 |

Überlebenskampf

Den Helfern wird nicht geholfen

Die unabhängige Flüchtlingshilfe in Vorarlberg steht vor dem Aus. Der Verein „Vindex“ kämpft ums Überleben, das Land hat jegliche Unterstützung bislang verweigert.

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Gerade zur Hochzeit der sogenannten "Flüchtlingskrise" stand der Verein "Vindex - Schutz und Asyl" oft im Mittelpunkt der medialen Berichterstattung. Nicht nur einmal wurde Kritik an den Asylverfahren, die unter Türkis-Blau massiv verschärft worden waren, geäußert. Damit stieß der Verein in Vorarlberg auf offene Ohren: Insbesondere die Abschiebungsversuche von Asylwerbern, die eine Lehre machten, und von Familien mit Kleinkindern stießen in der Bevölkerung auf breite Ablehnung.

Jetzt ist es der Verein selbst, der an einer noch von ÖVP und FPÖ eingeführten Maßnahme zu knabbern hat: Heuer trat ein Gesetz in Kraft, wonach die Flüchtlingsbetreuung verstaatlicht wird. Die österreichische Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) übernahm mit Jahresbeginn die Betreuung von Asylwerbern sowie deren Rechtsberatung. Namhafte Juristen, darunter beispielsweise Manfred Nowak, Heinz Mayer und Clemens Jabloner, hatten sich für eine Beibehaltung der Rechtsberatung durch unabhängige Organisationen eingesetzt, die Rufe prallten jedoch an der türkis-blauen Mauer ab.

Gefahr, dass vieles verdunkelt wird
„Wir haben die Befürchtung, dass durch die BBU nun Vieles unter Ausschluss der Öffentlichkeit passieren wird“, sagt Eva Fahlbusch, die Gründerin von „Vindex“. Es bestehe die Gefahr, dass Asylentscheidungen im Eiltempo durchgepeitscht werden, ohne die Antragssteller wirklich anzuhören bzw. die Fluchtgründe genau zu durchleuchten. Aber immerhin würden in der BBU auch Vertreter der Diakonie und der Caritas sitzen. „Wie das nun läuft, müssen wir abwarten“, so die gebürtige Deutsche.

Für die Flüchtlinge selbst wäre der Verlust von unabhängigen Anlaufstellen eine Katastrophe. Das zeigen auch die Zahlen: Seit der Gründung im Jahr 2013 wurden über 2000 Menschen in der „Vindex“-Beratungsstelle in Bregenz betreut. Die Bemühungen folgen dabei immer dem Ziel, den Boden für eine gelingende Integration zu bestellen.

Kurz vor dem finanziellen Kollaps
Doch obwohl das eigentlich im Interesse der gesamten Gesellschaft wäre, kämpfen diese Organisationen ums Überleben. Nachdem die Stiftung „Weitblick“ nach sieben Jahren entschieden hat, sich anderen Themen zu widmen, steht auch „Vindex“ vor dem Aus. Da 97.000 Euro in der Kasse fehlten, um weitermachen zu können, startete der Verein Ende des vergangenen Jahres einen Spendenaufruf. „Mit zum Teil großzügigen Spenden und einer Kalenderaktion, die etwa vom Unternehmer Johannes Collini und dem Leiter des Theater Kosmos, Hubert Dragaschnig, unterstützt wurde, konnten wir einen Großteil der erforderlichen Mittel hereinholen. Wir sind aber noch nicht überm Berg“, betont Fahlbusch. Unterstützend zur Seite steht ihr ein Komitee aus bekannten Vorarlberger Persönlichkeiten, darunter der Mediziner Burkhard Walla, Konrad Steurer („Fähre“), Ingrid Bertel (ORF), Konrad Lerch (Gründer Mösle-Meeting) und die Journalistin Susanne Scholl.

Weit mehr als nur Asylberatung
„Vindex“ macht mehr als klassische Asylberatung. Der Verein unterstützt Menschen bei der Arbeitssuche, bietet Sprachkurse sowie Workshops an und betreut Flüchtlinge mit schweren Traumata. Als Familientherapeutin hat Fahlbusch stets ein offenes Ohr. „Viele haben schreckliche Dinge in ihren Heimatländern erlebt, einige sind bei ihrer Flucht im Mittelmeer beinahe ertrunken, andere mussten Polizeigewalt an den EU-Außengrenzen über sich ergehen lassen.“ „Vindex“ leistet zudem viel Aufklärungsarbeit. Zu den Vorträgen kamen bis zu 500 Interessierte, „darunter auch viele Politiker“, merkt Fahlbusch an. Umso irritierender ist es, dass ein Hilferuf von „Vindex“ bei der Landesregierung bislang ungehört blieb.

Stattdessen wurde Fahlbusch zwischen dem Büro von Christian Gantner, der für Integration zuständig ist, und dem Ressort von Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker hin und her geschickt. "Die einen sagten, dass sie nicht dafür zuständig seien, die anderen, dass es uns gar nicht brauchen würde. Zwar lobten alle unserer Arbeit, finanzielle Unterstützung gab es aber keine." Fakt bleibt aber: Ohne Hilfe des Landes, werden bei "Vindex" über kurz oder lang die Lichter ausgehen.

Spendenkonto:
Vindex - Schutz und Asyl e. V.
Raiba Bodensee-Leiblachtal
IBAN: AT053743100008827289
BIC: RVVGAT2B431

Philipp Vondrak

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