„Kaum untersucht“

Corona-Ursprung: Comeback für Laborunfall-Theorie

Wissenschaft
14.01.2021 12:38

Woher stammt das Coronavirus und wie konnte es seinen Siegeszug um die Welt antreten? Dieser Frage soll ein WHO-Team in der anfangs besonders betroffenen chinesischen Millionenstadt Wuhan nachgehen. Wie viel Spielraum die chinesischen Behörden den Experten gönnen, ist fraglich. Eine internationale Forschergruppe um die Innsbrucker Mikrobiologin Rossana Segreto kritisiert, dass die Möglichkeit einer Labormanipulation als Ursprung der Pandemie „zu früh ausgeschlossen und kaum untersucht“ worden sei, und legt neue Erkenntnisse auf den Tisch. „Ich wünschte, ich hätte diese Zusammenhänge nie gefunden“, so Segreto ominös.

Zunächst sei da die geografische Nähe des Instituts für Virologie in Wuhan zum exotischen Tiermarkt in der Provinz Hubei, wo um den Jahreswechsel 2019/2020 erste Fälle einer mysteriösen Lungenkrankheit gemeldet wurden. „In diesem Labor wird seit Jahren an mutierten Coronaviren geforscht“, sagt Segreto im APA-Interview. Das Institut in Wuhan sei ein Hochsicherheitslabor der Stufe 4, dort werde mit hochinfektiösen Erregern gearbeitet. Dass ein solches Labor in einem Ballungszentrum gebaut wurde, sei beunruhigend.

Labor nie untersucht, öffentliche Datenbanken gelöscht
Das Labor sei nach Ausbruch der Pandemie nie untersucht worden, einzelne zuvor öffentlich zugängliche Datenbanken wurden gelöscht. Dass von Anfang an von einem natürlichen Ursprung des Virus ausgegangen wurde, liegt laut Segreto auch an einem Artikel, der im März im Fachjournal „The Lancet“ erschienen ist. In diesem hatten Forscher argumentiert, dass sich das Virus wohl durch natürliche Selektion schon in einem tierischen Wirt zu einem Pathogen entwickelt hatte und dann auf den Menschen übersprang.

Künstliche Virenerzeugung gang und gäbe - aber auch gefährlich
„In China, wie auch in anderen Ländern, wurde mit dem Ziel geforscht, gefährliche Viren zu erkennen und zu bekämpfen“, so Segreto. Teilweise seien zu diesem Zweck Viren so mutiert und verändert worden, dass sie noch ansteckender und tödlicher werden. Dass Viren künstlich erzeugt werden, sei in der Mikrobiologie nichts Ungewöhnliches. Bei solchen Experimenten gehe es nicht nur um biologische Kriegsführung, sondern eben auch darum, sich für Ausbrüche gefährlicher Viren durch die Entwicklung von Medikamenten und Impfungen zu schützen. Dabei könne aber auch viel schiefgehen.

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Es gibt nach wie vor keinen wissenschaftlich nachvollziehbaren Beweis, dass sich der Erreger auf natürliche Weise entwickelte und nicht in einem Labor entstand.

Mikrobiologin Rossana Segreto

Auch der Aufbau zeuge davon, dass SARS-CoV-2 nicht durch natürliche Selektion entstanden, sondern künstlich im Labor hergestellt worden sein könnte. „Es gibt nach wie vor keinen wissenschaftlich nachvollziehbaren Beweis, dass sich der Erreger auf natürliche Weise entwickelte und nicht in einem Labor entstand“, so Segreto. Dennoch habe man einen durch menschliches Versagen herbeigeführten Unfall als Ursprung der Pandemie von Anfang an ausgeschlossen. „Das ist fahrlässig“, schließlich werde in Dutzenden Laboren weltweit mit mutierten Erregern experimentiert, die das Potenzial hätten, eine Pandemie auszulösen. „Das bringt uns alle in Gefahr.“

Was findet die WHO?
Die Suche nach dem Virus-Ursprung sei brisant, „als Wissenschaftlerin möchte ich auch keinem Verschwörungstheoretiker in die Hände spielen“, sagt Segreto. Zuletzt hatte die Diskussion angesichts der WHO-Mission in Wuhan wieder Fahrt aufgenommen. China hatte nach langer Verzögerung am Montag grünes Licht gegeben, am Donnerstag trafen die Experten vor Ort ein - allerdings nur 13 statt der geplanten 15. Sie mussten sich umgehend in eine zweiwöchige Quarantäne begeben.

Fehlstart: Zwei WHO-Experten durften nicht einreisen
Zwei Experten durften nicht einreisen, weil bei ihnen Covid-19-Antikörper festgestellt wurden, teilte die WHO zu Mittag mit. Das deutet auf eine frühere Infektion hin. Das „Wall Street Journal“ berichtete, chinesische Beamte hätten die Experten daran gehindert, beim Transit in Singapur ins Flugzeug nach Wuhan zu steigen. Vor der Abreise und auch in Singapur seien alle Tests negativ gewesen, so die WHO. Die Vorschriften gegen die Pandemie würden eben „streng befolgt“, teilte das chinesische Außenministerium lapidar mit.

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