Amtsinhaber abgewählt

Moldau: Proeuropäerin Sandu gewann Präsidentenwahl

Ausland
16.11.2020 12:30

Die proeuropäische Oppositionspolitikerin Maia Sandu hat am Sonntag die Präsidentenwahl in der Republik Moldau gewonnen. Wie die Wahlbehörde des Landes am Montag nach Auszählung von 99,86 Prozent der Wählerstimmen bekannt gab, konnte die frühere Regierungschefin bei der Stichwahl 57,6 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen. Der prorussische Amtsinhaber Igor Dodon musste sich demnach mit 42,4 Prozent der Stimmen begnügen. Sandus Sieg fiel damit deutlicher aus als erwartet.

Ihren Vorsprung von letztlich mehr als 15 Prozentpunkten verdankt die Proeuropäerin vor allem den Stimmen der moldauischen Diaspora, die nach Angaben der Wahlbehörde in Chisinau mit überwältigender Mehrheit (mehr als 90 Prozent der abgegebenen Stimmen) für Sandu gestimmt hatte. Wie die moldauische Presse unter Verweis auf eine Analyse des Unternehmens iData hervorhob, fuhr die 48-Jährige damit einen Rekordsieg ein. Sandu erhielt die Höchstzahl an Wählerstimmen (938.390), die in Moldau je bei einer Präsidenten- oder Parlamentswahl für einen Politiker bzw. eine Partei abgegeben wurden.

Lange Warteschlangen vor Konsulaten
Vor allem im Ausland lebende Moldauer - Hunderttausende leben außerhalb der bitterarmen Ex-Sowjetrepublik, viele von ihnen in EU-Staaten - hatten massiv von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht, was laut Beobachtern Sandu nützte. Vor den moldauischen Botschaften und Konsulaten kam es zu langen Warteschlangen sowie zu erheblichen Protesten, nachdem die Stimmzettel bereits Stunden vor Schließung der Wahllokale restlos ausgegangen waren - wie etwa in London, Berlin, Frankfurt am Main und dem französischen Montreuil. Wegen einer Bombendrohung musste in Frankfurt zudem ein Wahllokal vorübergehend geschlossen werden, die deutsche Polizei gab rund eineinhalb Stunden später Entwarnung.

In einer ersten Reaktion dankte Sandu am Abend allen moldauischen Wählern im In- und Ausland für ihre vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie „beispiellose Mobilisierung“ an den Wahlurnen. Im Wahlkampf hatte sich die proeuropäische Politikerin für die Bekämpfung der Armut und der Korruption, für Reformen und einen „Staat, der im Dienste der Menschen steht“, starkgemacht.

Neue Präsidentin steht vor schwerer Aufgabe
Der bisherigen Chefin der proeuropäischen Oppositionspartei Aktion und Solidarität (PAS) stehen schwere Tage bevor: Sandu muss versuchen, die zwischen Ost und West gespaltene Bevölkerung zu einen, die im Wahlkampf versprochene Armuts- und Korruptionsbekämpfung anzustoßen sowie wesentliche Reformen, darunter des Justizsystems, durchzusetzen.

Und in diesem Kampf steht sie vorläufig allein da - sie kann weder auf das von Oligarchen beeinflusste Parlament mit seinen schwierigen Mehrheitsverhältnissen noch auf die Dodon nahestehende Regierung bauen. Einzige Lösung wären laut Meinung moldauischer Politbeobachter vorgezogene Neuwahlen, doch sind diese nur äußerst schwer anzusetzen. Fürs Erste steht Sandu folglich vor der Aussicht, bis zur regulären Parlamentswahl von 2023 mit einer ihr gegenüber ablehnend eingestellten Legislative und Exekutive regieren zu müssen.

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