Detaillierte Biografie

Anita Pallenberg: Muse, Drogen und Rock‘n‘Roll

Musik
15.11.2020 06:00

Sie war Model, Schauspielerin, Muse, Frau an der Seite der beiden Stones Brian Jones und Keith Richards, drogenabhängig, Stilikone und zuletzt Schrebergärtnerin: Anita Pallenberg. „Wie ein Regenbogen“ heißt nun eine ausführliche Biografie über „Das außergewöhnliche Leben“ (so der Untertitel) der 2017 verstorbenen Frau, die untrennbar mit den wilden 60er- und 70er-Jahren verbunden bleibt. Simon Wells schrieb einen Bericht über Tragödien, Skandale und späte Triumphe.

(Bild: kmm)

Pallenberg wird oft als „Groupie im Umfeld der Rolling Stones“ beschrieben. Für Journalist und Autor Wells ist das zu eng gefasst. Eine „Pionierin der offenen Sexualität“ sei sie etwa gewesen, meint er, eine „Inspiration für andere“ und eine Vorkämpferin des Feminismus. Den Beweis dafür will er mit vielen Fakten antreten, die bis in die Kindheit Pallenbergs zurückreichen. Schon früh bewegte sich die 1942 in Rom geborene Pallenberg in Kunstkreisen. „Sie hing mit Fellini und seinen Kollegen während der Dolce Vita-Blütezeit 1959 in Rom ab und machte 1963 die Bekanntschaft progressiv ausgerichteter Künstler wie Warhol, Ginsberg, Corso und Ferlinghetti in New York.“

Turbulent und gewalttätig
Ein Model-Job führte Pallenberg 1965 nach München, er sollte ihr Leben für immer prägen. Der Fotograf machte sie nach einem Konzert der Rolling Stones in der bayrischen Stadt mit den Musikern bekannt. Sie habe ein bisschen Hasch dabei gehabt, wird Pallenberg in der Biografie zitiert. Und Gitarrist Jones zeigte daran Interesse - wie bald auch an Pallenberg selbst. Die Story der turbulenten, exzessiven und mitunter gewalttätigen Beziehung ist längst Rock-‘n‘-Roll-Legende. Wells schildert sie detailreich, lässt viele Zeitzeugen zu Wort kommen, teils aus eigenen Interviews, teils zitiert aus anderen Werken.

Stürmisch war die Zeit, in der die Stones als Aufruhrer galten, Drogenrazzien an der Tagesordnung standen und die Band ein Leben auf der Flucht führte, auch für die zwischenmenschlichen Gefühle: Pallenberg „wechselte“ zu Richards, mit dem sie drei Kinder haben sollte. Eine jahrelange Heroinsucht und der Tod von Jones überschatteten den Verdienst Pallenbergs, den Look der Stones geprägt zu haben. Auch für ihre wichtigste Filmrolle (neben der „schwarzen Königin“ in „Barbarella“) bekam sie erst spät Anerkennung: Es dauerte lange, bis „Performance“, in dem Pallenberg ausgerechnet mit Hauptdarsteller und Stones-Sänger Mick Jagger vor der Kamera ins Bett steigt, zum Kultstreifen avancierte und Kritikerlorbeeren einstrich.

Ewige Suche
Eine Biografie über Anita Pallenberg kommt um die dunklen Seiten nicht herum. Wells beschreibt eindringlich ihren mehrmals verlorenen und erst spät gewonnen Kampf gegen Abhängigkeit von Drogen aller Art, eine schier endlose Abfolge von Entzug und Rückfall. Er zeichnet das Bild einer Frau auf der ewigen Suche in Kunst, Esoterik, Okkultismus, Liebschaften und Suchtmitteln nach Erfüllung und Seelenheil. Aber Wells würdigt auch ausreichend ihr Schaffen, ihren Einfluss auf die Modewelt und ihr Unabhängigkeitsbestreben in der Ära des Nachkriegs-Chauvinismus. Oft liest sich das spannend, ebenso oft verzettelt sich der Autor in Details, liefert ein zu viel an in dem Raum geworfenen Anekdoten und versucht Pallenbergs Schattenseiten als Stärke zu verklären. Und leider sitzt die deutsche Übersetzung nicht immer.

APA/Wolfgang Hauptmann

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