Wirkstoff Squalen

Grazer Forscher wollen Haien Corona-Tod ersparen

Wissenschaft
07.10.2020 11:21

Die Corona-Pandemie bringt jetzt auch die - ohnehin durch Fischfang und Umweltverschmutzung stark bedrohten - Haipopulationen der Weltmeere in Gefahr: Die Substanz Squalen gilt als wichtiger Bestandteil von Impfstoff-Wirkverstärkern und könnte künftig auch bei den Vakzinen gegen SARS-CoV-2 eine wichtige Rolle spielen. Da seine Hauptquelle die Leber von Haien ist, wird das Tierschützern zufolge Hunderttausenden Haien das Leben kosten. Grazer Forscher haben aber einen Weg gefunden, die Substanz, die zu großen Teilen auch in der Kosmetikindustrie zum Einsatz kommt, biosynthetisch herzustellen. Das könnte etlichen Haien das Leben retten.

Das natürliche Öl Squalen wird in Pflanzen wie Zuckerrohr, Amaranth, Olivenbäumen und selbst im menschlichen Organismus produziert, die ertragreichste Quelle ist aber die Leber von Tiefseehaien, teilte das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) am Mittwoch mit.

Vor dem Hintergrund der Entwicklung eines weltweit verfügbaren Impfstoffes gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 steige die Nachfrage nach Squalen rasant. Wirkverstärker wie etwa Squalen sorgen dafür, dass Impfstoffe ihre größtmögliche Wirkung entfalten, indem sie für eine bessere Wirkstoffaufnahme sorgen. So können selbst geringe Dosen und kleinste Erregerpartikel im Körper eine dauerhafte Immunantwort hervorrufen und die Pharmaindustrie weniger Antigen in Einzelimpfdosen verwenden.

500.000 Haien könnte es an den Kragen gehen
Das dürfte die Jagd auf die Haie jedoch verstärken: Um eine Tonne Squalen zu gewinnen, müssten laut acib rund 3000 Haie geschlachtet werden. Schon jetzt würden laut Schätzungen von Umweltbehörden bis zu drei Millionen Haie wegen des in der Pharma-, Kosmetik- und Nahrungsergänzungsmittelindustrie begehrten Öls getötet. Laut Tierschützern könnte es nun zusätzlichen 500.000 Haien an den Kragen gehen. Organisationen wie das amerikanische NGO Shark Allies haben bereits dazu aufgerufen, nach Alternativen zu suchen. Aus Pflanzen gewonnenes Squalen wäre eine Möglichkeit, die allerdings zu mehr als 30 Prozent teurer angeboten wird als tierisches Squalen, hieß es vonseiten des acib.

Als Zukunftshoffnung für die Squalenproduktion gelten daher Mikroorganismen. Den Forschern am acib ist es gelungen, die Substanz biosynthetisch in der Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) zu produzieren. Das Team brachte dafür die Hefe zuerst dazu, den Duftstoff Ambrein (ein seltenes Duftstoffmolekül, das ursprünglich aus dem Verdauungstrakt von Walen kommt) herzustellen. „Ein Zwischenprodukt, das im Rahmen der Sterolbiosynthese anfällt, ist Squalen“, erklärte Harald Pichler vom acib.

„Nachdem der Hefestamm bereits dieses Lipid produziert, konnten wir durch Metabolic Engineering bestimmte Stoffwechselwege so modulieren, dass die Hefezellen plötzlich ein Vielfaches an Squalen anreichern“, zeigte sich der Forscher erfreut. Mittlerweile können die Grazer Experten mithilfe der mikrobiellen „Squalen-Fabriken“ bereits mehrere Gramm an reinem Squalen im Labor herstellen. „Wir haben bewiesen, dass der Prozess im Labormaßstab funktioniert“, so Pichler. Nun will man die Stämme so optimieren, dass sie auch im großen Maßstab produziert und von der Industrie verwendet werden können.

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