Zweiter Weltkrieg

„Ich kriege die Bilder nie mehr aus meinem Kopf!“

Tirol
06.05.2020 07:00

Der Innsbrucker Max Sturm schildert der „Krone“ anlässlich „75 Jahre Ende Zweiter Weltkrieg“, wie er als zwölfjähriger Bub die Bombardierung Innsbrucks erleben musste.

Max Sturm, pensionierter Fotograf und heute noch begeisterter Tennisspieler, erinnert sich vor allem an diesen einen schrecklichen Tag: „Es war der 15. Dezember 1943. Der erste Bombenangriff auf Innsbruck. Dieses Erlebnis werde ich wohl auch die letzten Jahre meines Lebens nicht vergessen. Ich war damals zwölf Jahre und dem Blockwart als Luftschutzmelder zugeteilt.“

Ausgerüstet mit blauem Stahlhelm, hatte der kleine Max die Aufgabe, bei allfälligen Bombenschäden Meldung an die Luftschutzzentrale am Burggraben – heutiges Tourismusbüro – zu machen. „Kein Mensch dachte daran, dass sich jemals in Innsbruck ein Bombenangriff ereignen würde. Ich stand mit dem Blockwart am Abgang zum Luftschutzkeller in der Mentlgasse 5, der nur spärlich besetzt war. Plötzlich explodierte im angrenzenden Mentlhof eine Bombe. Der Luftdruck warfen den Blockwart und mich über die Stiege. Auf einmal war der Andrang zum Keller riesig“, erinnert sich Sturm.

Als seine Eltern in den Luftschutzkeller kamen
Dann ging alles sehr schnell und auch seine Eltern und Geschwister kamen, um im Luftschutzkeller Unterschlupf zu suchen. Als der Angriff zu Ende war und Entwarnung gegeben wurde, ging Sturm seiner Aufgabe nach. „Ich schaute auf die Schäden in der näheren Umgebung und machte mich auf den Weg in die Zentrale. Dabei hatte ich leider dieses schreckliche Erlebnis, das bis heute nicht aus meinem Kopf geht.

In der Adamgasse, gleich neben dem damaligen Hotel Union an der Ecke Heiliggeiststraße/Adamgasse, lag in einem Durchgang eine Frau, der es bei einer Explosion den Kopf weggerissen hatte. Für mich war das natürlich ein irrer Schock.“

Auf Ruine gestanden, um Zug mit Hitler zu sehen
Aber Sturm weiß auch andere, weniger grausige Erlebnis zu erzählen. „Wir waren als Buben oft in Wilten, in der sogenannten Kolle-Ruine, einer ehemaligen Großtischlerei, in der auch der Tiroler Maler Max von Esterle bis zu einem großen Brand sein Atelier hatte. Daneben verlief die Bahnlinie zum Brenner. Immer, wenn Adolf Hitler oder Benito Mussolini mit dem Zug vorbeifuhren, standen wir auf den Trümmern der Ruine, um die Fahrt sehen zu können. Ich erinner mich genau: Vorne war ein Salonwagen und dahinter ein Waggon mit einer Flugabwehrkanone des Typs Flak-Vierling.“

Auch zum Finale des Zweiten Weltkrieges hatte Max Sturm noch ein prägendes Erlebnis. Es war im April 1945. „Ein Großteil der Schulen waren auf das Land verlagert - ich war damals in Ellmau und im benachbarten Going war das Oberkommando der deutschen Luftwaffe stationiert. Drei Wochen vor Kriegsende wurden wir Pimpfe bei einem groß angelegten Lagerfeuer, in Anwesenheit der Generäle der Luftwaffe, zur Hitlerjugend überstellt. Ich ,durfte‘ damals noch ein Gedicht aufsagen, das ich vorsichtshalber am Rücken eines Mitschülers für alle Fälle befestigt hatte. Ich weiß, solche Sachen soll man heute nicht mehr aussprechen. Aber wer diese Zeit nicht miterleben musste, kann das auch nicht verstehen.“

Dass Max Sturm die Bilder der toten Frau seit damals nicht mehr aus seinem Kopf kriegt, werden hingegen wohl viele nachvollziehen können.

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