Er ist selbst erst 20

Wiener verging sich online an Dutzenden Kindern

Wien
10.12.2019 14:36

In einem drastischen Fall von Sex-Erpressung im Internet mit Dutzenden minderjährigen Opfern ist am Dienstag ein 20-jähriger Wiener am Landesgericht wegen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und geschlechtlicher Nötigung rechtskräftig zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Ein Jahr wurde unbedingt ausgesprochen, den Rest der Strafe bekam der bisher Unbescholtene bedingt nachgesehen.

Wie der Angeklagte am Dienstag einem Schöffensenat (Vorsitz: Norbert Gerstberger) freimütig darlegte, entdeckte er im Alter von 15, „dass ich auf Junge steh“. Sein sexuelles Interesse habe sich auf Buben im Alter von zehn bis elf Jahren konzentriert. Das änderte sich auch nicht, als er älter wurde: „Ich wusste, dass das nicht normal ist, dass das strafbar ist.“ Zunächst sah sich der Jugendliche im Internet nach kinderpornografischem Material um, tauchte dabei auch ins Darknet ab und speicherte zu Hause die beschafften illegalen Dateien in zahlreichen Ordnern und Unterordnern ab.

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Irgendwann war es langweilig, Fotos und Videos anzuschauen. Ich wollte was Eigenes haben.

Angeklagter (20)

„Ich wollte was Eigenes haben“
„Irgendwann war es langweilig, Fotos und Videos anzuschauen. Ich wollte was Eigenes haben“, gab der Bursch zu Protokoll. Er legte sich daher in bei Kindern und Jugendlichen beliebten sozialen Netzwerken ein Fake-Profil zu, auf dem er sich als 15 Jahre altes Mädchen namens Lisa ausgab, und sprach gezielt unmündige Buben an. Da er eine HTL für Informationstechnik besucht hatte, verstand er es, seine Spuren zu verschleiern.

„Er ist besonders geschickt, nahezu perfide vorgegangen“, erläuterte Staatsanwältin Anja Oberkofler. Der Bursch habe das erwachende sexuelle Interesse der Buben gezielt ausgenutzt und sie dazu gebracht, Nacktbilder von sich anzufertigen und ihm zu schicken, indem er vortäuschte, er wäre ein etwas älteres Mädchen, das ihnen im Gegenzug ebenfalls freizügige Fotos überlassen werde.

Hatte er entsprechendes Material, begann der Bursch seine Opfer unter Druck zu setzen, indem er ihnen drohte, er werde die Bilder im Internet verbreiten oder gar Klassenkameraden zukommen zu lassen. Damit brachte er etliche Opfer dazu, sich bei der Vornahme sexueller Handlungen zu filmen und ihm diese Aufnahmen zu überlassen.

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Meine Mutter war sicher ein Faktor für diese Machtspielchen.

Angeklagter (20)

„Ich bin alleine Schuld für das, was ich getan habe. Aber meine Mutter war sicher ein Faktor für diese Machtspielchen“, meinte der 20-Jährige, der in der Verhandlung einen ausgesprochen intelligenten Eindruck hinterließ.

Seine Mutter habe sich nicht für ihn interessiert: „Sie wollte immer nur ihre Ruhe haben. Wenn sie das nicht bekommen hat, gab es Streit, Drohungen, Schläge.“ Es habe ihm Genugtuung bereitet, das Ohnmachtsgefühl, unter dem er daheim litt, auf andere zu übertragen und damit eine Machtposition auszuüben.

Im Frühjahr 2018 kam man dem damals 18-Jährigen nach ersten Anzeigen von Betroffenen auf die Schliche. Er wurde Anfang Mai in U-Haft genommen, ein länderübergreifendes Ermittlungsverfahren - Opfer fanden sich nicht nur in Österreich, sondern auch in der Schweiz, Deutschland und Serbien - kam ins Laufen. Nach einem Monat wurde der Schüler unter strikten Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Er musste sich einer Therapie unterziehen, zusätzlich wurde Bewährungshilfe angeordnet.

Nach Therapie sofort rückfällig geworden
In ihren Berichten an die Justiz lobten Neustart und der Verein, bei dem sich der Bursch in Therapie begeben hatte, ihn in den höchsten Tönen. „Er hat beide Einrichtungen getäuscht“, berichtete die Staatsanwältin. Denn bereits kurz nach seiner Enthaftung machte sich der inzwischen Erwachsene wieder an Buben heran und besorgte sich Nacktbilder. Seit 12. März sitzt er wieder in U-Haft.

Laut Staatsanwältin konnten 40 Opfer des mittlerweile 20-Jährigen namentlich ausgeforscht worden. 14 von ihnen hatten ihm Material überlassen, das sie bei sexuellen Handlungen zeigte. Insgesamt konnten beim Angeklagten rund 650 Dateien mit entsprechendem Inhalt sichergestellt werden.

Auf die Frage, wie es mit ihm weitergehen soll - da ihm die U-Haft auf die Strafe angerechnet wird, hat der Bursch den unbedingten Strafteil in zwei Monaten abgesessen -, erwiderte der 20-Jährige, er wolle die Schule abschließen und in eine betreute WG ziehen. Mit seiner Mutter habe er keinen Kontakt mehr. Was seine Sexualität betrifft, erklärte er: „Ich stehe nach wie vor auf Jungs.“ Aber das Verlangen, sich pornografisches Material von unmündigen Buben zu beschaffen, sei weg.

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