Wegen Streit um Post

Finnlands Premier kommt Sturz zuvor – Rücktritt

Ausland
03.12.2019 15:14

Erst vor einem knappen halben Jahr ist der Sozialdemokrat Antti Rinne finnischer Ministerpräsident geworden - jetzt ist bereits wieder Schluss. Im Zuge eines Streits innerhalb seiner Fünf-Parteien-Koalition hat der 57-Jährige am Dienstag seinen Rücktritt erklärt - mit dem Wunsch, damit die Regierung zu retten. Es gehe nicht darum, wer Regierungschef sei, sondern auf welche Weise und in welche Richtung sich das Land bewege, sagte Rinne. Als Favoritin für die Nachfolge Rinnes gilt die Vizechefin der Sozialdemokraten, Sanna Marin.

„Alle Parteien in der Regierung stehen hinter dem Regierungsprogramm. Wenn meine Rolle als Ministerpräsident dieses Programm in Gefahr gebracht hat, dann ist es besser, dass ich zurücktrete“, sagte der 57-Jährige am Dienstag. Die liberale Zentrumspartei hatte zuvor öffentlich erklärt, dass sie ihr Vertrauen in Rinne verloren habe. Hintergrund war ein Streit um Niedriglohn-Jobs bei der teilstaatlichen finnischen Post, in dem sich der frühere Gewerkschaftsführer Rinne an die Seite der Beschäftigten gestellt hatte.

„Das wird eine Narbe hinterlassen“
Bis zum vergangenen Freitag seien noch alle mit seiner Arbeit zufrieden gewesen, sagte Rinne. Dies habe sich über das Wochenende dann an einer entscheidenden Stelle geändert: „Alle Parteien in der Regierung haben Vertrauen in mich gehabt außer die Zentrumspartei“, so Rinne. Zur Zusammenarbeit mit der Zentrumspartei nach dem Ärger sagte er: „Das wird eine Narbe hinterlassen. Aber wir werden eine Salbe drauftun.“ Auch die Zentrumspartei will, dass die Regierung weiter Bestand hat - nur eben nicht mit Rinne an der Spitze.

Die als Favoritin für die Nachfolge Rinnes geltende Vizechefin der Sozialdemokraten, Verkehrsministerin Sanna Marin, erklärte am Dienstag, dass sie zur Übernahme des Postens bereit wäre, wenn man sie darum bitte. Mit 34 Jahren wäre Marin die jüngste Regierungschefin in der Geschichte Finnlands.

Die Entwicklungen in Helsinki sind für den Rest Europas auch deshalb von Bedeutung, weil Finnland noch bis Ende des Jahres den EU-Ratsvorsitz innehat. Präsident Sauli Niinistö nahm Rinnes Rücktritt an, bat ihn aber, bis zum Amtsantritt einer neuen Regierung geschäftsführend im Amt zu bleiben.

Rinnes Sozialdemokraten waren bei der Wahl im April 2019 stärkste Kraft geworden und hatten daraufhin die Regierungsmacht in Helsinki zurückerobert. Rinne gilt als nicht sonderlich charismatisch und hatte zudem länger mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Viele junge Wähler halten ihn für ein Sinnbild der alten politischen Garde in Finnland. Ganz anders sehen ihn seine Anhänger: Für sie ist er ein solider Anführer mit Gewerkschaftserfahrung und einem starken Sinn für Fairness.

Seit Mai 2014 Chef der finnischen Sozialdemokraten
Seit Mai 2014 ist Rinne Vorsitzender der Sozialdemokraten. Damals hatte er eine Abstimmung um den Parteivorsitz gegen die Amtsinhaberin Jutta Urpilainen gewonnen. Daraufhin wurde Rinne für ein Jahr auch finnischer Finanzminister. In die Positionen brachte er die Erfahrung aus der Führung verschiedener Gewerkschaften mit.

Rinne gehört dem linken Parteiflügel an. Er hat sich mit Kritik an den Sparprogrammen der Mitte-rechts-Regierung seines Vorgängers Juha Sipilä profiliert. In Rinnes Regierungszeit fiel unter anderem Finnlands EU-Ratspräsidentschaft, die noch bis Ende des Jahres läuft. Außerdem bemühte sich Rinnes Regierung um stärkere Maßnahmen für den Klimaschutz.

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