Debütalbum erscheint

Josh: „Keinen Hit zu haben, ist auch nicht gut“

Musik
24.04.2019 07:00

Mit der Single „Cordula Grün“ hat der Wiener Musiker Josh. letzten Sommer einen veritablen Hit gelandet, der es mittleweile auf mehr als 25 Millionen YouTube-Aufrufe bringt. Knapp ein Jahr später erscheint nun endlich das heiß ersehnte Debütalbum „Von Mädchen und Farben“, mit dem er ganz neue Facetten von sich zeigt. Im „Krone“-Interview spricht er über Fluch und Segen des Top-Hits, weshalb er realistische Karriereerwartungen hat und wieso es besser ist, instinktiv als berechnend an Songs heranzugehen.

(Bild: kmm)

„Krone“: Josh., dieser Tage erscheint dein neues Album „Von Mädchen und Farben“, du hast gerade eine Deutschlandtour hinter dir und bist medial sehr bunt unterwegs. Es passiert gerade eine Menge bei dir…
Josh.:
Ich hätte zum Beispiel nie damit gerechnet, dass die Kartenverkäufe in Deutschland besser sind als hier in Österreich. Kein Mensch weiß warum. Wenn ich nach Deutschland komme, habe ich nicht das Gefühl, dass mich jemand prüfend anschaut. In Österreich schwingen immer etwas Zweifel mit, ob man wohl wirklich etwas kann. In Deutschland bin ich als Künstler einfach besser angekommen. Bei uns wartet man lieber mal ab, ob der da oben auf der Bühne auch wirklich was kann. Natürlich beschwere ich mich nicht darüber, denn im Herbst kommen noch einmal 14 Tage in Deutschland dazu. Ich bin generell aber sehr happy darüber, wie es läuft.

Vor zehn Monaten erschien die Single „Cordula Grün“, mit der du durch die Decke gegangen bist - das war der Vorteil. Der Nachteil dabei ist, dass man dich dann immer nur mit diesem Track konnotiert hat.
Zwischen „Cordula Grün“ und der zweiten Single „Vielleicht“ vergingen acht Monate. Es war schon arg, mit einem Song so viel unterwegs zu sein und ihn dauernd zu bearbeiten. Man kann sich damit nicht selbst kannibalisieren und ich hätte gerne früher neue Songs rausgeschossen, aber in der Realität spielen die Radiostationen keine drei Nummern von dir, wenn du nicht Ed Sheeran bist. Manchmal war es natürlich schwierig, aber keinen Hit zu haben, wäre auch nicht besser gewesen. (lacht)

Selbstverständlich ist das für dich ein komfortables Luxusproblem, aber im Endeffekt hat man dich trotzdem auf diesen einen Song festgehängt - für mittlerweile fast ein Jahr.
Das stimmt und man muss auch aufpassen, am Teppich zu bleiben. Nur weil du einen solchen Song hast, schenkt dir nicht jeder sofort live das Vertrauen. Man muss sich das erspielen und erarbeiten und deshalb ist auftreten so wichtig für mich. Die Leute kriegen auch mit, wie sehr ich das genieße. Ich bin nicht todtraurig, wenn die erste Tour keine ausverkauften großen Hallen sind. Das glauben wirklich viele Leute, aber es sind sehr respektable Clubshows und ich kann einen solchen Klub in Köln oder München ausverkaufen. Das ist großartig. Vor einem Jahr hätte ich noch nicht nach Graz fahren brauchen, um dort zu spielen. Da hätte ich die Leute persönlich anrufen müssen, damit sie kommen. Das Zugticket wäre teurer gewesen als meine Einnahmen. Jetzt geht es aber und ich habe total Lust darauf. Es ist auch eine Herausforderung zu sagen, wenn wir heuer so und so viele Tickets verkaufen, will ich 2020 mehr verkaufen. Ansonsten würde ich ja etwas falsch machen.

25 Millionen YouTube-Klicks für einen Song - das gibt es in Österreich selten. Ist die Angst da, dass die anderen Nummern niemals so gut ankommen werden wie eben „Cordula Grün“?
Eher nicht, weil das in meinem Segment als Künstler kein so großes Thema ist. Natürlich geht live bei der Nummer derzeit am meisten ab, aber die Leute kennen auch noch nicht viel mehr. Der Song war so besonders, weil er eine Breite wie selten was bekommen hat. Menschen aus dem Schlager haben mich dafür beglückwünscht. Sie sagten mir, ich wäre ein kredibler Künstler, der in Schlagercharts vorne ist. Wenn man bei einem Indie-Festival als Headliner gebucht wird und gleichzeitig beim Oktoberfest im Zelt spielen könnte, dann ist das etwas Besonderes, denn das hat es vorher nie gegeben. Irgendwann renkt sich das ein. Der Trichter ist groß, aber man kann dann in einer Nische mehr erreichen. Natürlich war mir klar, dass ich nicht alle aus dem Schlagerbereich abholen kann, aber sie finden das Album auch nicht komplett scheiße. Die Leute aus dem Schlager haben großen Respekt und sie schimpfen nicht über Popkünstler - was umgekehrt oft sehr wohl der Fall ist. Genau diesen Respekt will ich diesen Künstlern auch entgegenbringen.

Achtest du selbst sehr genau darauf, inwieweit du selbst künftig in diese Schlagerwelt hineingezogen werden möchtest?
Ja schon. Es gibt natürlich Formate, die sich überschneiden, wie die „Starnacht in der Wachau“. Da passe ich auch gut rein. Mein Leitsatz ist folgender: Dort, wo du als Künstler nicht mehr authentisch auftreten kannst, solltest du es auch nicht - selbst, wenn du Geld dafür kriegst. Bei einer Schlagerparade von Florian Silbereisen wäre ich wohl falsch, auch wenn ich großen Respekt für die Veranstaltung habe. Die Leute dort meinen das alle ernst und würde ich da spielen, käme das einer blöden Respektlosigkeit gleich. Umgekehrt würde sich auch eine Band aus dieser Welt bei einem anderen Festival nicht wohlfühlen. Für Journalisten ist es oft spannender, Skandale zu finden, weil jemand nicht auf dieses oder jenes Fest passt. Unter den Musikern gibt es da wenig Probleme.

Schlager und Pop waren sich aber noch nie näher als heute.
Exakt. Oder übersetze englische Popmusik ins Deutsche. Da gibt es Texte, auch von Künstlern wie Justin Bieber, die würden bei uns nur als Schlager durchgehen. Umgekehrt gibt es natürlich deutsche Schlagermusik, die mit englischen Texten sofort wie Pop klingen würde.

„Von Mädchen und Farben“ spricht schon im Albumtitel die zwei Themen an, die sich bislang durch deine ganze Karriere ziehen.
Es hätte sogar noch einen dritten Song mit einer Farbe gegeben, aber den habe ich verworfen. Natürlich ist Farbe ein Überbegriff und ich finde es ganz nett, wenn man Dinge genauer beschreibt. Da helfen Farben ganz gut. Bei „Melodie verlorn“ gibt es eine Zeile, die sich um eine graue Schrift dreht und das ist wieder etwas anderes, wie etwas, das rot wirkt. Als ich „Cordula Grün“ schrieb, ging es ja auch um Mädchen und Farben und als ich mir das ganze Album anhörte, hat das auf alles gepasst. Der Titel ergab sich dann fast von selbst.

Hast du in deinem Leben auch schon einmal die „Melodie verloren“?
Es ist in erster Linie ein Trennungssong und ich wollte das Gefühl, das ich hatte, als ich das erlebte, so ausdrücken, dass es für alle nachvollziehbar ist. Ich bin auch ein total melodieverliebter Mensch, weshalb meine Refrains nicht so komplex sind. Ich bin lieber lyrisch oder phonetisch komplex, aber die Melodien sollen leichtfüßig sein. Es geht darum, dass etwas nicht mehr da ist, was einen glücklich gemacht hat. Dieses Gefühl wollte ich wiederspiegeln. Manchmal hat man auch eine musikalische Sperre, wo gerade nichts geht und man seine Melodie verliert. Man sollte sich nicht nervös machen lassen und wenn es mir zu viel ist, dann schreibe ich mit jemandem zu zweit. In Berlin gibt es eine wunderbare Songwriterin, mit der ich auch für andere schrieb oder meinen Produzenten. Sich helfen zu lassen und ehrlich zu bleiben, wenn etwas gerade nicht geht, ist das Wichtigste. Manchmal reicht es schon, wenn dir jemand schnell eine Idee zuwirft. Daraus ergibt sich dann eigene Kreativität. Ich persönlich darf mich jedenfalls nicht alleine 14 Tage in ein Zimmer einsperren, da würde ich durchdrehen. Ich suche Inspirationen, gehe raus und bin gerne ein Schwamm, der Sachen aufsaugt. Das Problem ist oft, dass viele nach Perfektion suchen und genau das funktioniert nicht. Nicht mal der allerbeste Song von dir ist perfekt.

Manchmal bringen einem ja auch Auftritte oder Erlebnisse Inspirationen und Energie.
In Frankfurt hatte jemand ein Plakat hochgehalten mit einer Textzeile aus dem Song „Dorothea von früher“, dem ersten am Album. Den habe ich ja noch nicht einmal veröffentlicht, aber es gibt einen Livemitschnitt von einem Bayern-3-Festival im Netz und die Fans haben ihn dort gesehen. Im Song geht es darum, dass man anfangs in die Schwester von Dorothea verliebt ist. Man muss eben genau zuhören und ich fand es wahnsinnig witzig, dass Leute damit in der zweiten Reihe standen. Das tut im Herzen gut und war für mich so ein Moment, der mich unglaublich pusht. Es gab übrigens kein einziges „Cordula Grün“-Plakat. So etwas ist auch eine Bestätigung dafür, dass man sehr viel richtig macht.

Du bildest auf dem Album im Prinzip alle Facetten von Liebe und Zwischenmenschlichkeit ab, die man sich vorstellen kann. Sowohl positive als auch negative. Sind das mit Metaphern angereicherte Selbsterfahrungen oder ist vieles davon auch fiktiv?
(lacht) Ich habe schon einiges erlebt, im emotionalen Sinne. Ich bin auch ein sehr emotionaler und sensibler Mensch. Teilweise bin ich auch lustig, aber ich bin oft schon traurig und ernst. Doch gerade dann muss man drüber lachen. Auch wenn es einem schlecht geht, muss man den Humor behalten. Es dreht sich viel um mich, aber es gibt auch eine Wolke aus Fiktion und Surrealismus. Wenn man aufmacht, dann ist man auch angreifbar. Natürlich gibt es Menschen, die vorsichtig sind und sich nicht so auf Dinge einlassen, aber ich kann das gar nicht. Ich bin verletzbar, weil ich das zulasse. Da erlebt man dann Freude, Glück, Trennung oder sogar Monotonie in einer sehr langen Beziehung. Man erlebt ganz andere Dinge, als wenn du ein Groupie mit aufs Zimmer nimmst - was selbstverständlich nie passiert ist. (lacht) Das Thema Beziehungen und Zwischenmenschlichkeit ist nie gleich und jeder erlebt es anders. Du selbst bist in einer neuen Beziehung der gleiche Mensch, hast aber andere Probleme, Freuden und Sorgen. Ich finde dieses Wechselspiel sehr spannend.

Die Nummer „Ich spiel“ dreht sich um jemanden, der schon in die 30er kommt, aber mit Leib und Seele Künstler ist und lieber die Gitarre in die Hand nimmt, als erwachsen zu werden. Das ist wohl doch ein sehr autobiografischer Song?
Total, der auf jeden Fall. Das ist ein Bereich, wo ich kein Problem habe, etwas über mich zu erzählen. Ich wollte mich immer auf der Bühne nackt ausziehen um mich so zu zeigen, wie ich bin. Das ist natürlich schwer. Ich habe früher die Gitarre hochgehalten und mich immer dahinter versteckt. Jetzt habe ich das Instrument weggelegt und mittlerweile gibt es Fotos, wo ich die Hände so weit auseinanderreiße, dass ich fast alle umarme. Ich habe jetzt das Gefühl, dass das geht. In „Ich spiel“ geht es um die Dinge, die man auf dem Weg zum 30er erlebt. Als Künstler fragt man sich oft, warum man das überhaupt noch macht. Ich finde es spannend, mal zuzugeben, dass man nicht jeden Tag die Musik am Geilsten finden muss. Du musst auch noch 24 Stunden lang Künstler sein. Wenn ich daheim etwas koche, bin ich Koch und kein Künstler. Bei dem Song ging es einfach darum, dass man öffentlich darüber redet, dass manchmal alles danebengeht. Ich habe mich oft selbst hinterfragt. Irgendwie interessiert dein Sound keinen, es ist kein Geld da, aber du hast ungebrochene Leidenschaft. Dein Herz befiehlt dir, das zu tun und du machst wieder weiter.

Sehr interessant ist der Song „Eskalation“, in dem du auch die negativen Facetten von dir aufzählst und gleichzeitig einen Menschen benennst, der sie mitträgt und dir hilft. War diese Nummer für dich am Rande einer Grenzübertretung, weil sie so persönlich und offen ist?
Ich muss mich dafür gar nicht mehr überwinden. Ich habe für mich gefunden, dass ich das sagen will und kann. Die Kunst kommt zuerst, wenn ich etwas spannend finde, auch wenn es sehr tief geht. Gerade in diesen Momenten darf man es nicht überdenken und sollte nicht den Rotstift ansetzen. Man darf sich nicht schon anfangs Gedanken machen, ob dann ein Journalist wie du kommt und mich darüber ausfragt oder nicht. Scheißegal - das überlege ich mir dann, wenn es soweit ist. Wenn der Song sein muss, dann muss er sein und dann muss ich auch mit den Konsequenzen umgehen.

Aber du umschiffst die Antwort, auf die ich eigentlich warte, eh gerade ziemlich gut.
(lacht) Es ist ein schwieriger Song für mich, aber ich wollte ihn unbedingt machen. Es war der letzte, der auf das Album kam und ich habe sogar einen anderen dafür runtergeworfen. Womit manche nicht rechnen, ist die Tatsache, dass ich auch Songs habe, wo es keine Ironie gibt, wie diesen hier.

Was sind denn die schlechten Seiten an dir, mit denen du dich selbst oft schwer tust?
(lacht) Das ist schwierig. Es ist nicht immer einfach, in Beziehungen komplett aufzumachen und ehrlich zu sein. Auch die ganz unangenehmen Dinge anzusprechen oder welche, wo man das Gefühl hat, sie könnten auf Unverständnis stoßen. Wenn es jemanden gibt, der auch das weiß, dann ist es anders. Dann kannst du kaum noch verunsichert werden. Dann wird etwas speziell. Bei „Eskalation“ geht es auch ein bisschen darum, dass man auch ordentlich feiert. Ich habe mich jetzt nie mit Drogen vollgepumpt oder Nächte in Hotelzimmern durchgesoffen, aber auf Tour hauen wir uns natürlich schon gerne ein paar Bier rein. Und das Leben eskaliert auch ein bisschen, wenn man eine Nummer wie „Cordula Grün“ raushaut. Man ist dann emotional überfordert und es passieren Dinge, die nicht passieren sollten. Ich bin mit allem gut umgegangen, was daherkam, aber ich bin nicht fehlerfrei.

Also schon auch ein bisschen der Fluch des Hits?
Fluch würde ich nicht sagen. Ich habe auch keinen Scheiß gebaut in meinem Leben, den ich bereuen müsste. Ich flirte halt gerne und darf das auch. (lacht) Ich musste einfach mein Leben noch ein bisschen sortieren und es passt alles ganz gut. Es waren keine Dinge dabei, die so wären, dass man sie nicht in einer Zeitung schreiben könnte. Ich stehe nicht auf junge Mädels oder solche Dinge, ich finde ältere Frauen spannender. (lacht)

Österreich-Tour
Mit dem neuen Album geht Josh. im Mai auf große Österreich-Tour. Sehen kann man den Hitparadenstürmer am 2. Mai im Grazer Orpheum, am 7. Mai im Wiener WUK, am 9. Mai im VAZ St. Pölten, am 10. Mai im Linzer Posthof und am 17. Mai im Treibhaus Innsbruck. Weitere Infos und Karten erhalten Sie unter www.oeticket.com

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