In der Stadthalle Wien

Dave Matthews Band: Pure Freude am Musizieren

Musik
29.03.2019 00:30

Für leider etwas hagerer Kulisse zeigte die Dave Matthews Band Donnerstagabend in der Wiener Stadthalle, was musikalische Offenheit und unbeändige Spielfreude bedeuten. Die US-Erfolgstruppe betrieb mehr als zweieinhalb Stunden lang, warum man in der Heimat seit Dekaden die Bühnen dominiert.

(Bild: kmm)

Das Schicksal von Robbie Williams ist leidlich bekannt. In Europa - und da speziell in seiner Heimat England und, ja, in Österreich - ist der geborene Entertainer ein Superstar, der mühelos die größten Hallen und Stadien füllt, in seiner Wahlheimat USA kann er unerkannt am Santa Monica Pier spazieren und muss froh sein, dass sich eine vierstellige Anzahl an Besuchern zu seinen Auftritten verirrt. Umgekehrt geht es Dave Matthews und seiner kongenialen Band voller Vollblutmusiker. In der amerikanischen Heimat landeten die letzten sieben (!) Studioalben auf Platz eins der renommierten Billboard-Charts, Gold- und Platinauszeichnungen haben nicht einmal mehr in der Privatvilla Platz und die größten Hallen platzen aus allen Nähten. Wenn die Dave Matthews Band aber alle heiligen Zeiten einmal die beschwerliche Reise nach Übersee antritt, dann können, wie einst im Wilden Westen, schon mal die Sträucher durch die Halle wehen.

Grenzenverschiebung
Beim ersten Österreich-Auftritt seit neun langen Jahren muss die Wiener Stadthalle jedenfalls bis an ihre Grenzen abgehängt werden. Die übriggebliebenen rund 3.000 Zuseher lassen sich davon aber ebenso wenig beirren wie die Band selbst. Die ist nämlich weniger hierzulande, aber umso mehr in ihrer Heimat dafür bekannt, die Grenzen der Spielfreude im Livekontext bis ins Unendliche zu verschieben. Dass die Truppe in ihrer Heimat Kaliber wie Carlos Santana oder Neil Young mal eben als Gäste auf die Bühne holt oder mit großen Fans wie Hollywoodschauspielerin Julia Roberts in Musikvideos aufwarten kann, wundert niemanden besonders. Vielleicht ist es aber auch diese ungewohnte „Inkognito-Rolle“, die Matthews und Co. an diesem Abend besonders beflügelt.

Ausufernde Livemanifeste von über drei Stunden oder mehr sind keine Seltenheit, mehr als zweieinhalb sollten es schlussendlich auch in Wien werden. Ein paar wenige Lichteffekte und eine große Videowall zur besseren Sicht reichen als Gimmicks völlig. Alberne Kostümierungen oder budgetverschlingende Pyrostafetten wären bei einer derart bodenständigen Musik auch kontraproduktiv. Die Musik dient als oberstes Gut und lässt sich nicht kategorisieren. Blues, Jazz, Rock, Folk, Funk-Anleihen und ein steter Hang zum Pop halten sich die Waage. Es ist das Zelebrieren einer grenzenlosen, kunterbunten Welt, die sich vor allem aus Jamsession-artigen Soli und wohldosierten Improvisationseinlagen definiert. Die Spielfreude ist trotz einer langen und beschwerlichen Tour zu jeder Zeit ersichtlich, besonders souverän agieren neben dem Bandleader Saxofonist Jeff Coffin, der den Rhythmusteppich auslegende Bassist Stefan Lessard und Drummer Carter Beauford, der stets die richtige Dosis zwischen songdienlichen und aktiv voranschreitenden Spiel findet.

Ausufernd
Bis zu 20 Minuten oder mehr ziehen sich manche Songs, ohne auch nur eine Sekunde an Spannung einzubüßen. Die neuen Nummern des letztjährigen Erfolgswerks „Come Tomorrow“ schließen sich dabei grandios an Klassiker wie „Stay (Wasting Time)“ oder das unerwartet früh gespielte „Crash Into Me“ an. Beim famosen Peter-Gabriel-Cover „Sledgehammer“ zeigt Matthew das erste von mehreren Malen, wie vielseitig und eindringlich er sein Stimmtimbre einsetzen kann. Kleine Pannen wie In-Ear-Probleme werden einfach weggelacht. Nicht immer waren die Zeiten innerhalb der Band in den letzten Jahren so zwanglos und unbeschwert. Die 2019er-Form des Septetts ist schlichtweg beeindruckend und im Laufe des Sets schaffen es die Musiker mühelos, ausnahmslos jeden Besucher in den Sog ihres ureigenen Sounds zu ziehen. Schade, wie viele Europäer derart Episches verpassen.

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