Olympia-Tragödie

Rodler im Training gestorben ++ Start nach unten verlegt

Olympia
13.02.2010 16:39
Die Olympischen Winterspiele in Vancouver sind wenige Stunden vor ihrer Eröffnung durch einen Todesfall überschattet worden: Der georgische Rodler Nodar Kumaritaschwili erlag am Freitag den Verletzungen, die er sich bei einem Sturz im Abschlusstraining im Eiskanal in Whistler zugezogen hatte. Der 21-Jährige wurde nach einem Fahrfehler in der letzten Kurve mit 144,3 km/h aus der Bahn katapultiert und prallte gegen einen Eisenpfeiler der Bahnüberdachung. Als erste Konsequenz wurde am Samstag beschlossen, den Start für die Herren weiter nach unten zu verlegen.

Kumaritaschwili war zunächst an Ort und Stelle ärztlich versorgt worden, man versuchte ihn zu reanimieren. Doch vergeblich, der Athlet starb nach der Einlieferung ins Spital. Das Training wurde sofort nach dem Unfall abgebrochen.

Team entschied sich für Teilnahme
"Das Unfassbare ist passiert. Jetzt müssen wir alle diese Nachricht erst einmal verarbeiten", sagte ÖRV-Cheftrainer Rene Friedl mit Tränen in den Augen nach der Mannschaftsführersitzung, an deren Ende die Nachricht vom Tod des Georgiers bekannt wurde. Das geschockte georgische Team überlegte unmittelbar nach der Tragödie einen Rückzug von den Spielen, entschied sich dann aber doch zur Teilnahme.

"Während der Sommerspiele in Peking hat es einen Einmarsch Russlands in Georgien gegeben und unsere Athleten haben Medaillen gewonnen. Unser Team hat sich nun auch hier entschieden, sich loyal gegenüber dem olympischen Geist zu verhalten, und wird die Winterspiele für ihren verunglückten Kollegen bestreiten", erklärte der georgische Kultur-und Sportminister Nikolos Rurua.

"Er war ein starker Athlet"
Spekulationen, der Sturz sei durch mangelnde Erfahrung von Kumaritaschwili ausgelöst worden, erteilte der Minister eine Absage. "Er war ein starker Athlet und im Training am Donnerstag in seiner Gruppe Elfter. Solche Aussagen sind sehr unfair", erklärte der Politiker. 

Er wünscht sich genaue Untersuchungen über die Umstände, die zum Tod geführt haben. "Uns wurde versprochen, dass alles sehr genau geprüft wird", sagte Rurua. Die kanadischen Behörden nahmen wenige Stunden nach dem Unfall ihre Ermittlungen auf und sperrten das Gelände rund um die Bahn weiträumig ab. Auch der Rodel-Weltverband (FIL) leitete eine Untersuchung ein.

Erster Todesfall in Olympia-Bewerb
Es war der erste Todesfall in einem Olympia-Bewerb bei Winterspielen. Im Vorfeld von Olympischen Spielen hat es bereits zwei Tote gegeben: 1992 in Albertville war bei der Demonstrationssportart Speedski der Schweizer Nicholas Bochatay ums Leben gekommen. Er war bei der Fahrt zum Finale mit einer Pistenraupe kollidiert. 1964 in Innsbruck war der britische Rodler Kazimierz Skrzypezki zwei Wochen vor Beginn der Spiele im Training tödlich verunglückt.

Speed-Weltrekord von Pfister
Diskussionen um die Sicherheit hatte es bereits nach dem Weltcup im Vorjahr und den Trainingswochen im Vorfeld der Spiele gegeben. Der Österreicher Manuel Pfister hatte am Donnerstag im Training mit 154,00 km/h einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord fixiert und damit die Diskussionen neu angefacht. Dem georgischen Athleten wurden die Tücken der Bahn im zweiten Lauf des Tages zum Verhängnis. Die Veranstalter haben Untersuchungen über die Gründe des Unfalls eingeleitet.

Stahlträger völlig ungesichert
Dass es in der letzten Kurve zu Schwierigkeiten kommen kann, war bekannt. Zuvor war der zweifache Olympiasieger Armin Zöggeler im ersten Lauf des Abschlusstrainings am Freitag gestürzt, aber unverletzt geblieben. Auch die Tirolerin Nina Reithmayer war dort auf einer Trainingswoche von einem Zwischenfall betroffen, hatte aber Glück. Friedl erklärte, dass an dieser Stelle an der Bahnbegrenzung vor den Winterspielen noch Änderungen vorgenommen worden seien: "Man hat Planken angebracht, aber die waren wohl zu flach." Die Stahlträger, die sich knapp einen halben Meter neben der Bahn befinden, waren völlig ungesichert.

Die Teamführung der Österreicher versuchte, die schwierige Situation gemeinsam mit den Athleten zu verarbeiten. Daniel Pfister hatte den Unfall offenbar im TV vom Start aus mitverfolgt. "Die Bahnen sind so gebaut, dass niemand rausfallen kann. Aber nie gibt es anscheinend nicht", erklärte der ebenfalls tief betroffene ÖRV-Sportdirektor Markus Prock.

Geschwindigkeitsbeschränkungen für künftige Eiskanäle
Schon vor dem Unfall des jungen Georgiers hat der Weltverband Beschränkungen für künftige Projekte beschlossen. Sotschi wollte laut Prock für die Winterspiele 2014 eine noch schnellere Bahn bauen, doch da wurde ein Riegel vorgeschoben. 130 km/h wurden als das Maximum festgeschrieben.

Dies sei allerdings keine Garantie, dass ein Fahrfehler nicht neuerlich fatale Folgen haben könne. "Auch bei 130 km/h kann viel passieren", sagte der zehnfache Rekord-Weltcupsieger. Stürze seien in dieser Sportart nicht ungewöhnlich, man müsse aber die Sicherheitsstandards auf der Bahn auf ein Niveau bringen, dass nach menschlichem Ermessen nichts passieren könne.

Start nach unten verlegt
Nach Kumaritaschwilis Tod haben die Veranstalter mit einer Verkürzung der Bahn reagiert und beschlossen, die Athleten vom Damenstart aus ins Rennen zu schicken. Vor dem Bewerb werden zwei Trainingsläufe vom Damen-Start absolviert. Zudem soll noch darüber entschieden werden, ob die Damen und Doppelsitzer ihre Rennen vom Junioren-Start aus in Angriff nehmen.

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