Vetternwirtschaft

Sarkozy schanzt seinem Sohn (23) lukratives Amt zu

Ausland
13.10.2009 12:59
Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy sieht sich mit dem Vorwurf der krassen Vetternwirtschaft konfrontiert. Sein 23 Jahre alter Sohn Jean soll als Verwaltungsratschef der öffentlichen Gesellschaft EPAD über die Entwicklung des riesigen Pariser Geschäftsviertels La Défense wachen. Der Student wäre dann plötzlich Herr über ein Millionenbudget. Nicht nur in der Hauptstadt regt sich jetzt der Widerstand.

"Das ist das Geburtsprivileg. Das ist, weil er Sarkozy heißt", klagen Parlamentsabgeordnete wie der Sozialist Arnaud Montebourg über die Personalie. In der französischen Bürger- und Menschenrechtserklärung aus dem Jahr 1789 stehe, dass Posten nach Fähigkeiten und Verdiensten vergeben werden sollten. "Worin besteht Jean Sarkozys Verdienst, außer, dass er der Sohn seines Papas ist?", fragte Montebourg.

Nicht das erste Problem mit Sarkozys Sohn
Für den Jusstudenten mit wallendem Haar ist es nicht das erste Mal, dass er wegen seiner ehrgeizigen Karrierepläne unter Beschuss gerät. 2008 ließ er sich in den Generalrat des Départements Hauts-de-Seine wählen (siehe Infobox). Vorausgegangen war ein politischer Putsch gegen etablierte Konservative, bei dem ihn sein Vater unterstützte. Für schlechte Presse sorgte auch die "Motorroller-Affäre": Ein Autofahrer hatte dem jungen Sarkozy vorgeworfen, seinen Wagen 2005 gerammt und anschließend Fahrerflucht begangen zu haben. Der Kläger hatte nach eigenen Angaben das Nummernschild des Motorrollers notiert und erst später herausgefunden, dass es sich um den Sohn des heutigen Präsidenten handelte. Im Prozess um Fahrerflucht wurde der junge Sarkozy freigesprochen (Infobox).

"Die Sarkozys wollen den Geldschrank übernehmen"
Mit dem Spitzenposten bei der Entwicklungsgesellschaft EPAD könnte Sarkozy Junior vor allem wichtige Kontakte in die Geschäftswelt knüpfen. Das Geschäftsviertel La Défense gilt als "Manhattan von Paris". In den zahlreichen Wolkenkratzern sind etwa 2500 Unternehmen angesiedelt, unter ihnen internationale Konzerne wie Areva, EDF, AXA oder die Großbank Société Générale. Die Entwicklungsgesellschaft ist ein öffentliche Einrichtung, in deren Verwaltungsrat hohe Regierungsbeamte und Vertreter der Gemeinden sitzen. Sie ist für den Ausbau des Viertels und die Anwerbung ausländischer Firmen zuständig. Vor seiner Wahl zum Staatspräsidenten war Nicolas Sarkozy selbst zwei Jahre EPAD-Chef.

Einen ersten Schritt in Richtung Aufstieg in den Geldadel machte Jean Sarkozy bereits mit der Wahl seiner Frau: 2008 heiratete er im Pariser Nobelvorort Neuilly-sur-Seine, dessen Bürgermeister sein Vater einmal gewesen war, die Millionenerbin Jessica Sebaoun, deren Familie die Elektronikmarktkette Darty gehört. Sie erwartet mittlerweile ein Kind. Die Sarkozy-Sippe wolle nun offenbar auch noch die Kontrolle über den Geldschrank übernehmen, den La Défense darstelle, kritisierte der sozialistische Politiker Manuel Valls.

"Jean ist möglicherweise talentierter als sein Vater"
Vertreter der bürgerlich-konservativen Regierungspartei UMP versuchten am Montag, die Aufregung um ihr aufstrebendes Jungmitglied ein wenig zu dämpfen. Es sei sein "gutes Recht", sich auf den Posten wählen zu lassen, sagte UMP-Generalsekretär Xavier Bertrand. Sarkozy-Freund Patrick de Balkany erklärte, das Ganze habe nichts mit dem prominenten Vater zu tun. Jean Sarkozy habe das Talent für den Job, sagte der Politiker. "Ich kannte Nicolas Sarkozy mit 22 Jahren, er hatte damals bereits viel Talent." Jean Sarkozy sei aber "möglicherweise noch talentierter".

Auch der Sarkozy-nahe Premierminister Francois Fillon stellte sich am Dienstag hinter die Pläne. Der 23-Jährige solle schließlich auf den Posten "gewählt und nicht ernannt" werden. Dass er Sohn des Staatspräsidenten sei, habe nichts damit zu tun. Die Wahl des Verwaltungsrats am 4. Dezember gilt jedoch nur als Formsache.

"Was ich auch sage, was ich auch mache, ich werde immer kritisiert werden", sagte Jean Sarkozy der Zeitung "Le Parisien" (Dienstag). "Ich bin aber sehr entschlossen, sehr motiviert und ich beobachte, dass vor allem die Linke auf mich schießt. Das sind sehr parteiische Angriffe." Dabei werde schnell vergessen, dass er ein seit zwei Jahren gewählter Kommunalpolitiker sei, sagte der Jusstudent. Nur weil sein Vater Präsident sei, wolle er nicht auf seine eigene politische Karriere verzichten. "Was soll ich denn machen? Ins Exil gehen?" Sein Jusstudium bleibe derzeit hinter seinen politischen Ambitionen zurück. "Es ist nicht einfach, alles unter einen Hut zu bekommen, aber mein Beruf hat Vorrang", sagte er.

Hohn und Spott vom Ex-Premier
Der ehemalige sozialistische Premierminister (1984-86) Laurent Fabius hat hingegen für die Nominierung nur Spott übrig: "Ich höre viel Kritik und würde Jean Sarkozy gerne verteidigen", sagte der 63-Jährige, einstmals jüngster Regierungschef in der Geschichte des Landes. Für eines der größten Geschäftsviertel Europas brauche man einen "exzellenten Juristen" und jemanden, der sich in der Wirtschaft sehr gut auskenne. Mit seinen zwei Jahren Rechtsstudium sei Sarkozy Junior da ein "ganz, ganz starker Kandidat."

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