"Sehr geiles Match"

Köllerer trotz US-Open-Pleite Held des Publikums

Sport
07.09.2009 14:11
Daniel Köllerer ist beim US Open in der Nacht von Sonntag auf Montag wie erwartet in der dritten Runde gegen den Weltranglisten-Sechsten Juan Martin del Potro ausgeschieden. Nach 2:37 Stunden hieß es 6:1, 3:6, 6:3, 6:3 für den Argentinier, der in der Runde zuvor auch Jürgen Melzer ausgeschaltet hatte. Absolut überraschend war jedoch die Art und Weise, auf die sich Köllerer im Louis-Armstrong-Stadion in Flushing Meadows präsentierte. Der Tennis-Bad-Boy, der sonst eher mit Pfiffen und Buh-Rufen bedacht wird, riss mit positiven Emotionen das Publikum nämlich förmlich mit und erntete dafür sogar Standing Ovations.

"Das ganze Match war natürlich sehr geil. Bis auf den ersten Satz, den habe ich schon gestrichen jetzt, aber die Sätze zwei, drei und vier waren auch vom Publikum her super", meinte Köllerer, der zugab, vor dem Match und eben auch im ersten Satz sehr nervös gewesen zu sein. "Da war ich so steif." Und Del Potro erwischte diesmal auch einen starken Auftakt.

Dass Köllerer am Ende als Vier-Satz-Verlierer vom Platz ging, der Del Potro durchaus auch fordern konnte, überraschte ihn selbst ein wenig. "Natürlich bin ich mit Erwartungen reingegangen, dass ich ihm Paroli biete, aber dass ich ihm einen Satz abnehme und ich wirklich sehr gut mit ihm mitspiele, davon bin ich nicht ausgegangen", sagte Köllerer lächelnd. "Der ist nicht umsonst Nummer sechs und hat auch den Jürgen Melzer in der Runde zuvor in drei Sätzen geschlagen. Ich bin sehr glücklich über das Match."

Del Potro: "Man weiß, was er nach dem Punkt macht" 
Del Potro war durchaus auch ein wenig von der Rolle, auch weil Köllerer das Publikum immer mehr ins Spiel brachte und sich daran auch aufbaute. "Es ist schwierig, gegen Köllerer zu spielen, weil man nie weiß, was er nach dem Punkt macht." Er sei aber konzentriert geblieben. "Manchmal war ich nervös und habe den Druck gespürt, aber dann habe ich einen guten Job gemacht", meinte der Argentinier, der heuer auch einer der Topstars der Bank-Austria-Trophy in der Wiener Stadthalle sein wird.

Standing Ovations für Hechtrolle
Für "Showman" Köllerer, der die große Kulisse ganz offensichtlich genoss, war der Ballwechsel des Tages eine besondere Genugtuung: Aus einer Hechtrolle heraus spielte er einen Lob, der auch hinter Del Potro im Feld landete, Köllerer stürmte ans Netz und vollierte ab. "Beim Volley war ich ein bisserl mehr shaky als beim Lob: Wenn ich den verhaut hätte, hätte ich, glaube ich, den Schläger gefressen. Das war ein unglaublicher Punkt."

Er wurde dafür mit Standing Ovations belohnt, Köllerer bedankte sich beim Publikum, indem er ein Knie beugte und seine Kappe zog. Es habe den Leuten gefallen, dass er bis zum Schluss gekämpft habe. "Man hat auch gesehen, dass ich mit dem Publikum gespielt habe, es aufgestachelt habe, mich zu unterstützen. Ich glaube, dass ich auch sehr viel zurückgegeben habe."

Seltenes Verlierinterview
Die Performance des 26-jährigen Oberösterreichers, der erst sein drittes Major-Turnier im Hauptbewerb überhaupt spielte, wurde auch mit einer Besonderheit gewürdigt. Köllerer wurde als Verlierer der Partie noch auf dem Platz interviewt. "Das war für mich auch überraschend, als ich gefragt wurde. Anscheinend bin ich wirklich der, der sehr polarisiert."

Leise Hoffnung für die Zukunft
Einerseits unterschätzt er sich selbst gerne, hatte sich nicht einmal den Sieg über Pablo Cuevas in der zweiten Runde zugetraut. "Andererseits bin ich mit solchen Matches auch nicht hundertprozentig zufrieden, denn die Aufschlagleistung war ein Skandal. Mit Vorhand und Rückhand habe ich weit nicht so viel Druck gemacht wie in den ersten beiden Runden." Am Ende war er aber überglücklich über seine gesamte Performance bei den US Open. "Das gibt mir extremen Auftrieb für die Zukunft."

Mit dem "Heißsporn" geht es jedenfalls nicht nur in der Weltrangliste aufwärts, sondern auch in Sachen Persönlichkeitsentwicklung. "Es ist immer noch nicht perfekt, aber es wird besser. Manchmal muss ich einfach laut herausschreien, sonst würde ich explodieren - und das wäre ja ein schönes Schlamassel auf dem Court."

Alle Österreicher im Einzel ausgeschieden
Mit Köllerer sind alle Österreicher im Einzel ausgeschieden. Das Damen-Trio Sybille Bammer, Patricia Mayr und Yvonne Meusburger hatte in der ersten, Melzer in der zweiten Runde verloren.

Clijsters schlägt Williams
Comeback-Mama Kim Clijsters hat am Sonntag das Viertelfinale erreicht. Sie rang die als Nummer drei gesetzte Wimbledon-Finalistin Venus Williams nach 1:42 Stunden und skurrilem Match mit 6:0, 0:6, 6:4 nieder und spielt nun gegen die Chinesin Li Na. Venus Williams zog den Hut vor der Leistung von Clijsters, die nach über zwei Jahren Absenz und als Mutter der 18 Monate alten Jada auf die Tour zurückgekehrt ist. "Sie hat so gut gespielt. Sie war wirklich so beständig und doch aggressiv zur rechten Zeit", lobte Williams, die der topgesetzten Dinara Safina und der Nummer vier, Jelena Dementjewa, ins vorzeitige Aus in Flushing Meadows folgte. Nur ihre Schwester und Titelverteidigerin Serena ist von den Top 4 noch im Bewerb.

Am etwas verrückten siebenten Tag schrieb auch Flavia Pennetta, die Nummer zehn der Welt, eine tolle Geschichte. Nicht weniger als insgesamt sechs Matchbälle, fünf davon mit Winnern (!), wehrte die kampfstarke Italienerin gegen Wera Swonarewa ab, ehe sie den 81 Minuten dauernden zweiten Satz mit 7:6(6) für sich entschied. Pennetta siegte 3:6, 7:6, 6:0.

Achtelfinali der Herren komplett
Bei den Herren boten die Titelanwärter Andy Murray und Rafael Nadal zwei recht unterschiedliche Leistungen. Murray überrollte den US-Amerikaner Taylor Dent in der Nightsession. Nach dem 6:3, 6:2, 6:2 ist das Achtelfinale bei den Herren komplett, Murray trifft nun auf Marin Cilic aus Kroatien. Nadal gewann gegen seinen Landsmann Nicolas Almagro (ESP-32) 7:5, 6:4, 6:4, vermochte dabei jedoch nicht zu überzeugen. Vier Wochen nach der Rückkehr auf die Tennis-Tour, die er wegen einer Knieverletzung nach der ersten Niederlage bei den French Open verlassen hatte, ist Nadal noch weit entfernt von der Konstanz früherer Tage. Weiter gekommen sind am Sonntag auch die charismatischen Franzosen Jo-Wilfried Tsonga und Gael Monfils.

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