Lippenbekenntnisse

“Küss mich bitte!”: Der beste Freund als Lover

Kino
16.09.2008 16:44
Der Kuss. Jener von Klimt etwa: ornamentales Zueinanderfinden zweier Münder, die innig miteinander verschmelzen. Definiert sich die Sprache des Begehrens nicht zuallererst über dieses eine sehnsuchtsvolle Lippenbekenntnis? Gehauchtes Verlangen, das nach mehr schmeckt. Lippen, auf denen die Innigkeit des Moments träumt. Und sinnlich-atemlose Liebesbezeugung. Prostituierte küssen nicht, lässt sich doch diese zarte Intimität nicht kaufen. Bleibt die Frage: Gibt es folgenlose Küsse zwischen Mann und Frau?

Kein Kuss ist unschuldig, meint Regisseur Emmanuel Mouret, dessen leichtfüßig-filmische Parabel „Un baiser s’il vous plaît - Küss mich bitte!“ über die unvermeidlichen Konsequenzen eines Kusses auf höchst amüsante Weise nachsinnt, wie auch über die wundersamen Fallstricke gewagter Nähe...

Das Wagnis Kuss verbindet hier gleich zwei Paare: Emilie, Pariserin auf Dienstreise in Nantes, und Gabriel. Und Julie, glücklich verheiratet, und Nicolas. Die einen bringt der Zufall zusammen. Die anderen beiden sind Freunde schon ein Leben lang. Und während Emilie und Gabriel, beide gebunden, noch mit der verführerischen Möglichkeit eines Kusses kokettieren, Krönung inniger Momente voller Sympathie, erzählt uns der Film, was Julie und Nicolas widerfahren ist, nachdem sie den schlafenden Löwen Sehnsucht mit einem Kuss geweckt hatten. Denn was für Nicolas nur als „Erotik-Kur“ nach einer gescheiterten Beziehung gedacht war, nämlich Sex mit der besten Freundin, entpuppt sich als „Maladie d’Amour“ mit all ihren Nebenwirkungen, die die Leichtigkeit des Seins urplötzlich verkomplizieren...

Ein Hauch von Woody Allen
Ein lehrreicher Film, raffiniert-unkonventionell, der Woody Allen’sches Gefühlstohuwabohu auf Eric Rohmer’sches Herzklopfen à la française treffen lässt. Womit sich Emmanuel Mouret einmal mehr als feinfühliger und talentierter Filmemacher  („Changement d’Adresse“) etabliert. Julie Gayet und Michaël Cohen geben das Paar in Nantes, das sich schließlich in einem Hotelzimmer wiederfindet, Virginie Ledoyen und der Regisseur selbst spielen Julie und Nicolas.

Virginie Ledoyen, bezauberndes Schauspieltalent aus Paris, ganz rehäugig-zierliche Brünette, und rund fünf Jahre lang Ambassadrice in Sachen Schönheit für den Kosmetik-Giganten L’Oréal Paris, ist aufmerksamen Kinobesuchern vor allem durch drei sehr unterschiedliche Rollen in Erinnerung: als versnobt-bourgeoises Töchterchen aus reichem Haus in Claude Chabrols „Biester“, als kesses Nesthäkchen in François Ozons „8 Frauen“ und als hübsches Strandgut an der Seite von Leonardo DiCaprio in „The Beach“.

Ledoyen: „Ein Kuss ist eine Liebeserklärung“
Madame Ledoyen, un baiser, c’est quoi pour vous - was ist für Sie ein Kuss? V. Ledoyen: „Ein Kuss ist Hingabe. Ein Bekenntnis. Eine Liebeserklärung. Und ich sage das, obwohl wir Franzosen uns durch den Tag küssen. Doch diese auf die Wangen gehauchten Küsschen sind nur Begrüßungsritual. Anders als ein Kuss, dem Begehren vorauseilt,  es sogar entzündet…“

Ihr erster Kuss? V. Ledoyen: „Mit 14! Mon dieu, quelle catastrophe - was für ein Desaster! Ich hätte meinem kleinen Freund vor Schreck fast die Zunge abgebissen Erst sehr viel später habe ich begriffen: Küsse lügen nie! Und darum küsse ich jetzt gern. Man kann einen Orgasmus vortäuschen, nicht aber die Zärtlichkeit eines Kusses.“

Wer sich schmecken kann, will sich auch spüren
Ist der Kuss also „Startsignal“ für eine Amour fou? V. Ledoyen: „Im besten Fall: ja. Wer sich schmecken kann, will sich auch spüren.“ In Mourets Liebeskomödie „Küss mich bitte!“ finden Menschen zueinander, die eigentlich nicht frei sind… V. Ledoyen: „Für mich wird erst durch einen Kuss Ernst aus einem Flirt. Meine sechsjährige Tochter sieht das noch viel strenger. Die fragt momentan jedes küssende Paar auf der Straße: Sind Sie auch verheiratet? Also, von mir hat sie das nicht!“ („Küss mich bitte!“, ab 19. September im Kino)

Christina Krisch, Kronen Zeitung

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