Obdachlosenmord

Robert A.: “Da hab ich das Gehirn gesehen…”

Österreich
04.09.2008 22:30
Im Wiener Landesgericht fand am Donnerstag der Prozess gegen den 20-jährigen Robert A. (Foto) statt, der im August 2007 in einer Notschlafstelle in Wien den 49 Jahre alten Josef S. mit einer Hantel erschlagen und dann aufgeschlitzt hat. Der gebürtige Deutsche musste sich nicht wegen Mordes verantworten, weil er zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig war. Das (noch nicht rechtskräftige) Urteil: Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Der Prozess stand von Mittag an bis zum Ende um ca. 14 Uhr mehrmals am Rande des Abbruchs. Allerdings nicht wegen der grausigen Schilderungen des Angeklagten, sondern wegen des unterträglichen Lärmpegels. Nebenan warfen Arbeiter gerade Mauern um.

"Ich wollte ihm eine Tracht Prügel verpassen", schilderte Robert A. die Tat am Vormittag - als es noch ruhig war - den Geschworenen. S. habe ihn bestohlen, er sei deshalb wütend geworden. Stundenlang, fast die ganze Nacht habe er den Mann geschlagen, getreten, sei ihm auf den Hals gesprungen, "bis er fast erstickt wäre". Als er ihn am nächsten Morgen wachrütteln wollte, sei der Mann tot in seinem Bett gelegen. "Ich hab' den Puls gemessen. Da war nix. Da bin ich neugierig geworden, wie ein Mensch von innen ausschaut, von den Farben her, von den Organen her, ob das so ist, wie ich es in der Schule gelernt habe", erklärte der junge Mann.

"Da habe ich das Gehirn gesehen..."
Daher habe er dem Leblosen mit einer Hantel den Schädel eingeschlagen: "Da habe ich das Gehirn gesehen und habe es mit der Hand rausgenommen." Anschließend habe er dieses auf einem Teller abgelegt: "Wo sollte ich es sonst hingeben? Ich wollte es konservieren." Auch eine Schere sei im Spiel gewesen, "weil die Häute im Gehirn waren ganz angespannt". Danach habe er die Leiche "von der Brust bis zum Bauch aufgeschnitten", um auch die Organe sehen zu können: "Ich hab' die Farben angeschaut." Der 20-Jährige entnahm dem Toten auch mehrere Zähne, die er als "Glücksbringer" auf einem Fernsehgerät platzierte.

Unglaublicher Baulärm im Gerichtssaal
Der schwergewichtige Deutsche, der der schlanken Gestalt vom Fahndungsfoto überhaupt nicht mehr ähnlich sieht, saß friedlich auf der Anklagebank und wirkte wie ein gezähmter Bär, während er die unfassbare Tat schilderte. Umso lauter machten sich ab Mittag allerdings Bauarbeiter bemerkbar, die im nebenan Stemmarbeiten durchführten und im Saal 203 einen unerträglich hohen Lärmpegel schufen. Der 20-Jährige war teilweise nicht zu verstehen - was vor allem aus der Sicht der Geschworenen bedenklich ist. „Sie müssen bitte deutlicher reden und langsamer!“, schrie Richterin Michaela Sanda gegen die Baumaschinen an. Sie schickte dann eine Praktikantin los, die den Lärm eindämmen sollte.

Während die junge Juristin durchs Landesgericht irrte, heulten die Maschinen immer lauter auf, so dass die Richterin schließlich zum Telefonhörer griff und die Geschäftsstelle anrief. Sie könne so unmöglich weiterverhandeln. Wenig später läutete der Apparat am Richtertisch. Amtsdirektor Herbert Gneist beschied der Richterin, die Bundesgebäudeverwaltung führe im Bereich des Landesgerichtlichen Gefangenenhauses unaufschiebbare Stemmarbeiten durch. Eine Einstellung dieser wäre nicht möglich, da dies zusätzliche Kosten verursachen würde. "Eine Abberaumung einer Schwurgerichtsverhandlung würde ebenfalls hohe Kosten verursachen", bemerkte die Richterin trotzig. Die Geschäftsstelle hielt daraufhin Rücksprache mit der Leitung der Justizanstalt. Von dort verlautete schließlich, die Küche werde gerade fertiggestellt. Man sei schon im Verzug, die Arbeiten müssten fortgesetzt werden. Darauf kapitulierte die Richterin und setzte das Verfahren, das gegen 14 Uhr zu Ende war, dann doch fort.

"Geistige Abartigkeit höheren Grades"
Der 20-Jährige leidet an einer ausgeprägten Schizophrenie. "Wegen dieser geistigen Abartigkeit höheren Grades war er zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig", unterrichtete Staatsanwalt Christian Mayer die Geschworenen. Ein psychologisches Gutachten hatte das schon vor einem Monat bestätigt. Die Anklage lautete aufgrund dieses Schuldausschließungsgrundes nicht auf Mord. Mayer beantragte daher die Einweisung des gebürtigen Deutschen in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Im Gutachten heißt es unter anderem, dass der junge Mann, der „ohne entsprechende therapeutische und medikamentöse Maßnahmen unter dem Einfluss seiner Abartigkeit neuerlich eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen könnte“.

Kein "Kannibalen-Mord"
Der Verdacht des Kannibalismus, der nicht zuletzt auch durch die Art der Tat geschürt wurde, ließ sich laut dem gerichtsmedizinischen Gutachten - krone.at berichtete - nicht bestätigen. Robert A. hat die Leiche geöffnet, um sie "medizinisch zu untersuchen", aß aber nicht davon. Laut Gerichtsmediziner starb der 49-jährige Obdachlose an einem ausgeprägten Schädel-Hirn-Trauma.

2005 noch "völlig ungefährlich"
Der gebürtige Deutsche leidet seit mehreren Jahren an einer Sonderform der Schizophrenie und wurde mehrfach in Spitälern behandelt. Regelmäßiger Suchtmittelkonsum dürfte sich negativ auf sein Gemüt ausgewirkt haben. Ein Psychiater hatte dem Mann allerdings 2005 völlige Ungefährlichkeit bescheinigt, weshalb damals von einer stationären Behandlung abgesehen worden war.

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