Huber geht

ÖBB-Generaldirektor gibt seinen Rücktritt bekannt

Österreich
21.04.2008 14:16
ÖBB-Generaldirektor Martin Huber hat am Montag endgültig seinen Rücktritt bekannt gegeben. Er habe das Präsidium des Aufsichtsrates darüber informiert, dass er sich am Dienstag aus allen Funktionen innerhalb des ÖBB-Konzerns zurückziehen werde, hieß es in einer Presseerklärung. Nach zahlreichen Vorwürfen gegen das Management in den vergangenen Wochen gehen Beobachter davon aus, dass noch weitere Vorstände das Unternehmen verlassen werden.

Seinen Rücktritt begründete Huber damit, dass sich seine Vorstellungen zur weiteren Umsetzung des Restrukturierungsprozesses - insbesondere in den Bereichen Organisation und Personalmanagement - nicht mit der aktuellen Linie des Aufsichtsrats gedeckt hätten. Außerdem habe "die öffentlichen Diskussionen der vergangenen Wochen und Monate rund um die ÖBB und das Management" seine Arbeit für das Unternehmen "stark belastet", so Huber weiter.

Zuletzt waren auch die Ablöse von Gustav Poschalko (Personen- und Güterverkehr), der im September zurücktreten könnte, und seines Vorstandskollegen für Finanzen, Erich Söllinger, im Gespräch. Sollte auch Söllinger gehen, dürfte der bisherige Finanzvorstand im ÖBB-Personenverkehr, Josef Halbmayr, in die Holding aufrücken, heißt es im ÖBB-Umfeld. Neuer starker Mann als Vorstandssprecher in dem wieder von vier auf zwei Mitglieder verkleinerten Führungsgremium der Bahn soll Peter Klugar werden. Er verantwortet bisher im Holding-Vorstand den Infrastruktur-Bereich.

Beratungen über ÖBB-Finanzspekulationen
Der Aufsichtsrat wird am Dienstag die Bilanz für 2007 beschließen und dabei auch über umstrittene etwas mehr als 600 Millionen Euro schwere Finanzspekulationen der ÖBB in den vergangenen Jahren beraten, die einen Rückstellungsbedarf von in Summe über 230 Millionen Euro ausgelöst haben. Der Wirtschaftsberater Deloitte & Touche hat die Spekulationsgeschäfte geprüft und soll in seinem 300-seitigen Prüfbericht laut Medienberichten schwere Vorwürfe erhoben haben. Vor allem sollen die riskanten Spekulationsgeschäfte ohne Vorstandsbeschluss abgeschlossen worden sein und die Aufsichtsräte erst Monate später zum ersten Mal von dem Deal mit der Deutschen Bank erfahren haben.

Martin Huber wird außerdem ein privates Immobiliengeschäft zur Last gelegt. Über einen Wirtschaftstreuhänder soll er gemeinsam mit seiner Frau 2006 von der Telekom Austria um 5,8 Millionen Euro eine Immobilie in der Wiener Innenstadt am Schillerplatz 4 erworben und heuer für 11 bis 12 Millionen Euro an die Immobilienfirma Seeste weiterverkauft haben. Die Seeste ist einer der größten Geschäftspartner der ÖBB am künftigen Hauptbahnhof-Gelände beim heutigen Südbahnhof. Arbeitsrechtlerin Sieglinde Gahleitner hat für den Aufsichtsrat die Vorgänge auf Vereinbarkeit geprüft. Auch wenn das Geschäft rechtlich unproblematisch gewesen sein soll, hatten Aufsichtsräte in den vergangenen Wochen wiederholt die Optik kritisiert.

ÖBB-Chef verweist auf Erfolgsbilanz
Huber selbst verwies am Montag auf die Erfolgsbilanz der ÖBB in den vergangenen Jahren. In seiner Zeit habe "die größte Modernisierungswelle im Bereich Personenverkehr seit Jahrzehnten" stattgefunden. 1,1 Milliarden Euro seien in neue Züge im Nahverkehr und 900 Millionen Euro in den Fernverkehr geflossen, etwa in den Ankauf des neuen Railjet. Zahlreiche millionenschwere Bahnhofsprojekt wie Wien Westbahnhof, St. Pölten, Salzburg, Wien Mitte und vor allem der Hauptbahnhof Wien seien endgültig unter Dach und Fach. Und auch sonst seien die Investitionen in den Schienenausbau mit 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro so hoch wie nie.

Außerdem seien die ÖBB heute deutlich produktiver. 6.000 Mitarbeiter weniger würden um rund eine Milliarde Euro mehr als noch 2004 umsetzen. Die Zahl der Fahrgäste sei in der Zeit um 14 Millionen auf 447 Millionen Reisende gestiegen, das Transportvolumen im Güterverkehr um neun Millionen auf 97 Millionen Tonnen. Heuer wolle man im Güterverkehr die 100-Millionen-Tonnen-Marke überspringen, hieß es von Hubers Seite.

Spekulationen über Hubers Abfertigung
Hubers Amtsperiode wäre noch bis zum Herbst 2009 gelaufen, ob er den Vertrag ausbezahlt bekommt, ist noch unklar. Über seine Abfertigung ist in den vergangen Wochen heftig spekuliert worden, verhandelt wurde angeblich zuletzt. Die Rede war von 550.000 Euro bis zu einer Million Euro. Auf wie viel sich Huber und das Aufsichtsratspräsidium letztendlich geeinigt haben, wollte man im Verkehrsministerium und den ÖBB vorerst nicht kommentieren.

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