Zu milde Urteile

Kurz: Härtere Strafen bei Gewaltdelikten

Österreich
05.08.2017 16:50

ÖVP-Chef Sebastian Kurz nimmt sich die Justiz vor: Er fordert härtere Strafen bei Gewaltdelikten, besonders bei Taten gegen Frauen und Kinder. Immer wieder sei es zu milden Urteilen gekommen, so Kurz, es herrsche ein Missverhältnis im Vergleich zu Vermögensdelikten.

Laut einer Studie des Justizministeriums waren 38 Prozent der Frauen und Kinder zumindest einmal mit Gewalt konfrontiert, 75 Prozent der Frauen haben bereits sexuelle Belästigung erlebt. "Oft scheinen die Mindeststrafen zu niedrig, die Höchststrafen nicht angemessen. Das beschäftigt mich schon lange", so ÖVP-Chef Sebastian Kurz.

Brandstetter soll rasch einen Plan vorlegen
Er hat nun Justizminister Wolfgang Brandstetter beauftragt, einen Vorschlag für härtere Strafen zu erarbeiten. "Es wird zeitgerecht fertig. Mir ist das Problem bewusst. Gewaltdelikte richten Schäden an, die mit Geld allein gar nicht gutzumachen sind", so Brandstetter. Schon einmal hat der Justizminister das versucht - "Diese Reform markiert die grundsätzliche Neuorientierung des Strafrechts in Österreich", kündigte er im Jahr 2015 an. Es habe sich auch etwas verändert, aber nur bei den Höchststrafen, so Sebastian Kurz, der auch noch kritisiert, dass die SPÖ damals sehr zurückhaltend gewesen sei.

Auffallend am ganzen System ist jedoch auch, dass das Justizministerium seit Ende 2008 in der Hand der ÖVP ist. Die Frage, warum in all den Jahren nichts passiert ist, beantwortet Sebastian Kurz im Gespräch mit der "Krone" folgendermaßen: "Jetzt bin ich Chef der Volkspartei und als solcher für alle Themen zuständig. Und jetzt will ich das ändern. Die Strafe hat auch die Aufgabe das Unrecht der Tat widerzuspiegeln, wenn das Leben anderer Leute zerstört worden ist."

Und Kurz betont noch, dass dies nicht sein einziges Thema sei, aber ein wichtiges. Die härteren Strafen für Gewaltdelikte werden ein Teil des Wahlprogramms sein, das der ÖVP-Chef im September vorstellen will.

Kommentar: Recht und Gerechtigkeit
Die Diskussion, die Sebastian Kurz nun im Wahlkampf angezettelt hat, ist ebenso wenig neu wie die Forderung, die er aufstellt. Allein: Es hat sich bisher nicht viel getan, und die Debatte ist aktueller denn je.

Wer etwa hat heuer Ende Mai nicht an unserem Justizsystem und der Rechtssprechung gezweifelt? Als der Oberste Gerichtshof das Urteil gegen einen 21-jährigen irakischen Asylwerber, der einen zehnjährigen Buben in einem Hallenbad vergewaltigt hatte, von sieben auf vier Jahre herabgesetzt hatte. Man dürfe das Augenmaß nicht verlieren, lautete die Begründung des Gerichts. Viel zynischer geht es nicht mehr. So, als wäre der Missbrauch eines Kindes ein Kavaliersdelikt, bei dem man schon einmal ein Auge zudrücken könne. Ganz abgesehen von dem Signal, das da an alle potenziellen Täter ausgesandt wird.

Und wo bleibt das Augenmaß oder die Relation, wenn ein Serienvergewaltiger fünf Jahre Haft ausfasst, ein Mann für schwere Körperverletzung an drei Frauen 18 Monate bekommt, davon sechs unbedingt und Vermögensdelikte oft weit strenger geahndet werden? Nein, Mitleid muss man mit Verurteilten wie etwa Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden - drei Jahre Haft, davon ein Jahr unbedingt wegen Beihilfe zur Untreue - oder Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner - neuneinhalb Jahre ohne Bewährung wegen Untreue und Betrug - nicht haben. Aber die Relation stimmt ganz eindeutig nicht. So hat Recht nichts mit Gerechtigkeit zu tun.

Doris Vettermann, Kronen Zeitung

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