Auf CSU-Parteitag

Kurz: “Flüchtlingskrise in Europa nicht gelöst”

Österreich
04.11.2016 16:57

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatte am Freitag die Ehre, auf dem Parteitag der bayrischen CSU eine Gastrede zu halten. Einmal mehr betonte er darin, dass die Flüchtlingskrise in Europa "noch nicht gelöst" sei. Die Politik müsse neben einem besseren Schutz der EU-Außengrenzen endlich klar sagen: "Wer sich illegal auf den Weg nach Europa macht, der wird nicht nach Mitteleuropa durchkommen." "Du hast mit deiner Politik bewiesen, dass du auf einem CSU-Parteitag ein Grußwort sprechen kannst", lobte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer den ÖVP-Politiker.

Kurz forderte in seiner Rede vor Hunderten CSU-Funktionären in München einmal mehr ein deutliches Signal gegen illegale Einwanderung nach Europa. "Aus Italien machen sich weiter Migranten auf den Weg nach Norden. Solange die Rettung im Mittelmeer mit dem Ticket nach Mitteleuropa verbunden ist, werden sich mehr und mehr Menschen auf den Weg machen", warnte Kurz. Die Schlepper würden deshalb weiter viel Geld verdienen, die Zahl der Toten werde nicht sinken. Kurz hatte sich zuletzt nach australischem Vorbild für Anhaltelager für Flüchtlinge auf Inseln im Mittelmeer ausgesprochen.

"Diese Türkei hat keinen Platz in der EU"
Der ÖVP-Politiker erneuerte gleichzeitig den Ruf nach einer Stärkung der gemeinsamen Außenpolitik der EU. Das gelte etwa gegenüber der Türkei und deren Vorgehen gegen angebliche Putschisten. Bei der laufenden Verhaftungswelle von Oppositionspolitikern "dürfen wir nicht wegsehen", sagte Kurz. "Wenn die Opposition mundtot gemacht wird, Journalisten eingesperrt werden oder die Todesstrafe eingeführt wird, hat diese Türkei definitiv keinen Platz in der Europäischen Union", sagte Kurz und erntete dafür Applaus des CSU-Publikums.

"Politischer Islamismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz"
Der ÖVP-Politiker warnte am Parteitag der bayrischen Schwesterpartei auch vor dem Einfluss des Islamismus in Europa. "Politischer Islamismus hat mit Religionsfreiheit nichts zu tun, er ist die Basis für den Terrorismus und hat in unserer Gesellschaft keinen Platz", so Kurz. Er prangerte insbesondere islamistische Kämpfer an, die aus Europa nach Syrien und in den Irak gingen. "Nicht nur dagegen müssen wir militärisch ankämpfen, sondern wir müssen auch gegen den politischen Islamismus in unserem Land polizeilich und ideologisch vorgehen", sagte der Außenminister. "Wenn wir das nicht tun, wird sich unsere Gesellschaft auf eine Art verändern, die wir nicht wollen können."

"Unterstützung aus Bayern war stets da"
Den Gastgebern gratulierte der Außenminister zum Leitantrag gegen den politischen Islam, mit dem er "in vielen Punkten übereinstimme". Als auf Betreiben Österreichs die Westbalkanroute für Flüchtlinge geschlossen wurde, sei er "von fast allen Seiten kritisiert worden", sagte Kurz. Die Unterstützung aus Bayern sei aber stets dagewesen, betonte er und bedankte sich beim bayrischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer.

Seehofer: "Beitrittsprozess mit Türkei stoppen"
Auch Seehofer sprach sich angesichts der Verhaftung von führenden Oppositionspolitikern in der Türkei dafür aus, die EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land zu unterbrechen. "Mit einem solchen Land darf es keine Visafreiheit geben", sagte Seehofer auf dem Parteitag. "Mit einem solchen Land müssen die Verhandlungen zu einem EU-Beitritt mindestens unterbrochen werden." Die türkische Polizei hatte Freitagfrüh die beiden Vorsitzenden der prokurdischen Oppositionspartei HDP festgenommen. Zudem wurde laut Angaben der Partei die Zentrale der zweistärksten Oppositionspartei in der Hauptstadt Ankara durchsucht.

Im Streit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über eine Obergrenze für neu eintreffende Flüchtlinge blieb Seehofer unnachgiebig. "Ich werde in dieser Frage die Seele der CSU nicht verkaufen", sagte er. "Das wird mit mir nicht infrage kommen." Eine solche Obergrenze sei notwendig, um die Integration der Flüchtlinge gewährleisten zu können. "Das ist alles andere als inhuman und unchristlich."

Merkel fehlt am CSU-Parteitag
Der seit mehr als einem Jahr andauernde Streit über die Zuwanderungspolitik zwischen den beiden Schwesterparteien CDU und CSU führte zu einem erstmaligen Fernbleiben von Merkel auf dem CSU-Parteitag. Man wolle kein Schauspiel abgeben, sondern ehrlich mit der Bevölkerung umgehen, begründete Seehofer das Fernbleiben der Kanzlerin im Vorfeld. Man wolle keine Gemeinsamkeit inszenieren, denn in der Zuwanderungsfrage habe man bei Weitem noch keine Einigung.

Streit mit Kanzlerin: Seehofer räumt "Fehler" ein
Seehofer räumte indirekt Fehler im Flüchtlingsstreit mit Merkel ein. Ohne seine Attacke auf die Kanzlerin auf dem CSU-Parteitag vor einem Jahr ausdrücklich zu erwähnen, sagte er, es sei ein "grober politischer Fehler", Konflikte auf offener Bühne auszutragen. "Ich habe da so meine Erfahrungen." Und weiter: "Es ist auch nicht verkehrt, wenn man in höherem Alter klüger wird." Im Vorjahr hatte Seehofer die Kanzlerin nach ihrer Rede als Gast auf dem CSU-Parteitag minutenlang wegen ihrer Flüchtlingspolitik kritisiert.

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