Ukraine-Gespräche

Merkel, Putin und Hollande für neuen Friedensplan

Ausland
07.02.2015 08:42
"Feuerwehraktion" für den Frieden: Im Bemühen um eine Deeskalation im Ukraine-Konflikt soll das vor fünf Monaten vereinbarte und bisher weitgehend ignorierte Friedensabkommen überarbeitet werden. Darauf haben sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatsoberhaupt Francois Hollande und der russische Präsident Wladimir Putin am Freitagabend bei gut fünfstündigen Krisenberatungen in Moskau verständigt. Merkel reist nun am Wochenende in die USA, wo sie am Montag von Präsident Barack Obama empfangen wird.

Merkel und Hollande kamen am Freitagabend in Moskau mit Kremlchef Putin in Moskau zusammen. Es habe Gespräche "von Angesicht zu Angesicht" ohne Delegationsmitglieder und Berater gegeben, die nach etwa fünf Stunden zu Ende gingen, teilte Kremlsprecher Dmitri Peskow mit. Peskow, Merkels Sprecher Steffen Seibert und Regierungskreise in Paris bezeichneten das Treffen in der russischen Hauptstadt übereinstimmend als "konstruktiv".

Laut Seibert wird nun auf Grundlage eines Vorschlags von Merkel und Hollande an einem möglichen gemeinsamen Dokument gearbeitet, das den im September in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbarten Friedensplan umsetzen soll. Dabei fließen demnach Vorschläge Putins und des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko ein. Weitere Details wurden nicht bekannt. Kremlsprecher Peskow zufolge sollen die Friedensbemühungen am Sonntag fortgesetzt werden. Dann soll es ein Telefonat von Merkel, Hollande, Putin und Poroschenko geben.

Der nie umgesetzte Minsker Aktionsplan beinhaltet unter anderem eine Feuerpause zwischen den in der Krisenregion Donbass kämpfenden prorussischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen, den Abzug schwerer Waffen von der Frontlinie und die Schaffung einer entmilitarisierten Zone. Außerdem geht es um den Einsatz von Beobachtern zur Kontrolle der Waffenruhe.

Frieden nur für Donbass-Zugeständnis?
Viele Beobachter in Kiew und Moskau gehen davon aus, dass es einen Frieden in der Ukraine wohl nur geben kann, wenn es für den russisch geprägten Donbass Zugeständnisse gibt. Im Gespräch sind eine Feuerpause mit einer neuen Waffenstillstandslinie sowie Autonomierechte für die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete. Russland fordert zudem direkte Verhandlungen der Separatisten mit Kiew. Poroschenko lehnte das bisher ab.

Merkel hatte kurz vor dem Treffen in Moskau betont, dass sie und Hollande "nicht als neutrale Vermittler" unterwegs seien. "Es geht darum, dass wir unsere Interessen - deutsche, französische, vor allem auch europäische Interessen - einbringen", sagte Merkel in Berlin. "Es geht um Frieden, die europäische Friedensordnung und ihre freie Aufrechterhaltung und die freie Selbstbestimmung von Völkern."

"Blutvergießen möglichst schnell beenden"
Am Donnerstag hatten sich Merkel und Hollande bereits in Kiew mit Poroschenko getroffen. Ziel sei es, das Blutvergießen im Osten der Ukraine "möglichst schnell" zu beenden, sagte Merkel dann vor den Gesprächen im Kreml. Jedoch sei es "völlig offen, ob es uns gelingt, eine Waffenruhe zu erreichen", merkte die Kanzlerin an. Hollande sagte in Paris, dass sich die beiden um eine "einvernehmlich Lösung" in Moskau bemühen wollen.

In Brüssel hieß es am Freitag aus EU-Kreisen, die USA würden mit Waffenlieferungen an Kiew beginnen, sollten Merkel und Hollande in Moskau nichts erreichen. Kiew appelliert an die NATO, moderne Waffen zur Verteidigung zur Verfügung zu stellen. Weitgehend im Zeichen der Ukraine-Krise steht am Samstag die Sicherheitskonferenz in München, zu der neben Merkel, Poroschenko und dem US-Vizepräsidenten Joe Biden auch der russische Außenminister Sergej Lawrow erwartet werden.

McCain: "Waffen an Ukraine, ob Obama will oder nicht"
Der konservative US-Senator John McCain drängt jedenfalls auf sofortige Waffenlieferungen und will sie auch per Gesetz mit der republikanischen Mehrheit im Senat beschließen: "Wir werden Waffen liefern, ob Präsident Barack Obama will oder nicht." McCain richtete auch scharfe Angriffe gegen die deutsche Regierung, die gegen derartige Waffenlieferungen ist: "Wenn man sich die Haltung der deutschen Regierung anschaut, könnte man meinen, sie hat keine Ahnung oder es ist ihr egal, dass Menschen in der Ukraine abgeschlachtet werden."

"Ihr Verhalten erinnert mich an die Politik der 30er-Jahre", verglich der einflussreiche Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im US-Senat Merkels Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine mit der Appeasement-Politik gegenüber Nazi-Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg. Das Verhalten Europas im Ukraine-Konflikt sei für ihn eine riesige Enttäuschung, "aber ich habe nichts anderes erwartet", sagte McCain in einem Interview für die ZDF-Sendung "Berlin direkt", das am Sonntagabend ausgestrahlt werden soll.

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