Farce in Rumänien

Kommunalwahlen mit drastischen Gesetzesverstößen

Ausland
11.06.2012 13:21
Die Kommunalwahlen in Rumänien am Sonntag sind von unzähligen Gesetzesverstößen überschattet worden. Das Innenministerium erhielt nicht weniger als 1.000 Anzeigen wegen Wahlbetrugs, hier vor allem aufgrund finanzieller Bestechung. Beobachter kritisierten zudem die mangelnde Organisation des Urnengangs, in mehreren Regionen kam es auch zu gewalttätigen Zwischenfällen. Unstimmig sind weiters die Angaben zur Anzahl der Wahlberechtigten bzw. der ausgestellten Identitätsausweise.

Bei der Wahl (im Bild ein invalider Stimmberechtigter mit einer mobilen Wahlurne) gewann laut ersten Teilergebnissen die erst seit fünf Wochen regierende "Sozialliberale Union", eine Mitte-Links-Allianz aus Sozialdemokraten und Nationalliberalen. Das Bündnis liegt mit einem deutlichen Ergebnis von landesweit etwa 60 Prozent vor den Liberaldemokraten und der populistischen "Volkspartei" des TV-Magnaten Dan Diaconescu.

Strafrechtliche Verfolgungen wegen Bestechung
Das Innenministerium teilte am Montag mit, etwa 1.000 Anzeigen wegen Wahlbetrugs erhalten zu haben – bisher wurden 345 davon bestätigt. Laut einem Ministeriumssprecher fanden die meisten Zwischenfälle in den Städten statt und betrafen vor allem finanzielle Bestechung. Wegen 142 Vorfällen würden derzeit insgesamt 156 Personen strafrechtlich verfolgt. In etwa 100 Fällen wiederum sei die Wahlkampagne über den erlaubten Zeitpunkt hinaus fortgeführt worden. Beim Zentralen Wahlbüro gingen für vier Ortschaften sogar Anträge auf eine völlige Annullierung des Urnengangs ein.

Die meisten Anzeigen - 188 - erfolgten in der Hauptstadt Bukarest. In der südrumänischen Stadt Buzau wurde infolge von 63 Anzeigen wegen Wahlbetrugs und zahlreichen Zwischenfällen während der Wahlkampagne der Polizeichef entlassen. Innenminister Ioan Rus erklärte, dass es in mehreren Regionen Fälle gegeben habe, in denen "sich die Lokalpolizei eher als private Wahlkampfagentur des jeweiligen Bürgermeisters aufführte". In Mures in Zentralrumänien führte dies zu einer strafrechtlichen Ermittlung gegen den Chef der Lokalpolizei.

In Bukarest wiederum soll Robert Negoita von der "Sozialliberalen Union", der künftige Bezirksobmann des sechsten Bezirks, über sein Eilbotenunternehmen Sachgeschenke an Wähler verschickt haben. In Navodari an der Schwarzmeerküste wird der sozialdemokratische Vizebürgermeister Florin Chelaru von seinen Gegnern beschuldigt, "alle Mitglieder der Wahllokale" bestochen zu haben.

Bürgermeister-Haus angezündet, Wahlurnen zerstört
Im südrumänischen Balciulesti wurde ein Mann festgenommen, weil er das Haus des Bürgermeisters in Brand gesteckt hatte. In der südostrumänischen Ortschaft Curcani zerstörte ein Kandidat drei Stimmzettelurnen, was zu einer fünfstündigen Schließung des Wahllokals führte. In der zentralen Stadt Petrila steckte sich gar ein Mann in einem Wahllokal selbst in Brand. Und im westrumänischen Arad wurde eine Frau verhaftet, weil sie an die Wähler Pakete mit zwei Flaschen alkoholischen Inhalts verteilt hatte.

Der Verein Pro Democratia, der 2.000 Beobachter mobilisiert hatte, kritisierte am Montag in einer Pressemitteilung die mangelhafte Einschulung des Personals in den Wahllokalen, von Parteien organisierte Transporte der Bürger zu den Wahllokalen sowie die Einschränkung oder Versperrung des Zugangs für unabhängige Beobachter. "Besonders besorgniserregend" seien demnach die Fälle, in denen den Wählern bereits abgestempelte Stimmzettel ausgehändigt worden sind.

Großes Rätselraten über Anzahl der Wahlberechtigten
Weiters konnte die rumänische Tageszeitung "Ziarul Financiar" nachweisen, dass auf den Wahllisten 18,3 Millionen Rumänen eingetragen sind, jedoch nur 15,6 Millionen Personen einen Ausweis besitzen, der sie zu einer Stimmabgabe berechtigt.

Wie das Blatt in diesem Zusammenhang schrieb, würden die vorläufigen Ergebnisse der Volkszählung von 2011 zeigen, dass die Gesamtbevölkerung des Landes in den letzten Jahren um 2,6 Millionen auf insgesamt 19 Millionen Bürger geschrumpft ist. Laut "Ziarul Financiar" vermöge aber auch die Tatsache, dass über zwei Millionen Rumänen im Ausland arbeiten und sich eventuell amtlich umgemeldet haben, die Diskrepanz zwischen den beiden Ziffern nicht ausreichend zu erklären.

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