Explosionen, Schüsse

Brüssel: Mann mit Sprengstoff bei Razzia verhaftet

Ausland
25.03.2016 18:41

Wieder Terroralarm in Brüssel: Während einer Razzia im Stadtteil Schaerbeek kam es am Freitag zu zwei Explosionen, auch Schüsse waren zu hören. Ein Mann sei verletzt und festgenommen worden. Nach Informationen des Senders RTBF hatte der Verdächtige einen Rucksack oder einen Koffer mit Sprengstoff dabei. Bei der Razzia habe es drei Explosionen gegeben, berichtete der Sender. Noch während der Einsatz im Gange war, wurde eine U-Bahn-Station in der Nähe evakuiert. Wenig später wurde Entwarnung gegeben.

Am Einsatzort in Schaerbeek wurde die Umgebung abgeriegelt, schwer bewaffnete und maskierte Einsatzkräfte sowie Armeefahrzeuge waren nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga im Einsatz. Eine Straßenbahn wurde evakuiert, ein Entminungsroboter war ebenfalls vor Ort.

Die Polizei habe die Anrainer aufgefordert, in ihren Wohnungen zu bleiben. Der Sender RTL berichtete unter Berufung auf einen Augenzeugen, die Polizei habe eine Person an einer Bushaltestelle aufgefordert, ihre Jacke auszuziehen. "Sie wollten ohne Zweifel überprüfen, ob die Person einen Sprengstoffgürtel trug."

Ein Korrespondent des britischen Nachrichtensenders BBC filmte von einem Fenster aus die Festnahme in Schaerbeek und postete das Video auf Twitter:

Ein anderer Augenzeuge filmte den "neutralisierten" Verdächtigen und den Sprengstoffroboter:

Unklar ist der Zusammenhang der Razzia mit anderen Anschlägen bzw. Anschlagsplänen. Nach Angaben des Schaerbeeker Bürgermeisters Bernard Clerfayt steht der Verdächtige im Zusammenhang mit den Attentaten von Brüssel. Die belgische Staatsanwaltschaft dementierte dies gegenüber der belgischen Zeitung "Le Soir" jedoch. Der Sender RTBF ergänzte, dass der Einsatz in Schaerbeek mit der Polizeiaktion vom Donnerstagabend im französischen Argenteuil zusammenhängen könnte. Dort hatten Beamte eine Wohnung durchsucht und einen Verdächtigen festgenommen.

Fotos von weiteren Razzien am Donnerstag:

Suche nach Verdächtigen geht weiter
In der Nacht auf Freitag hatte es bereits Razzien unter anderem in Schaerbeek gegeben, bei denen sechs Verdächtige festgenommen worden waren. Die Einsätze sollen in Verbindung mit den Anschlägen am Brüsseler Flughafen sowie in einer U-Bahn-Station gestanden sein, bei denen insgesamt 31 Menschen ums Leben gekommen und rund 300 weitere verletzt worden worden. In der Brüsseler Gemeinde Forest nahmen Ermittler RTBF zufolge Freitagfrüh einen weiteren Verdächtigen fest. Von den festgenommenen Personen wurden laut Staatsanwaltschaft am Freitag drei wieder freigelassen.

Außerdem bestätigte die Ermittlungsbehörde, dass der zweite U-Bahn-Attentäter Najim Laachraoui war. Der 24-Jährige war auf Bildern einer Überwachungskamera ganz links zu sehen (siehe Bild unten). Er gilt als Komplize des am vergangenen Freitag in Brüssel im Zusammenhang mit der Pariser Terrorserie vom November des Vorjahres festgenommenen Salah Abdeslam.

Laachraoui war im Februar 2013 in den syrischen Bürgerkrieg gereist. Am 9. September 2015, zwei Monate vor den Anschlägen von Paris, tauchte er wieder auf: Zusammen mit dem späteren Paris-Attentäter Abdeslam wurde er an der österreichisch-ungarischen Grenze in einem Auto kontrolliert. Er zeigte einen falschen Personalausweis auf den Namen Soufiane Kayal. Ebenfalls in dem Mercedes: Mohamed Belkaid. Dieser wurde am 15. März bei einem Polizeieinsatz in Forest erschossen - drei Tage vor der Festnahme Abdeslams im Brüsseler Problemviertel Molenbeek.

Zwei Festnahmen auch in Deutschland
Auch aus Deutschland wurde am Freitag die Verhaftung von zwei Männern vermeldet. Laut der Deutschen Presse-Agentur fiel ein 28-jähriger Marokkaner bei einer Routinekontrolle auf einem Bahnhof einer Streife der Bundespolizei auf. Als sich die Polizei intensiver mit dem Mann beschäftigt habe, hätten sich Papiere über einen Krankenhausaufenthalt wegen einer Verletzung am 18. März gefunden. An diesem Tag wurde der Terrorverdächtige Salah Abdeslam in der belgischen Hauptstadt festgenommen.

Dem "Spiegel" zufolge enthält eine SMS-Kurznachricht, die im Mobiltelefon des Mannes gefunden wurde, den Namen des U-Bahn-Attentäters von Brüssel, Khalid El Bakraoui. Eine weitere SMS-Nachricht enthielt nur das Wort "fin" - Französisch für "Ende".

Der zweite Verdächtige wurde am Donnerstag im Raum Düsseldorf festgenommen. Bei dem Mann soll es sich laut "Spiegel"-Informationen um den Salafisten Samir E. handeln. Er sei ebenso wie der Brüsseler Flughafen-Attentäter Ibrahim El Bakraoui im Sommer des Vorjahres von den türkischen Behörden im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien aufgegriffen und nach Amsterdam abgeschoben worden. Für E. sei eine Einreisesperre in den Schengenraum aufrecht gewesen. Außerdem soll er in Italien und Deutschland straffällig geworden sein. 2014 hatte er demnach erfolglos in Deutschland einen Asylantrag gestellt.

Zunehmende Kritik an Behörden
Die belgischen Sicherheitsbehörden stehen schon seit den Pariser Anschlägen vom vergangenen November massiv in der Kritik, weil diese in Belgien vorbereitet worden waren. Mehrere belgische Medien spekulierten, dass das Land einer noch größeren Katastrophe entgangen sein könnte. Die Anschläge vom Dienstag seien unter anderem auf "mangelnde Zusammenarbeit" zwischen den verschiedenen Polizeikräften zurückzuführen, sagte der Bürgermeister von Vilvorde im Norden Brüssels. Die Koordinierung scheitert bisweilen schon an den Gegensätzen zwischen den Sprachgruppen der Frankophonen und der Flamen. Schon nach den Pariser Anschlägen stellte die belgische Polizeiaufsichtsbehörde, das sogenannte Comite P, "Fehler und Schwächen" fest.

Ministerpräsident Charles Michel versprach am Donnerstag, die Hintergründe der Anschläge vom Dienstag würden "vollständig aufgeklärt". Innenminister Jan Jambon räumte "Fehler" ein und bot zusammen mit Justizminister Koen Geens seinen Rücktritt an. Der Regierungschef lehnte die Rücktritte ab.

Hollande warnt vor weiteren Terrornetzwerken
Frankreichs Präsident Francois Hollande warnte trotz er jüngsten Fahdungserfolge in der Terrorszene in seinem Land und in Belgien vor einer anhaltenden Bedrohung.

Auch wenn jenes Netzwerk zerschlagen worden sei, das für die Blutbäder in Paris und Brüssel verantwortlich sei, "wissen wir, dass es andere Netzwerke gibt".

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