"Krone"-Interview

Werner Kuhn: “Die Proteste der Fans verletzen mich”

Sport
02.05.2013 09:10
Seit Wochen steht Werner Kuhn, seit 1994 Rapids Manager, im Zentrum der grün-weißen Protestwelle. Für viele Fans ist er der Hauptschuldige der Krise, der Stagnation in Hütteldorf. Der 59-Jährige wird beschimpft, ja sogar bedroht. Aber an Rücktritt denkt der Familienvater dennoch nicht. Warum, erzählt Kuhn der "Krone", die ihn mit einigen Vorwürfen konfrontierte.

"Krone": Herr Kuhn, Rapid-Präsident Edlinger spricht von einem Vernichtungsfeldzug gegen Sie – wie gehen Sie mit den Protesten der Fans um?
Werner Kuhn: Es verletzt, es schmerzt. Der letzte Spieltag hat weh getan. Ich bin auch nur ein Mensch. Und ein Gerechtigkeitsfanatiker. Aber ich versuche, das Beste zu geben, Rapid steht an erster Stelle.

"Krone": Man hört von Polizeischutz und Bedrohungen – Sie sind mittlerweile der Staatsfeind Nummer eins in Hütteldorf.
Kuhn: Ich fühle mich nicht als Staatsfeind. Vieles ist nicht lustig. Rapid ist eine emotionelle Herausforderung, ich bin sachorientiert.

"Krone": Dennoch scheinen Sie sich zu verstecken, als hätten Sie etwas zu verbergen.
Kuhn: Ich verstecke mich nicht. Wir berichten bei Rapid nur über Ergebnisse, nicht über Zwischenstände. Und Ergebnisse werden vom Präsidenten präsentiert. Mancher fragt dann: Was hat eigentlich der Kuhn geleistet? Ich stehe nicht im Vordergrund.

"Krone": Kommen wir zu den Vorwürfen: Rapid hat nach wie vor ein negatives Eigenkapital von 1,8 Millionen Euro.
Kuhn: Das stimmt, aufgrund der Saison 11/12, ohne Einnahmen aus der Europa League und ohne positiven Transfersaldo.

"Krone": Aber Rapid hat seit dem letzten Titel 2008 18 Millionen Euro durch Spielerverkäufe kassiert, aber nur vier Millionen in Neue investiert.
Kuhn: Die Zahlen stimmen nicht. Wir haben mehr als das Doppelte investiert. Das werden wir bei der Offenlegung des Geschäftsberichts auch präsentieren.

"Krone": Wir sind gespannt. Rapid hat fast 11.000 Abonnenten, das Merchandising boomt – aber an Sponsorengeldern werden nur sieben Millionen Euro lukriert. 2005 waren es bereits 6,5 Millionen. Das wirkt stagnierend.
Kuhn: Wir sind bei fast acht Millionen, das sind 40 Prozent unserer Erlöse. Der Durchschnitt innerhalb der UEFA liegt bei 24 Prozent. Aber aufgrund der Infrastruktur stoßen wir jetzt an unsere Grenzen.

"Krone": Kann es nicht sein, dass bei Ihnen nach 20 Jahren eine gewisse, vielleicht sogar verständliche Betriebsblindheit eingesetzt hat?
Kuhn: Nein. Ich werde nicht müde, wir sind sehr innovativ. Wir führen den Klub ohne Eigentümer, ohne Verwertung der Marke. Einige Klubs gibt es nach einem Meistertitel gar nicht mehr oder haben ihre Identität verloren. Bei uns wird wirtschaftlich seriös gearbeitet, wir haben ein 19,5-Millionen-Budget, sind in vielen Themen Vorreiter.

"Krone": Aber bei allem Respekt: Rapid ist ja auch nicht irgendein Verein. Das ist DER Verein in Österreich. Was ist ihre Vision?
Kuhn: Mit einer besseren Infrastruktur wollen wir mittelfristig auf ein 25-Millionen-Budget kommen. Langfristig wollen wir uns in den Top 50 in Europa etablieren. Das ist unser Anspruch.

"Krone": Doch auch beim Stadion herrscht ja Stillstand.
Kuhn: Nein. Aber Sie bekommen von mir sicher jetzt keinen Zwischenstand.

"Krone": Dachten Sie in letzter Zeit aufgrund der Kritik und der Proteste an Rücktritt?
Kuhn: Nie. Ich stehe gegenüber Rapid zurück. Ich bin durch das Präsidium bestellt, es beurteilt mich.

"Krone": Und nach der Ära von Präsident Edlinger – fürchten Sie um Ihren Job?
Kuhn: Ich bin kein Sesselkleber. Die jetzige Situation tut weh, auch die ganzen Unwahrheiten. Etwa, dass ich mich in sportliche Belange eingemischt haben soll. Das ist absurd, war noch nie der Fall. Aber Rapid ist eben etwas Besonderes. Mir gefällt die Sehnsucht, die vom Fußball und von Rapid ausgeht, auch die hohe Erwartungshaltung. Der Wettbewerb macht mir Freude. Das neue Präsidium wird entscheiden, mit wem es arbeiten will.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

KMM
Kostenlose Spiele
Vorteilswelt