Kosten verdreifacht

Rechnungshof zerlegt Eurofighter-Fliegerhorst

Österreich
18.05.2011 15:34
Dass die Kosten für den Eurofighter-bedingten Umbau des Bundesheer-Fliegerhorstes in Zeltweg die Planungen weit überschritten haben, war bereits bekannt. Ein neuer Rechnungshofsbericht zerlegt jetzt den Groß-Umbau in seine Details, vom Munitionsbunker bis zur Landebahn, und zeigt auf, wie die Kostenverdreifachung zustande kam. Zum Beispiel, wenn aus einem 200.000-Euro-Wachgebäude am Ende eine 6,5 Millionen Euro teure "Sicherheitszentrale" wird und man für die erste Eurofighter-Landung um satte 2,35 Millionen Euro "improvisieren" muss.

Das Fazit des Berichts gleich vorweg: Die Kosten für den Eurofighter-Fliegerhorst in Zeltweg haben sich von 46 auf fast 161 Millionen Euro mehr als verdreifacht. Gleichzeitig hat sich der Bau des Militärflugplatzes um zweieinhalb Jahre verzögert. Die Gründe dafür sind Fehler und Verzögerungen bei der Planung, der Vergabe sowie Mängel bei der Kontrolle.

Das Verteidigungsministerium hat in dieser Sache schon 2009 eine Untersuchung angekündigt. Als Konsequenz daraus wurden, neben disziplinären Erhebungen, neue Richtlinien für die Beschaffung im militärischen Bauwesen verfügt.

Von 46,2 Millionen auf 160,77 Millionen
Die Kosten für den Fliegerhorst wurden beim Projektstart noch auf 46,2 Millionen Euro geschätzt, die Fertigstellung hätte 2007 erfolgen sollen. 2009 eskalierte die Sache, das Budget war aufgebraucht, das Heeresbauamt konnte die Rechnungen nicht mehr bezahlen. Der RH warnte damals in einer Untersuchung des Darabos-Reduktionsdeals mit der Eurofighter GmbH am Rande vor finalen Kosten von 120 Millionen Euro. Bis zum im April 2010 wurden tatsächlich schon 153,55 Millionen Euro bezahlt. Die voraussichtliche Gesamtsumme beziffern die RH-Prüfer mit 160,77 Millionen Euro. Als Bauende für die gesamte Infrastrukturerrichtung wird Juni 2010 angegeben.

Als Hauptursache für diese Kostenexplosion nennen sie die "ungenügende Planungstiefe, die sich zum Teil mit Zeitdruck erklären ließ". Außerdem vermisst der Rechnungshof eine ausreichende Kontrolle und kritisiert das "mangelnde Kostenbewusstsein". So hat es laut dem Bauprojektleiter keine ausreichenden Informationen über den Umfang der erforderlichen Maßnahmen gegebenen, um die Kosten seriös abschätzen zu können.

Schon die erste Landung kostete 2,35 Millionen Euro
Die ursprünglichen Kostenschätzungen sind demnach aufgrund budgetärer Vorgaben und unter der Annahme eines wesentlich geringeren Bauumfangs entstanden. Ein Beispiel: Aus einem ursprünglich mit 0,2 Millionen Euro budgetierten Wachgebäude ist eine Sicherheits- und Leitzentrale um 6,5 Millionen Euro geworden. Die Energiezentrale wurde mit 1,2 Millionen geplant, kostet aber am Schluss über sieben Millionen Euro.

Die Kosten für eine der beiden "Durchfahrtshallen" für die Flieger - jetzt mit klimatisierten Einstellboxen, Mannschaftsräumen, Lager und Büros - und einen darunterliegenden Munitionsbunker haben sich von fünf auf 45 Millionen Euro verneunfacht. Eine beachtliche Kostensteigerung hat es auch beim Umbau der Fliegerwerft gegeben - und zwar von 1,6 auf 20,84 Millionen.

Dazu kamen Extrakosten, die durch die Bauverzögerung entstanden sind. Als im Juli 2007 der erste Eurofighter in Zeltweg übernommen wurde, musste provisorischen Maßnahmen für dessen Berherbergung ergriffen werden. Die Mehrkosten, u.a. für "Winterbaumaßnahmen", betrugen laut Rechnungshof 2,35 Millionen Euro.

Ministerium: "Bauwesen auf völlig neue Beine gestellt"
Die Gründe für die Bauverzögerung um fast zweieinhalb Jahre sind laut RH hausgemacht. Im Bericht werden Probleme bei der Ausschreibung, eine Unterbrechung des Beschaffungsvorgangs und eine verzögerte Freigabe des Raum- und Funktionsprogramms genannt. Darüber hinaus stellte der Rechnungshof Fehlverrechnungen im Ausmaß von mehreren Tausend Euro fest, diese konnten aber korrigiert werden.

Um derartige Fehlentwicklungen in Zukunft zu vermeiden, sind laut Ministerium das militärische Bauwesen auf völlig neue Beine gestellt und neue Richtlinien für die Beschaffung erarbeitet worden. Es seien entsprechende Richtlinien verfügt worden, damit Planung, Durchführung, Abrechnung, Kontrolle und Dokumentation bei Bauvorhaben künftig besser verlaufen, verkündete das Darabos-Ressort in einer Stellungnahme.

Pilz an Darabos: "Wer hat profitiert?"
Von der Opposition hagelte es am Mittwoch Kritik und Vorwürfe. Für den grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz lässt das Ministerium eine Frage offen: "Wer - innerhalb und außerhalb des Militärs - hat von den Missständen profitiert?" Denn die Verdreifachung der Kosten lasse nur einen Schluss zu, so Pilz, der den Militärflughafen in der Vergangenheit als "Eurofighter-Palast" bezeichnete: "Dutzende Steuermillionen sind verschwendet worden, und: Das Ministerium hat auf jede Kontrolle verzichtet." Pilz verlangt rasche Klärung, wer profitiert hat, sowie personelle Konsequenzen für alle Verantwortlichen. "Auch Zeltweg riecht nach Verschwendung und Freunderlwirtschaft." Und: Er werde "in den nächsten Wochen weitere Beweise für die Eurofighter-Korruption vorlegen".

FPÖ-Rechnungshofsprecher Wolfgang Zanger kritisierte ebenfalls das Verhalten von Verteidigungsminister Norbert Darabos - dessen Aussage, dass das militärische Bauwesen neu ausgerichtet werde, sei "reine Augenauswischerei". "Diese Misere zeugt von den zahlreichen Versäumnissen des Verteidigungsministers, der viel früher hätte Maßnahmen ergreifen müssen", so Zanger.

Fliegerhorst am ersten Juli-Wochenende zugänglich
Wer sich den Fliegerhorst aus nächster Nähe ansehen möchte, hat dazu übrigens heuer wieder Gelegenheit: Die Flugshow "Airpower", die alle zwei Jahre stattfindet, wird am 1. und 2. Juli 2011 zum sechsten Mal am Fliegerhorst Hinterstoisser, wie der Flughafen in Zeltweg beim Bundesheer offiziell heißt, über die Bühne gehen. Als Partner von Land Steiermark und Bundesheer tritt wieder Red Bull auf.

Die Kosten stehen - im Unterschied zum Bau - schon fest: Minister Darabos rechnet damit, dass die Veranstaltung vier Millionen Euro kostet, auf einer bleibt das Bundesheer sitzen. Die Wertschöpfung für die Steiermark, z.B. durch die Übernachtungen, wird auf 20 Millionen Euro beziffert. Bei der letzten "Airpower" vor zwei Jahren waren fast 300.000 Besucher gekommen.

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