Hagel, Sturm, Muren

Unwetter “Petra”: Steirer von Blitz erschlagen

Österreich
18.07.2010 16:50
Nach der unmenschlichen Gluthitze der vergangenen Tage ist am Samstag die radikale Klimawende gekommen: Der Himmel verfinsterte sich von einer Sekunde auf die andere, in weiten Teilen des Landes gingen Dauerregen und Hagelbomben nieder. Besonders schwer erwischte es Tirol und die Steiermark, wo die Unwetter-Walze namens "Petra" neben Vermurungen und Überschwemmungen auch ein Todesopfer forderte: Ein 37-Jähriger wurde vom Blitz erschlagen. 55 Menschen mussten von Hubschraubern evakuiert werden.

Die Wetterwarnung der Hohen Warte für das Wochenende glich einem Fleckerlteppich der Katastrophen. Rot bedeutet: Gewitter, Blitze, Hagel, Sturmböen, also alles, was der Mensch nicht braucht. Von den Britischen Inseln her wälzte sich Tief "Petra" bis nach Österreich, legte sich am Samstag über ein Bundesland nach dem anderen. Im Gepäck: Hagelbomben, Sturmböen bis zu 100 km/h und Regen in enormen Mengen.

Die ersten heftigen Gewitter zogen am frühen Samstagnachmittag über den Großraum Innsbruck und das Zillertal. In der Innsbrucker Altstadt stand das Wasser bis zu 60 Zentmeter hoch (siehe Bilder in der Infobox), da der Hagel die Kanäle verstopfte. Auch einige Geschäfte waren von der Flutwelle betroffen. Erste Bilanz: Über 1,8 Millionen Euro Schaden an landwirtschaftlichen Flächen. Laut Kurt Weinberger von der Österreichischen Hagelversicherung erstreckt sich das Schadensgebiet von Innsbruck bis Kitzbühel.

Hagelkörner zertrümmerten Autoscheiben
Wenig später ging es in Salzburg los. Im Raum Leogang, Saalfelden, Maria Alm, Dienten und Saalbach zertrümmerten Hagelkörner mit einem Durchmesser von vier Zentimeter Dutzende Autoscheiben. In Dienten riss eine Mure zudem ein geparktes Auto in den "Kesselbach". Zum Glück: "Außer Blechschaden ist nichts passiert", berichtete der Pinzgauer Katastrophenreferent Kurt Reiter. Die örtlichen Feuerwehren kämpften gegen Muren und Überschwemmungen an, baggerten Bäche von Verklausungen frei, pumpten Keller aus und stellten umgefallene Bauzäune wieder auf.

Dem Norden Oberösterreichs setzten hauptsächlich Starkregen und Gewitter zu. Kanäle wurden verlegt und die Feuerwehr der Reihe nach zu Überflutungen gerufen. Umgestürzte Bäume sorgten in Teilen des Bezirks Freistadt für Verkehrsstillstand. Im Bezirk Gmunden stand die Salzkammergutstraße kurzzeitig rund zehn Zentimeter unter Wasser. Sogar Tunnel mussten wegen Überflutung zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gesperrt werden.

Wiener Life Ball kam mit "blauem Auge" davon
Stark entladen hat sich der Himmel auch im Südosten der Bundeshauptstadt. In Schwechat gingen binnen kürzester Zeit 35 Liter Regen nieder. In der Wiener Innenstadt kam der Life Ball indes mit einem "blauen Auge" davon. Innerhalb einer Stunden fielen hier etwa fünf Liter. Am Nachmittag waren heftige Unwetter prophezeit worden - geworden ist es laut ZAMG schließlich "gemütlicher Regen".

Steirer von Blitz erschlagen
Deutlich schwerer getroffen wurde die Steiermark. Besonders betroffen vom Starkregen war Stein an der Enns im Bezirk Liezen, wo 25 Häuser überflutet, Straßen weggerissen und ganze Ortsteile einen halben Meter von Wasser und Schlamm überschwemmt wurden. Am Sonntag mussten 55 Personen aus dem Kleinsölktal evakuiert worden. Sie befanden sich auf verschiedenen Almhütten und wurden mit Hubschraubern des Innenministeriums und des Bundesheeres ausgeflogen. Das Gebiet war von der Außenwelt abgeschnitten, da mehrere Straßen unpassierbar oder zerstört waren.

In der Südsteiermark forderten die heftigen Gewitter ein Todesopfer. In Oberpurkla (Bezirk Radkersburg) wurde ein 37-jähriger Mann vom Blitz erschlagen, als er gegen 2.40 Uhr von einem Feuerwehrfest nach Hause ging. Seine Frau wurde ebenfalls verletzt.

Werden von jetzt an alle Sommer derart launenhaft?
Die zerstörerische Kraft von "Petra" hatte sich bereits am Freitag mit voller Kraft angekündigt. Vor allem der Osten litt unter den ersten Unwetter-Vorboten. In Wien-Simmering versank ein tonnenschweres Baufahrzeug im Boden, erschlug einen 45-jährigen Betonierer. In Kirchberg am Wagram stieg der Wasserpegel auf der Straße derart schnell, dass ein Mann beinahe in seinem eigenen Wagen ertrunken wäre.

Es stellt sich die Frage: Sind die Sommer der Zukunft genauso launenhaft wie dieser? Schon jetzt fehlen die klassischen Jahreszeit-Übergänge wie Frühling und eben Herbst völlig. Der Klimagott kennt nur noch extrem heiß, extrem kalt, Regen, Hochwasser. Und was bringen die kommenden Tage? Ab Dienstag wieder grauenhafte Hitze.

von Michael Pommer und Erich Schönauer (Kronen Zeitung) und krone.at

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