Mord und Selbstmord

Die grauenhafte Tat eines “guten Vaters”

Österreich
14.02.2016 08:03

Er galt als Familienmensch. Als sanftmütig, fleißig, fröhlich. Schon, manchmal ging es Klaus K. psychisch schlecht. Aber niemand hätte ihm jemals etwas Böses zugetraut. Bis er seinen jüngsten Sohn und danach sich selbst tötete. Die "Krone" begab sich auf den Schauplatz der unfassbaren Tat im oberösterreichischen Wolfern.

Vor dem Haus steht ein Sandkasten, voll mit kleinen Baggern, Schaufeln und Rechen aus Plastik. Hinten, im Garten, liegt ein umgekippter Tretroller. Durch die verglaste Eingangstüre zum Vorraum ist ein Kinderwagen zu sehen.

Grabkerzen erinnern an die Tragödie
Das Anwesen am Rande von Wolfern, Oberösterreich, wirkt, als hätten es seine Bewohner nur kurz verlassen. Vielleicht, um ein paar Einkäufe zu erledigen oder einen Spaziergang im Grünen zu machen. Bloß die Grabkerzen vor dem Rohbau weisen auf die fürchterliche Tragödie hin, die hier am vergangenen Dienstag geschehen ist.

Der Tod eines zweijährigen Buben
Vorzeichen? Nein, es habe keine Vorzeichen gegeben für das Unbegreifliche. Nicht einmal an diesem 9. Februar. Sagt Elisabeth K. (34) immer und immer wieder weinend. Sie und ihr Ehemann Klaus (37) wären um 6 Uhr morgens aufgestanden, hätten zusammen ein Frühstück zubereitet, für sich und ihre drei Kinder. "Wir plauderten dabei ein wenig miteinander." Worüber? "Über nichts Besonderes, über Nebensächlichkeiten. Und Klaus schien mir völlig entspannt."

Es war etwa 7.30 Uhr, als die Frau mit Lorenz (8) und Klara (4) ihr Zuhause verließ, den Buben in die Schule, das Mädchen in den Kindergarten brachte - und dann zu einem Spital fuhr, wo sie seit Kurzem eine Ausbildung zur Krankenschwester macht.

Klaus K. war nun alleine daheim mit dem jüngsten Sohn. David (2). Vermutlich vor 8 Uhr - das haben Rekonstruktionen der Kripo mittlerweile ergeben - dürfte der 37-Jährige den Kleinen zum Baden in die Wanne gesetzt haben.

"Äußerst liebevoller Vater"
Bald, sehr bald danach, muss es passiert sein. Der Mann, der bis dahin noch nie eines seiner Kinder geschlagen, der in seinem Umfeld als "äußerst liebevoller Vater" gegolten hatte - holte aus seiner Werkzeugkammer ein Maurerfäustel und begann damit auf den Buben einzuschlagen. Hiebe, so viele Hiebe. Bis sich der Zweijährige nicht mehr rührte, in dem von Blut rot gefärbten Wasser unterging.

"Ich kann nicht mehr." Lediglich diese vier Worte kritzelte Klaus K. auf einen Zettel, den er auf den Küchentisch legte. Bevor er in sein Auto stieg, zu einem nahe gelegenen Schuppen fuhr und sich dort an einem Balken mit einem Seil erhängte.

Warum? Diese Frage ist jetzt ständig zu hören, in Gesprächen mit Menschen, die dem Mann nahegestanden sind. Die geglaubt hatten, ihn gut zu kennen. Die ihm niemals solch eine Tat zugetraut hätten. "Niemals!"

Er wuchs mit vier Geschwistern in behüteten, geordneten Verhältnissen auf. In Wolfern. Der Vater: Inhaber eines Personal- und Landwirtschaftsmaschinenverleih-Betriebs. Die Mutter: Hausfrau.

Lustig, hilfsbereit, ein guter Schüler sei er gewesen, berichten ehemalige Klassenkameraden über ihn. Nach der Matura ließ er sich zum Sozialarbeiter ausbilden, zuletzt war er in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher tätig.

Schon in jungen Jahren lernte er seine spätere Frau, Elisabeth, kennen. "Die zwei passten so gut zueinander", erzählen Freunde des Paars, "denn sie hatten dieselben Ziele." Zu heiraten, Kinder zu bekommen, ein hübsches Haus zu bauen. Ein friedliches Leben zu führen. Und lange Zeit schien auch, als würden alle ihre Träume in Erfüllung gehen.

Bis sich Klaus K. vor fünf Jahren langsam, schleichend, zu verändern anfing. Er, der bis dahin immer durch extreme Fröhlichkeit und enormen Fleiß aufgefallen war, schaffte es plötzlich nicht mehr, Dorffeste zu organisieren oder mit seiner Blasmusikkapelle aufzutreten.

Er litt an Konzentrationsschwierigkeiten, im Job, und in seiner Funktion als Betriebsrat. Er meldete sich laufend öfter krank, verkroch sich in seinem Schlafzimmer und sprach manchmal tagelang kein Wort.

Klaus K. litt an Depressionen
Seine Frau brachte ihn schließlich zu einem Psychiater. Diagnose: Depressionen, ein Überlastungssyndrom - Burnout. Klaus K. bekam Psychopharmaka verschrieben, bald besserte sich sein Zustand. Und er war fortan wieder der "Hansdampf in allen Gassen", als den ihn die Wolferner kannten und liebten.

2013 abermals ein Krankheitsschub. Neue Medikamente, die rasch anschlugen. Trotzdem sein Entschluss, kürzer zu treten. Mit Davids Geburt ging er in Karenz. Danach wollte er nicht mehr in seinen Beruf zurück, sondern als Tagesvater arbeiten.

"Ich habe einfach keine Kraft mehr"
"In den vergangenen Monaten", so eine Vertraute des Mannes, "wirkte Klaus glücklich. Aber vor zwei Wochen schrieb er mir ein trauriges Mail." Seine Nachricht: "Ich habe einfach keine Kraft mehr." Wieder eine Pillenumstellung, wieder schnell eine vermeintliche "Heilung".

An dem Tag, an dem der 37-Jährige seinen Sohn umbrachte, hätte er bei einem Faschingsumzug die Tuba blasen sollen. "Ich freue mich so sehr auf diese Feier", erklärte er zwölf Stunden vor seiner Wahnsinnstat einem Musikerkollegen.

Was trieb Klaus K. zum Töten? Wie konnte er - quasi von einer Minute auf die nächste - vom fürsorglichen Papa zum "Monster" werden? Was waren seine letzten Gedanken, bevor er Selbstmord beging? Warum?

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