Keine Gnade für Arme

Iran: Immer mehr öffentliche Hinrichtungen

Ausland
21.01.2013 12:27
Der Iran kämpft mit eiserner Faust gegen die steigende Kriminalitätsrate im Land, die von einer enormen Kluft zwischen Arm und Reich befeuert wird. Um potenzielle Gewalttäter abzuschrecken, werden immer mehr Hinrichtungen öffentlich durchgeführt, berichtet die "New York Times". Erst am Sonntag wurden zwei Männer (Bild) wegen eines Überfalls mit umgerechnet 15 Euro Beute in einem Park gehängt.

Jedes Jahr würden Hunderte verurteilte Verbrecher im Iran hingerichtet, so die "New York Times". Dies sei laut iranischer Justiz und Menschenrechtsaktivisten bisher aber zumeist in Gefängnissen geschehen. Nun jedoch zeigt das Regime offen seine Unbarmherzigkeit.

Video löste hartes Vorgehen aus
Als Grund dafür gilt das Video einer Überwachungskamera, das vor zwei Monaten aufgenommen wurde. Darauf ist der Überfall zweier Männer aus ärmlichen Verhältnissen auf einen Mann zu sehen, der mithilfe zweier Komplizen nicht nur beraubt, sondern auch mit einem Messer verletzt wurde. Die Beute war gering - die Tasche des Mannes enthielt umgerechnet rund 15 Euro.

Nachdem das Video im Internet für einen Aufschrei sorgte, hatten es iranische Politiker wie Geistliche eilig, nach harten Maßnahmen zu verlangen. So sagte etwa der oberste Richter des Landes, Ayatollah Sadegh Larijani: "Wir müssen bestimmt handeln und den Preis dafür, solche Verbrechen auf der Straße zu begehen, erhöhen."

Armut als Motiv für Verbrechen
Einer der Männer - Alireza Mafiha (Bildmitte links) - gab im Verfahren an, Geld für eine Operation seiner Mutter gebraucht zu haben, beide Verdächtigen verloren ihre Väter als Kinder. "Wir brauchten das Geld wegen unserer Armut, es tut mir leid", so Mafiha. Er und Mohammad Ali Sarvari (Bildmitte rechts) wurden - obwohl ihr Opfer überlebt hat - zur Todesstrafe verurteilt, ihre Komplizen zu 74 Peitschenhieben, zehn Jahren Gefängnis und fünf Jahren im Exil.

Beamte geben Regierung die Schuld an Gewalt
Trotz des harten Vorgehens geben laut "New York Times" viele Polizeichefs und andere Beamte der Regierung die Schuld an der steigenden Kriminalität: Misswirtschaft habe zu einem Anstieg bei Arbeitslosigkeit und Inflation gesorgt, dazu kommen internationale Sanktionen wegen diverser Atombomben-Drohungen - so sei es zu einer gewaltigen Kluft zwischen Arm und Reich gekommen, so die Vorwürfe.

Diebstahl, Kidnapping, Vergewaltigungen, Einbrüche
Besonders Messerangriffe junger Männer auf der Suche nach Bargeld und Wertsachen seien stark angestiegen, heißt es, offizielle Zahlen gebe es jedoch keine. Auch die Medien würden nur über wenige Fälle berichten, doch viele Bürger der Mittelklasse hätten grausame Geschichten von Diebstahl, Kidnapping, Vergewaltigungen und Einbrüchen zu erzählen.

"Unsere Stadt ist komplett unsicher geworden", erzählte etwa die 54-jährige Manijeh der "New York Times", die aus Angst vor Verfolgung ihren Nachnamen verschwieg. Sie sei von zwei jungen Einbrechern bewusstlos geschlagen worden, die anschließend ihr Auto und nahezu alles in ihrem Haus gestohlen hätten. Bis vor wenigen Jahren sei so etwas unmöglich gewesen. Sie plädiert für die "härtesten Maßnahmen, um diese Kriminellen aufzuhalten".

Protest erfolglos - Männer unter Tränen gehängt
Darüber gehen im Iran die Meinungen jedoch weit auseinander. "Schwerere Strafen werden nicht weniger Verbrechen bedeuten. Wir haben tieferliegende Probleme", sagte etwa Anwalt Saleh Nikbakht zur "New York Times". Auch bei der Exekution am Sonntag zeigte sich demnach ein uneinheitliches Bild: Während einige ihre Handykameras zückten, um den Vorgang festzuhalten, protestierten andere lautstark gegen die Strafe. Doch auch drei junge Frauen, die um Vergebung baten (zweites Bild), konnten den Vertreter der iranischen Richterschaft nicht erweichen - Mafiha, in Tränen aufgelöst, und Sarvari wurden vor aller Augen gehängt.

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