Gerichtsurteil

D: Samenbank muss Spenderidentität offenlegen

Ausland
06.02.2013 15:35
Eine deutsche Samenbank muss einem anonym gezeugten Kind den Namen des leiblichen Vaters nennen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm am Mittwoch in einem wegweisenden Urteil entschieden. Das Gericht hatte sich mit der Klage einer 21-jährigen Frau beschäftigt, deren Mutter sich über eine Samenbank hatte befruchten lassen.

Die Richter im westfälischen Hamm werteten das im Grundgesetz festgelegte Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit höher als das Recht eines Spenders auf Anonymität. Das Urteil ist entgegen ersten Meldungen noch nicht rechtskräftig. Zwar ließ der OLG keine Revision zu, doch dem beklagten Fortpflanzungsmediziner Thomas Katzorke stehen Rechtsmittel zur Verfügung, um beim Bundesgerichtshof doch noch zu einem Revisionsgrund zu kommen. Die Klägerin wollte sich zunächst nicht selbst zu ihrem juristischen Erfolg äußern.

Arzt behauptet, Aufzeichnungen seien gelöscht
Die 21-jährige Frau, die seit rund vier Jahren weiß, dass ihr rechtlicher Vater nicht ihr Erzeuger ist, kämpfte gemeinsam mit dem Verein Spenderkinder vor Gericht für das Recht, den biologischen Vater kennenzulernen. Dass es in diesem Prozess, den die 21-Jährige in erster Instanz zunächst verloren hatte, nicht um das mögliche Einklagen von Unterhaltsansprüchen ging, wurde immer wieder sowohl von der Frau als auch vom Verein betont. Außerdem sei die Möglichkeit bereits verjährt, da Spenderkindern in Deutschland eine Frist von zwei Jahren ab Bekanntwerden der künstlichen Befruchtung gesetzt wird, um die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten und damit in weiterer Folge den genetischen Vater als unterhaltspflichtigen Elternteil zu bestimmen.

Ob die Klägerin nun tatsächlich die Identität des biologischen Vaters erfährt, ist aber weiterhin unsicher, zumal der beklagte Fortpflanzungsmediziner betonte, dass die Daten zu dem Fall nicht mehr vorlägen. Die Unterlagen hatten damals nur zehn Jahre aufbewahrt werden müssen, sagte Katzorke in einer ersten Reaktion auf die Gerichtsentscheidung. Da er sich aber während der Verhandlung in Widersprüche verstrickt hatte, glaubte ihm das Gericht nicht. Der Arzt, der bei der Verkündung des Urteils nicht anwesend war, bezeichnete das Urteil als "rein theoretisch".

Seit 2007 müssen Spenderdaten 30 Jahre aufbewahrt werden
Bereits 1989 hatte das deutsche Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es zu den Persönlichkeitsrechten eines Menschen gehört, seine genetische Herkunft zu kennen. Daraus ließ sich aber keine weitere gesetzliche Regelung bezüglich der Dokumentation von Spenderdaten ableiten. Erst das Jahr 2007 brachte mit dem Gewebegesetz eine Neuerung: Unterlagen zur Samenspende, die als Gewebeübertragung gilt, müssen jetzt 30 Jahre aufbewahrt werden.

In Österreich dürfen Kinder ab 14 Jahren Daten einsehen
In Österreich wird die künstliche Befruchtung mithilfe von Samenspenden Dritter im Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt. In diesem wird festgelegt, dass Aufzeichnungen über den Samenspender 30 Jahre lang gespeichert werden müssen. Spenderkinder haben das Recht, ab dem vollendeten 14. Lebensjahr Auskunft über ihre biologischen Väter einzuholen. Einer solchen Auskunftspflicht seitens der Samenbank muss der Spender aber vor seiner Spende zustimmen. Aus dem Vorliegen der Identität des Spenders erwächst aber noch nicht automatisch eine Unterhaltspflicht.

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