Der Ex-General soll vorerst in der bosnischen Botschaft in Wien untergebracht werden, meldete am Abend die Tageszeitung "Dnevni avaz" mit dem Hinweis, dass das Auslieferungsverfahren noch einige Wochen dauern dürfte. Laut anderen bosnischen Medien wollte sich der bosnische Botschafter in Wien, Haris Hrle, über die künftige Unterkunft Divjaks am Dienstagnachmittag nicht äußern. Dies wäre ein Geheimnis, so Hrle laut dem Internetportal "Sarajevo-x".
Darf Österreich nicht verlassen
Derzeit wird Divjaks Fall weiter untersucht. Für die Dauer des Verfahrens muss er seinen Pass abgeben und darf Österreich nicht verlassen. Über eine mögliche Auslieferung muss das Gericht Korneuburg entscheiden, schilderte Zemanek die Situation.
Die Festnahme des Generals hatte heftige Proteste hervorgerufen. Der internationale Haftbefehl war vom ehemaligen Kriegsgegner Serbien beantragt worden. Obendrein war die Anordnung nur aufgrund eines Interpol-Fehlers noch aufrecht. Eigentlich hätte sie schon lange wieder gelöscht werden sollen (siehe Infobox).
Beteiligung an Kriegsverbrechen?
Serbien wirft Divjak die Mitverantwortung für Kriegsverbrechen in Sarajevo Anfang Mai 1992 vor. Bei einem Angriff auf die aus der bosnischen Hauptstadt abziehenden jugoslawischen Truppen kamen mehrere Offiziere, Soldaten und Zivilisten ums Leben.
Eine genaue Opferzahl wurde von den damaligen jugoslawischen Behörden nie veröffentlicht. Serbischen Angaben zufolge sollen bei dem Vorfall rund 40 Soldaten der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) getötet und weitere rund 200 Soldaten verletzt worden sein. Bosnischen Medien zufolge ist diese Zahl deutlich überhöht, weil ein Angriff der JNA auf den Präsidentenpalast in Sarajevo mit den Toten beim Abzug der JNA aus Sarajevo zusammengezählt worden sei.
Anwalt: "Haftbefehl war politisch motiviert"
Rechtsanwalt Soyer bezeichnete die Enthaftung seines Mandanten als "ersten wichtigen Schritt": "Der Haftbefehl Serbiens ist ohne Zweifel politisch motiviert. Da mein Mandant in Serbien kein faires Verfahren zu erwarten hat und auch der Tatverdacht gegen ihn bereits durch mehrere Untersuchungen klar ausgeräumt wurde, bin ich zuversichtlich, dass es gelingen wird, eine Auslieferung nach Serbien hintanzuhalten."
Der serbische Botschafter in Wien, Milovan Bozinovic, erklärte, sein Land wolle eine weitere Politisierung des Falles vermeiden. Daher hätten sich bisher weder Staatspräsident Boris Tadic, der am Dienstag in Japan weilte, noch Außenminister Vuk Jeremic dazu geäußert. Man werde sich streng an die rechtlichen Vorgaben halten und sei skeptisch gegenüber politischen Stellungnahmen, so Bozinovic.
Serbien will nun Unterlagen bereitstellen
Serbien werde die geforderten Unterlagen fristgerecht bereitstellen, damit der Fall von "Herrn Divjak im Einklang mit dem internationalen Recht" gelöst werde. Es gehe um ein "unzweifelhaftes Verbrechen" in Sarajevo, sagte Bozinovic unter Anspielung auf die Tötung von Soldaten der Jugoslawischen Volksarmee in der Dobrovoljacka-Straße Anfang Mai 1992.
Am Montag war vom derzeitigen Vorsitzenden des bosnischen Staatspräsidiums, dem Serben Nebojsa Radmanovic, heftige Kritik am Vorgehen des bosnischen Außenministers Sven Alkalaj geübt worden. Eine an Serbien verschickte Protestnote Bosnien-Herzegowinas in der Causa Divjak sei nicht verfassungsgemäß, kritisierte der Parteifreund des Präsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik. Dodik hatte am Montag auch Österreichs Außenminister Michael Spindelegger kritisiert, weil dieser eine Auslieferung Divjals an Serbein als "undenkbar" bezeichnet hatte.
Zwei eigenständige Landesteile
Seit dem Dayton-Abkommen von 1995 besteht die ehemalige jugoslawische Teilrepublik aus zwei weitgehend eigenständigen Entitäten (Gebietseinheiten) - der Bosniakisch-Kroatischen Föderation und der Serbischen Republik (Republika Srpska).
Alkalaj, der aus der bosniakischen (moslemischen) dominierten Partei für Bosnien-Herzegowina (SBiH) stammt, hatte Divjak am Montagabend gemeinsam mit dem kroatischen Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums Zeljko Komsic im Gefängnis von Korneuburg aufgesucht. Laut Sprecherin Zemanek dauerte der Besuch rund eine Stunde. Komsic wurde am Dienstagvormittag von Bundespräsident Heinz Fischer empfangen. Alkalaj wird eigenen Angaben zufolge einige Tage in Wien bleiben. Er sagte, dass er auf das österreichische Rechtssystem vertraue.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.