krone.at-Interview

Soriano: “Wieso sollen wir die EL nicht gewinnen?”

Sport
17.10.2013 09:21
Er ist der Schrecken der Torhüter zwischen Bodensee und Neusiedler See, vor dem Kasten treffsicher und gnadenlos – doch wenn man Jonatan Soriano gegenübersitzt, hat man da keine eiskalte Maschine vor sich, sondern einen bescheidenen Spieler, der aus seinen vielen Toren für Red Bull Salzburg am liebsten keine große Sache machen würde. Was der "Tor-ero" über seine Vergangenheit bei Barca und bei Espanyol zu sagen hat, wieso er erst seit dem Amtsantritt von Trainer Roger Schmidt aufblüht und wie er die Chancen von Salzburg sieht, die Europa League zu gewinnen, das erzählte er im Gespräch mit krone.at-Redakteur Hannes Maierhofer.

krone.at: Buenas tardes, Jonatan! Wie geht's dir mit der deutschen Sprache?
Jonatan Soriano: Ehrlich gesagt fühle ich mich damit noch nicht richtig wohl. Ich gebe zwar bereits immer wieder Interviews auf Deutsch - aber nicht alle, sondern nur manche, die mir einfacher erscheinen. Ich lerne zwar immer mehr dazu, aber es fällt mir schon noch schwer, alles auf Deutsch zu beantworten.

krone.at: Du meinst von der Verständigungstiefe her.
Soriano: Genau!

krone.at: Apropos Sprache: Da ihr bei Red Bull Salzburg eine sehr multinationale Truppe seid, stellt sich eine Frage: Wie kommuniziert ihr untereinander?
Soriano: Wir versuchen alle, uns auf Deutsch zu verständigen. Immerhin sind wir bei einem österreichischen Klub. Aber im Grunde genommen ist die Fußballersprache ohnehin eine sehr einfache Sprache, in der es grundlegendes Vokabular gibt, mit dem man sich gut weiterhelfen kann.

krone.at: Mit der Sprache hat's vermutlich nichts zu tun, aber um es ein für alle Mal zu klären: "Jonathan" mit H oder "Jonatan" ohne H?
Soriano: Jonatan, also ohne "H". Woher die falsche Schreibweise kommt, kann ich nicht sagen.

krone.at:Du bist vor zwei Jahren vom in der ganzen Welt bekannten großen FC Barcelona ins international weniger bedeutende Österreich zu Red Bull Salzburg gewechselt - hast du das nie als Rückschritt angesehen? Immerhin gab es einst auch Interesse von Benfica Lissabon und Everton.
Soriano: Nein, das sehe ich überhaupt nicht so, dass das ein Schritt zurück war. Immerhin bin ich ja nicht von der Einsergarnitur von Barca gekommen, sondern von Barca B. Alleine deswegen kann man das nicht als Rückschritt ansehen. Ich will als Spieler wachsen, nationale und internationale Titel holen und glaube, dass ich das alles hier sehr gut verwirklichen kann.

krone.at:Sowohl Benfica als auch Everton konnten übrigens je einmal einen Europacup gewinnen, etwas, das Herbert Prohaska durchaus auch euch zutraut.
Soriano: Ja, wieso denn auch nicht? Wir haben eine wirklich sehr, sehr starke Mannschaft und es läuft momentan alles super. Sicher, wir wissen alle, dass es schwierig ist, einen europäischen Titel zu holen, aber wir werden auf jeden Fall versuchen, so weit wie möglich zu kommen.

krone.at:Du bist zwar vom FC Barcelona gekommen, warst aber auch bei Espanyol aktiv. Was bedeutet es dir, für die beiden Topklubs der katalanischen Hauptstadt gespielt zu haben?
Soriano: Natürlich bin ich sehr glücklich darüber, dass ich bei beiden Mannschaften die Möglichkeit hatte, meine Tore zu schießen und zu zeigen, was ich draufhabe. Auch wenn es bei Barca nur das in der zweiten spanischen Liga engagierte B-Team war. Aber für Espanyol durfte ich dann ja doch auch 38-mal in der Primera Division auflaufen, eine schöne Erfahrung.

krone.at:In den 38 Spielen für Espanyol in "La Liga" hast du "nur" zweimal eingenetzt, zum Goleador bist du erst später und erst eine Klasse tiefer geworden: Ist die Primera Division für dich als 21-, 22-Jähriger noch zu früh gekommen?
Soriano: Na ja, erstens einmal war ich bei Espanyol hauptsächlich als Einwechselspieler im Einsatz, saß meistens auf der Bank und kam meistens erst am Ende für knapp zehn Minuten ins Spiel. Da hatte ich natürlich nicht viele Möglichkeiten, um mit Toren aufzuzeigen. Und außerdem ist Espanyol keine Mannschaft wie etwa Red Bull Salzburg oder Barca, die sehr offensiv spielt, sondern stets defensiv orientiert ist. Da hat man's eben schwer, als Stürmer für Espanyol viele Tore zu schießen.

krone.at: "Espanyol ist spanisch" und "Barca ist katalanisch" - wie streng wird diese in der Vergangenheit doch deutlich herausgetretene Unterscheidung heutzutage eigentlich noch gehandhabt?
Soriano: Nein, also ich persönlich habe es nie so empfunden, dass es diese Denkweisen noch gibt. Immerhin habe ich mich, als ich bei Espanyol gespielt habe, genauso als Katalane gefühlt, wie später bei Barca. Katalane bleibt Katalane.

krone.at:Ricardo Moniz war dein erster Trainer in Österreich und Roger Schmidt ist dein aktueller Coach. Wie unterscheiden sich die beiden in menschlicher Hinsicht deiner Meinung nach?
Soriano: Roger Schmidt ist viel kommunikativer, er ist viel menschlicher und kümmert sich mehr um die Spieler. Er interessiert sich auch dafür, wie es einem geht, egal, ob in privaten Dingen oder im fußballerischen Bereich. Er hat immer ein offenes Ohr, wenn man ein Problem hat, und ist für einen da.

krone.at:Und in sportlicher Hinsicht?
Soriano: Da sieht man den klaren Unterschied, ja: Wir spielen einen viel offensiveren, viel attraktiveren Fußball und wir haben auch viel mehr Spaß als damals. Dieses Gefühl übertragen wir, glaube ich, auch gut nach außen, etwa zu den Zuschauern.

krone.at:Kann man sagen, dass die Art und Weise, wie Roger Schmidt spielen lässt, dir entgegenkommt?
Soriano: Ja, absolut. Das ähnelt schon ziemlich dem Stil von Barca.

krone.at: Dein Vertrag in Salzburg wurde vor Kurzem bis 2017 verlängert, du bist dann 32 Jahre alt - ist diese Vertragsverlängerung "nur" eine Geste der gegenseitigen Zufriedenheit zwischen Klub und dir oder denkst du tatsächlich daran, hier in Salzburg "alt" zu werden?
Soriano: Was im Fußball passiert, das kann man nie sagen, er ist schnelllebig. Aber es steckt auf jeden Fall die Intention dahinter, länger hierzubleiben.

krone.at:Du hast in Spanien einmal vor mehr als 78.000 Zuschauern im Nou-Camp-Stadion gegen den FC Barcelona gespielt, in der Primera Division hat mehr als die Hälfte aller Klubs einen Schnitt von mehr als 20.000 Zuschauern: Irritiert es jemanden aus einem so fußballbegeisterten Land wie Spanien nicht, wenn er in Österreich vor leeren Rängen oder auf Dorf-Sportplätzen kicken muss?
Soriano: Klar macht es mehr Spaß, vor mehr Zuschauern zu spielen. Jeder Fußballer freut sich darüber, aber es ist einfach so, wie es ist, und man muss es so akzeptieren, man muss sich anpassen. Solange das Spielfeld das gleiche bleibt und der Fußball der gleiche bleibt (lächelt) macht man einfach seine Arbeit.

krone.at:Du bist nicht nur bei den erzielten Toren, sondern auch bei den Assists der Top-Mann bei Salzburg und in der Liga - bist du ein "untypischer" Stürmer?
Soriano: (schüttelt energisch den Kopf)Nein, ich würde mich nicht als "untypischen" Stürmer bezeichnen - sondern nur als einen Stürmer, der eben teamtauglich ist und der viel Teamgeist hat. Mein erstes Ziel ist, dass die Mannschaft gewinnt. Ob das jetzt durch meine Tore passiert oder durch meine Assists, das ist dann nicht mehr so ausschlaggebend. Natürlich mag ich es, Tore zu schießen, das ist ganz logisch für einen Stürmer. Aber wenn ich ein Tor vorbereiten kann, ist auch das ganz in Ordnung.

Das Gespräch wurde von Dragan Radovanovic gedolmetscht.

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(Bild: KMM)



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