Filzmaier analysiert

Causa Silberstein: Der Super-GAU der SPÖ

Österreich
01.10.2017 19:05

Unerträglich, dreckig und auch noch dilettantisch dumm - so nennt Robert Misik, dem Bundeskanzler nahestehender Autor des Buches "Christian Kern: Ein politisches Porträt", das Mitwissen und die Beteiligung der SPÖ an Seiten auf Facebook mit rassistischer und antisemitischer Hetze. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Die SPÖ stellt sich grundsätzlich infrage. Sie beschloss vor der Wahl einen Werte- und Kriterienkatalog über ihre Prinzipien. Darin wird jedweder Hass gegen Fremde oder Menschen jüdischen Glaubens scharf verurteilt. Wer das nicht macht, käme für eine Koalition nicht infrage. Wollen die Roten sowie Kern & Co. nun mit sich selbst nichts mehr zu tun haben? Schließlich war die Partei in welcher genauen Form auch immer für besonders widerliche Hassbotschaften mitverantwortlich.

Inhaltlich klingen die bisherigen Rechtfertigungen holprig. Dafür braucht es keine Kommentare von außen. Ganz von allein diskutieren Wähler, ob nicht entweder entgegen aller Beteuerungen statt eines einfachen Mitarbeiters auch Spitzenvertreter der SPÖ etwas von den Sudelseiten auf Facebook und ihrer Finanzierung wussten. Was eine moralische Bankrotterklärung der Partei wäre. Oder die Führung der SPÖ war komplett ahnungslos, worin man da mindestens indirekt verwickelt ist. Was genauso ein Armutszeugnis ist.

Zeitpunkt des Skandals für die SPÖ fatal
Zudem ist der Zeitpunkt des Skandals für die SPÖ fatal. Neue Themen müssen etwa zehn bis 14 Tage vor dem Wahltag aufkommen, um das Ergebnis zu beeinflussen. Was viel früher passiert, dessen Effekte würden zum Teil verpuffen. Wenn sich etwas später ereignet, kann es mit der Zeit von den ersten Berichten bis hin zum geänderten Wahlverhalten knapp werden. Jetzt geht sich das aus.

Nicht zu unterschätzen sind die parteiinternen Folgen. In der SPÖ sollten alle 24 Stunden am Tag mit vollem Einsatz wahlkämpfen. Im relativ besten Fall herrscht da seit Samstag vom Bezirksfunktionär bis zum Gewerkschafter heillose Verwirrung. Schlimmstenfalls verabschieden sich viele vom eigenen Wahlkampf, und es kommt zu Auflösungserscheinungen.

Partei steht auch vor Organisationsproblem
Zu schlechter Letzt für die SPÖ steht diese vor einem Organisationsproblem. Im Wahlkampf sind Tausende Dinge zu organisieren. Mit Georg Niedermühlbichler ist der als Geschäftsführer oberste Zuständige dafür zurückgetreten. Wie soll jemand den momentan undankbarsten Job der Republik übernehmen und in Sekundenschnelle im Griff haben? (Ein Duo soll die angeschlagene SPÖ nun aus der Krise führen: Frauengeschäftsführerin Andrea Brunner und Ex-Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter übernehmen die Geschäftsführung und teilen sich die bisherigen Agenden Niedermühlbichlers auf; Anmerkung der Redaktion.)

Offen bleibt, warum ein Team des gefeuerten Beraters Tal Silberstein aktiv blieb. Und wer dafür bezahlte. Ebenso unklar ist, wer Interesse hat, dass die Informationen den Medien zugespielt wurden. Auch Christian Kern betont diese Fragen. Doch solange er nicht das Gegenteil belegt, sind seine Freunde und Feinde in der SPÖ hauptverdächtig.

Peter Filzmaier, Kronen Zeitung

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