Brisante Details

Flüchtlingsdrama auf A4: Schlepper wurden abgehört

Österreich
15.06.2017 14:54

Eine Woche vor Prozessstart gegen jene elf mutmaßliche Schlepper, die für den Erstickungstod von 71 Flüchtlingen verantwortlich sein sollen, sind erschreckende Details bekannt geworden. So haben ungarische Behörden bereits 13 Tage vor dem Drama angefangen, die Gespräche der Schlepper abzuhören. Jedoch seien die Telefonate nicht rechtzeitig übersetzt worden und haben so nicht ausgewertet werden können. Die ungarischen Behörden wiesen die Vorwürfe am Donnerstag zurück.

Die gemeinsam mit NDR und WDR durchgeführten Recherchen ergaben, dass die Behörden auch bei der tödlichen Fahrt die Aufnahmegeräte mitlaufen ließen. Auch hier kam es zu keinem Einschreiten, nachdem die Übersetzungen erst später vorgelegen sind. Insgesamt konnte man Hunderte Seiten Gesprächsprotokolle in den Ermittlungsakten einsehen, hieß es. Zu der Todesfahrt am 26. August 2015 heißt es etwa zum Fahrer, nachdem der die Probleme im Lkw schilderte: "Sag ihm, er soll nur weiterfahren. Und falls sie sterben sollten, dann soll er sie in Deutschland im Wald abladen."

Letztendlich wurden die Leichen von 71 Flüchtlingen in einem an der Ostautobahn (A4) bei Parndorf abgestellten Kühl-Lkw entdeckt. Dass die Todesfahrt zu verhindern gewissen wäre, wies der Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft im ungarischen Kecskemet, Gabor Schmidt, zurück, hieß es in deutschen Medienberichten weiter. Die späteren Auswertungen ergaben jedenfalls zahlreiche weitere Fahrten, bei denen die Situation für die geschleppten Flüchtlinge ebenfalls bereits sehr dramatische, wenn auch nicht tödliche Ausmaße angenommen hatte.

Während der die Abhöraktion begründenden Schleppung vom 23. Juni 2015 kamen die transportierten Migranten nicht in Lebensgefahr, so die Anklagebehörde. Deswegen musste bei der Initiierung und Anordnung der Abhöraktion laut den ungarischen Behörden nicht befürchtet werden, dass die bei späteren Schleppungen transportierten Personen in Lebensgefahr gelangen könnten oder noch tragischere Folgen entstünden.

Zum Zeitpunkt der Anordnung der geheimen Datensammlung gab es keinen Hinweis auf Menschenleben gefährdende Transporte, betonte die Oberstaatsanwaltschaft. Erst nach dem Transport mit den 71 toten Migranten habe man die Möglichkeit gehabt, die Ergebnisse der Telefonabhörung zu übersetzen und zu analysieren.

Prozessstart am 21. Juni
Der Prozess gegen elf mutmaßliche Schlepper, die für den Erstickungstod der Flüchtlinge verantwortlich sein sollen, beginnt am 21. Juni in Ungarn. Den Beschuldigten wird qualifizierter Mord und Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Ein Urteil soll bis Ende des Jahres gefällt werden.

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