Parteien einig

Keine Waffen mehr aus Österreich für die Türkei

Österreich
24.11.2016 12:57

Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz hat sich mit seiner Forderung nach einem Verbot von Waffenlieferungen aus Österreich an die Türkei durchgesetzt. Alle sechs im Nationalrat vertretenen Parteien stimmten einem diesbezüglichen Entschließungsantrag am Donnerstag zu. "Mit heutigem Tag ist Österreich der erste Staat, der eine Sanktion gegen das türkische Erdogan-Regime verhängt. Wir appellieren an die EU, uns zu folgen", freute sich Pilz über die Einigung.

Pilz forderte bereits im Sommer ein derartiges Waffenembargo. "Waffen aus Österreich landen im syrischen Kriegsgebiet in den Händen islamistischer Rebellen", so Pilz damals.

Kritik an Erdogans Umgang mit Opposition und Journalisten
Der aktuelle Entschließungsantrag kritisiert das Vorgehen der türkischen Regierung gegen oppositionelle Politiker, Journalisten und die kurdische Bevölkerung sowie die großtürkischen Allüren des Regimes von Präsident Recep Tayyip Erdogan. "Die Antragsteller sind daher überzeugt, dass unter diesen Umständen aus Österreich keinerlei Lieferungen von Kriegsmaterial, Verteidigungsgütern oder Dual-Use-Gütern für militärische oder polizeiliche Zwecke in die Türkei erfolgen dürfen", heißt es in der Begründung des Antrags.

Die Regierung wird aufgefordert, bei Ausfuhranträgen nach dem Kriegsmaterial- und nach dem Außenwirtschaftsgesetz in die Türkei "die Gefahr bewaffneter Konflikte und die Gefahr, dass die gelieferten Produkte zur Unterdrückung der Menschenrechte verwendet werden, entsprechend zu berücksichtigen".

Zwar handelt es sich bei dem Entschließungsantrag lediglich um eine rechtlich nicht verbindliche Bitte an die Regierung, dennoch zeigten sich Pilz und SPÖ-Klubchef Andreas Schieder bei der Präsentation der Initiative überzeugt, dass die Regierung sich daran halten wird. Man müsse darauf achten, "dass keine Waffen aus Österreich in der Türkei eingesetzt werden können", so Schieder. Das sei auch im Sinne der Regierung. FPÖ-Klubvize Walter Rosenkranz betonte allerdings, dass Sport- und Jagdwaffen nicht davon betroffen seien.

Wie Pilz forderte auch ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka die EU auf, Schritte zur Sicherung der Demokratie in der Türkei zu setzen. "Wenn die Europäische Union ernst genommen werden will, dann muss sie massiv von der Türkei einfordern, dass die Standards, die für uns Selbstverständlichkeit sind, auch für die Türkei zu gelten haben."

Österreichische Rüstungsgüter in Millionenhöhe
Laut Lopatka wurde "in letzter Zeit nichts" an Kriegswaffen in die Türkei geliefert. Pilz sagte allerdings, dass 2011/12 604 Steyr-Scharfschützengewehre an die türkische Polizei verkauft worden seien. Derartige Waffen würden nun auch gegen die kurdische Zivilbevölkerung eingesetzt. Diese Waffen gälten nach österreichischem Recht als zivile Waffen und bräuchten nicht einmal eine Genehmigung als Kriegsmaterial, kritisierte der grüne Abgeordnete.

Zur Untermauerung seiner Vorwürfe teilte Pilz ein Video auf seiner Facebook-Seite, in dem man türkische Polizisten mit Steyr-Scharfschützengewehren hantieren sieht:

Pilz legte zudem Zahlen aus dem Amtsblatt der EU für das Jahr 2014 vor, wonach Österreich zuletzt Rüstungsgüter im Wert von mehr als 40 Millionen Euro in die Türkei, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate exportierte. Seit 2010 ging allein an die Emirate Kriegsgerät im Wert von mehr als 120 Millionen Euro, so Pilz.

Waffenexporte illegal genehmigt?
Schwere Vorwürfe erhob Pilz gegen das Außenministerium im Zusammenhang mit genehmigten Waffenexporten. "Ich bin mir vollkommen sicher, dass es zu illegalen Genehmigungen im Außenministerium und damit zu Verstößen gegen das Kriegsmaterialgesetz gekommen ist", sagte der Abgeordnete. Er verwies auf eine bereits zu Jahresbeginn bekannt gewordene Lieferung von Granaten an die Vereinigten Arabischen Emirate, die laut Angaben von Pilz im Bürgerkriegsland Jemen eingesetzt werden.

Pilz hatte am vergangenen Wochenende gemeinsam mit Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und FPÖ an der Parlamentarischen Versammlung der NATO in Istanbul teilgenommen und dabei auch Vertreter der prokurdischen Partei HDP und der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" besucht. Wie der "Standard" berichtete, hätten HDP-Politiker Pilz mitgeteilt, dass sie bei Rettungseinsätzen nach Artillerieangriffen auf die kurdischen Städte Diyarbakir und Cizre aus großer Distanz gezielt beschossen worden seien. Direkt neben einem türkischen Oppositionellen sei einem Mann in den Kopf geschossen worden, wurde Pilz erzählt.

Die türkische Regierung unterstützt die syrische Opposition und strebt den Sturz des syrischen Staatschefs Bashar al-Assad an, kehrt aber hervor, dass es keinerlei Waffenlieferungen gebe. Dagegen wirft die HDP der Regierung in Ankara vor, auch den IS in Syrien mit Waffen versorgt zu haben.

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