Rückzug in Kärnten

VP-Chef tritt plötzlich ab: Platzt Rot-Schwarz?

Kärnten
04.04.2018 10:05

Paukenschlag in der Kärntner Landespolitik: Bei einer Pressekonferenz gab Noch-VP-Chef Christian Benger am Mittwoch seinen Rückzug aus der Regierung bekannt. Eine Entscheidung mit großer Wirkung: Jetzt könnte die ganze Koalition platzen, denn Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zeigt sich vom plötzlichen Rückzug überrascht und will „alles neu bewerten“. Er vermutet, dass bei der ÖVP-Entscheidung „Wien eingegriffen hat“. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte sich zu Bengers Rücktritt: „Sein Schritt ist zu respektieren.“

Um 11 Uhr war Christian Benger am Mittwoch kurzfristig vor die Medien getreten, um seinen Rücktritt als ÖVP-Chef und Landesrat zu verkünden. Zu den Gründen meinte Benger nur, es sei eine „ganz persönliche Entscheidung, die ich für mich getroffen habe“. Den Koalitionspakt mit der SPÖ sehe er durch seinen Schritt nicht gefährdet. „Das ist nicht von einzelnen Köpfen abhängig“, glaubt Benger.

Nach nur drei Minuten war der Auftritt beendet. „Ich sage: Grüß Gott und auf Wiedersehen“, so der scheidende Kärntner VP-Chef, der übrigens als einfacher Abgeordneter im Landtag weitermachen will, wie er den staunenden Journalisten mitteilte, ehe er schnurstracks abtrat, ohne auf Fragen einzugehen.

Parteigremien tagen am Abend
Für viele Beobachter kommt der Rückzug zum jetzigen Zeitpunkt genau so überraschend wie Bengers Eintritt in die Regierung 2014. Schließlich hatte Benger nach dem mageren ÖVP-Ergebnis bei der Landtagswahl am 3. März stets betont, in der Regierung bleiben zu wollen. Zudem hatte er mit Kaiser ein gemeinsames Facebook-Interview für den Mittwochvormittag angekündigt (das letztlich abgesagt wurde).

Am Mittwochabend werden die ÖVP-Gremien die weitere Vorgehensweise und Bengers Nachfolge beraten. Eine Entscheidung, die vor allem von der SPÖ mit großem Interesse verfolgt wird.

Rot-schwarzer Koalitionspakt wackelt
Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zeigte sich in einer Pressekonferenz nach Bengers Rückzug sichtlich überrascht und könnte den Koalitionspakt mit der ÖVP wieder aufkündigen: „Wir haben mit Menschen verhandelt, die gesagt haben, dass sie für Kontinuität stehen. Die aktuelle Vorgehensweise ist aber nicht dazu angetan, das Vertrauen zu erhöhen“, so Kaiser, der nun „nichts ausschließen“ möchte.

Er sei am Mittwoch um 9.45 Uhr von Benger über dessen Entscheidung informiert werden. „Offensichtlich greift hier Wien ein“, vermutet Kaiser - wie viele andere -, dass die ÖVP-Bundespartei den Rückzug Bengers forciert habe. Er wolle aber nicht mit einem verlängerten Arm der Bundes-ÖVP zusammenarbeiten, so Kaiser. Die Interessen Kärntens müssten im Vordergrund stehen.

Für die SPÖ ist nun alles möglich, auch Verhandlungen mit der FPÖ und dem Team Kärnten werden nicht ausgeschlossen. Kaiser: „Ich werde die Situation mit meinen Parteigremien neu bewerten.“ Vor dem ÖVP-Parteivorstand am Mittwochabend will die SPÖ vorerst keine weiteren Statements abgeben.

Kurz: „Schritt ist zu respektieren“
ÖVP-Bundesparteiobmann Kurz hat am Mittwoch in einer Aussendung auf den Rücktritt reagiert: „Christian Benger hat mich über seinen Schritt informiert, der zu respektieren ist.“ Benger habe die Landespartei in einer schwierigen Phase übernommen. Es sei ihm gelungen, ein Plus bei den Landtagswahlen einzufahren und die Volkspartei in die Regierung zu führen, so Kurz. Ob es wirklich zu einer Regierungsbeteiligung kommen wird, ist allerdings seit Mittwoch wieder unklar ...

Darmann: „Schwarze Königsmörder“
Der Kärntner FPÖ-Obmann Gernot Darmann meinte, Unverlässlichkeit und fehlende Handschlagqualität der schwarzen ÖVP hätten sich „viel früher als erwartet“ bestätigt: „Einen größeren Fehlstart kann es nicht geben. Man kann Landeshauptmann Kaiser in einer Koalition mit diesen schwarzen Königsmördern nur viel Glück wünschen.“

Team-Kärnten-Chef Gerhard Köfer sagte: „Sollte sich diese Koalition tatsächlich angeloben lassen, wird diese von Beginn an mit gegenseitigem Misstrauen ausgestattet sein. Das Vertrauen der Bevölkerung, insbesondere in die Volkspartei, ist am absoluten Nullpunkt angelangt.“

Christian Rosenzopf
Christian Rosenzopf
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