Sicherheitskonferenz

Kurz in Europarede: „Manchmal falsch abgebogen“

Ausland
17.02.2018 14:39

Eindringlich wie selten zuvor hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor der Münchner Sicherheitskonferenz gemahnt, Europas Erbe zu verteidigen. In der Vergangenheit sei man manchmal "falsch abgebogen", nun solle es ein "besseres Miteinander" geben. Österreich sei bereit, hier seinen Beitrag zu leisten, sagte Kurz, der von "Krone"-Journalist Kurt Seinitz nach München begleitet wurde.

Der Kanzler in seiner Europarede: „Wir müssen endlich entschlossen sein, unser christlich-jüdisches und durch Aufklärung geprägtes Europa zu verteidigen und die Grundwerte, die uns ausmachen, wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Bürgerrechte zu schützen.“ Dazu bedarf es der Stärkung Europas durch von Kurz schon vielfach geforderte Reformen der EU nach dem Subsidiaritätsprinzip: „Die EU soll sich großen Fragen widmen und sich in jenen Fragen zurücknehmen, die auf Ebene der Mitgliedstaaten besser gelöst werden können.“

„Die Schnellen fressen die Langsamen“
Die Dringlichkeit der Stärkung Europas ortet Kurz in der Verschiebung der Machtzentren der Welt: „Europa spielt eine immer kleinere Rolle. Die USA sind wirtschaftlich stark wie lange nicht, ziehen sich aber von der Weltbühne zurück. China in atemberaubender Aufholjagd dringt immer mehr in das Vakuum vor. Gleichzeitig haben wir auch viele kleinere Staaten, die erfolgreich werden. Das Motto lautet heute: Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen.“

„Umdenken, bevor es zu spät ist“
Die EU aber, so der Kanzler in seinem Weckruf, sei in vielen Bereichen falsch abgebogen. Umdenken sei nötig, bevor es zu spät ist. Die Regulierungsmaschinerie der EU müsse sich verschlanken: „Wir brauchen weniger Regeln und mehr Eigenverantwortlichkeit und Hausverstand!“

Kanzler bremst Jean-Claude Juncker
Ein für seine Person erstaunlich selbstkritisches Bild vom Zustand der EU zeichnete auch EU-Kommissionspräsident Juncker. Er beklagte wörtlich die „Weltpolitikunfähigkeit“ der EU, während zum Beispiel China strategisch voranmarschiere: „Europa muss sich aus der Nabelschau verabschieden.“ 
Als eine Ursache für den beklagenswerten Zustand der EU ortete Juncker das Einstimmigkeitsprinzip, wo kleine Staaten alles infrage stellen könnten. Da widersprach ihm aber der Bundeskanzler. Als Erstes müssten sich die großen Staaten selbst hinterfragen: „Wenn in der EU jemand mit eigenen Interessen vorprescht, dann sind es meistens die großen Staaten.“

Kurz nimmt heuer zum fünften Mal an der Münchner Sicherheitskonferenz teil. Am Rande der Tagung finden Treffen des Bundeskanzlers mit der Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, dem Brexit-Chefverhandler der EU, Michel Barnier, sowie dem Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, statt. Kurz sagte zudem, dass er seinen Aufenthalt in München auch für die Vorbereitung der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 nützen werde.

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung/krone.at

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