Das freie Wort

Maßgeschneiderte Worte für einen unfertigen Frieden

Ein Anzug macht noch keinen Staatsmann. Und doch scheint es symptomatisch für unsere Zeit, dass bei einem Krisengipfel zur Zukunft der Ukraine und Europas nicht die Inhalte, sondern die Kleiderwahl Schlagzeilen macht. Wenn Trump seinem ukrainischen Kollegen ein Kompliment zu dessen Anzug macht („den besten, den ich hatte“ antwortete Zelenskij), ist das mehr als ein geschmacklicher Ausreißer – es ist eine politische Allegorie. Denn so, wie der Anzug sitzt, soll nun auch der Frieden genäht werden: rasch zugeschnitten, glatt gebügelt, fototauglich – aber ohne zu fragen, ob die Nähte halten. Dass Zelenskij diesmal nicht im Pulli, sondern im schwarzen Sakko erschien, mag Trump gefallen haben. Was der Ukraine angeboten wird, dürfte weniger gut passen: ein Deal, der territoriale Verluste als Friedensdividende verkauft – als wäre Gerechtigkeit verhandelbar, solange die Farbe stimmt. Europa darf sich von derlei Inszenierungen nicht blenden lassen. Ein Frieden, der die militärische Logik Moskaus bestätigt, ist kein friedenserhaltender Kompromiss, sondern ein Präzedenzfall. Wenn Landnahme durch Erpressung salonfähig wird, sind nicht nur ukrainische Grenzen bedroht – sondern die Grundprinzipien europäischer Sicherheitspolitik. Natürlich braucht die Ukraine eine Perspektive – militärisch, wirtschaftlich, diplomatisch. Aber sie braucht keine Maßanfertigung, die der Schneiderschere einer Supermacht geschuldet ist. Europa steht in der Pflicht, nicht nur solidarisch zu sein, sondern strategisch klug und moralisch standhaft. Man kann einem Anzug Komplimente machen – aber ein sauberer Schnitt ersetzt keine innere Festigkeit. Wer Stabilität will, braucht Prinzipien, keine Bügelfalten. Geschichte wird nicht durch Äußerlichkeiten entschieden, sondern durch die Klarheit moralischer und politischer Entscheidungen. Und die dürfen nicht davon abhängen, ob jemand im Sakko, in Uniform oder in einem Pulli erscheint – sondern ob er für Recht statt für Macht eintritt.

John Patrick Platzer, Viktring

Erschienen am Fr, 22.8.2025

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