Das freie Wort

Biobauern wirklich verzweifelt gesucht?

Ich beziehe mich auf den Bericht in der „Kronen Zeitung“, dass der Handel „Biobauern verzweifelt sucht“... Nun, ich bin inzwischen Rinderbäuerin in Pension und habe meine Wiesen an meine Nachbarn verpachtet. An Bauern mit Laufstall und Grünlandwirtschaft. Also die Voraussetzung auch von der Tierfreundlichkeit her. Nur, meine Nachbarn haben gar kein Interesse daran, Biobauern zu werden. Weil einige, so wie ich selber in den 1990er-Jahren, mit Bio beziehungsweise Kontrollstellen und den politischen Vertretern der Biobewegung – sagen wir mal höflich – unerfreuliche Erfahrungen gemacht haben. Und gebrannte Kinder scheuen bekanntlich das Feuer. Auch sollte man nicht übersehen, dass manche Biorichtlinien der Europäischen Union in Österreich sehr lange mit einem gewissen Augenzwinkern und „so eng sehn ma des net“, höflich gesagt, umgangen wurden. So ist beispielsweise in der EU-Biovorschrift eine Weidehaltung zwingend vorgeschrieben, und in Österreich hat es Ausnahmen davon gegeben, solange es eben möglich gewesen ist. Jetzt werden diese Vorschriften schlagend. Und mancher Betrieb wird nun diese Bedingungen nicht mehr erfüllen können. Österreichs Landwirtschaft arbeitet mit der Natur, egal, ob nun mit Biosiegel oder nicht. Österreichs Landwirtschaft unterliegt strengen Umweltauflagen, Wasserschutz und manchen Verboten, welche andere Länder nicht haben. Österreichs Tierhaltung ist an die verfügbare Futterfläche gebunden, egal, ob Bio oder nicht. Darüber hinaus hat Österreich Tierschutzgesetze, welche so weit gehen, dass ich in meinem alten Laufstall gar keine Tiere mehr halten dürfte, weil weniger als 5% der Bodenfläche Fensterfläche ist. Und im Gegensatz zu anderen Ländern ist bei Milchmastkälbern Heufütterung vorgeschrieben, welche das Kalbfleisch rosa macht. Alles das wird bei diesem neuen Biohype völlig unter den Tisch gekehrt. So wie auch die Tatsache, dass vor allem gerade die rinderhaltenden Betriebe sich inzwischen eher von Bio fernhalten. Und sehr gute Gründe dafür haben.

Helga Marsteurer, Waldegg

Erschienen am Do, 8.4.2021

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