Bittere Rache
Deutsche Politiker rufen zum Nokia-Boykott auf
Durch die Schließung des Werks und die Verlagerung nach Rumänien (dafür wollte Nokia sogar EU-Förderungen haben, bekam sie aber nicht) sind nicht nur die Arbeitsplätze der 2.300 Mitarbeiter dahin, mit denen der finnische Konzern „alle Details der Stillegung schnellstmöglich beraten möchte“, sondern auch über 2.000 Arbeitsplätze bei Zuliefererfirmen gefährdet. Das bleibt natürlich nicht ohne Reaktionen…
Deutschlands Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) tauschte am Donnerstag aus Solidarität mit den Beschäftigten des Nokia-Werks in Bochum sein Handy aus. „Weil die Art und Weise, wie das abläuft, mir nicht gefällt“, sagte Seehofer. Der Minister will nun ein Gerät einer anderen Firma wählen.
Nokia ließ indes verlauten sein Werk in Bochum rein aus Kostengründen zu schließen. „Unsere Entscheidung basiert auf Fakten und ist nach sehr gründlichen Erwägungen getroffen worden“, hieß es. Man werde sich nicht umstimmen lassen.
IG Metall fordert Verzicht auf Nokia-Handys
Der Bevollmächtigte von Deutschlands zweitgrößter IG Metall-Verwaltungsstelle, Frank Patta, hat sich am Donnerstag noch vor der Seehofer-Aktion für einen Verzicht von Nokia-Handys beim Großkonzern VW und IG Metall ausgesprochen. Er werde VW-Konzernchef Martin Winterkorn und den IG Metall-Vorstand in Frankfurt auffordern, die entsprechenden Verträge zu prüfen und wo es gehe, zu kündigen. Wer dem Standort Deutschland den Rücken endgültig kehre und „so menschenverachtend mit unseren Kolleginnen und Kollegen in Bochum“ umgehe, sei kein langfristiger Partner für den Konzern Volkswagen, der seine soziale Verantwortung für Menschen und Region ernst nehme.
Politiker und Minister im Boykott-Fieber
Gleichzeitig wurden auch anderswo Rufe nach einem Nokia-Boykott laut. Der DGB-Landesvorsitzende (Deutscher Gewerkschaftsbund) von Rheinland-Pfalz, Dietmar Muscheid, sagte: „Wer heute ein Handy kauft, sollte bei seiner Kaufentscheidung bedenken, welche katastrophale Konsequenzen das Verhalten des Unternehmens in Bochum für Tausende von Mitarbeitern geschaffen hat.“
Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (das Bundesland, in dem Bochum liegt) forderte die Verbraucher in Deutschland indirekt auf, Partei für die Nokia-Beschäftigten zu ergreifen. Nokia solle die deutschen Kunden nicht unterschätzen, warnte Jürgen Rüttgers den finnischen Hersteller. Sie wüssten, wie man mit Menschen nicht umgehen solle. Man müsse sich „ein Stück wehren“.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, kündigte ebenfalls an, künftig nicht mehr mit Handys von Nokia zu telefonieren. Das finnische Unternehmen müsse zu spüren bekommen, „dass dies in diesem Land nicht akzeptiert wird“, und dass es „einen Zusammenhang gibt zwischen der Sozialen Marktwirtschaft und der Absetzbarkeit von Produkten“. Wend, der selber bisher mit Nokia mobil telefoniert, unterstrich, er wolle sich „definitiv“ einen anderen Handy-Ausrüster suchen.
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