"Höhle der Schädel"

Israel: Forscher im Wettlauf mit Grabräubern

Wissenschaft
16.06.2016 11:27

Einen ungewöhnlichen Wettlauf liefern sich israelische Archäologen zurzeit in Steilwänden von Schluchten am Westufer des Toten Meers. Sie wollen so Antiquitätenräubern zuvorkommen, die wertvolle Funde der Öffentlichkeit entziehen und Jahrtausende alte Siedlungsspuren zerstören. Manchmal, wie in der "Höhle der Schädel", können die Forscher nur noch Überbleibsel sichern.

Schwerpunkt der Notgrabungen ist derzeit das Nachal Ze'elim, auf Arabisch Wadi Seijal genannt, wo sich 250 Meter über der Talsohle im nahezu senkrechten Fels - und damit nahezu unzugänglich - die Öffnung zur "Höhle der Schädel" befindet.

Ende 2014 waren sechs Beduinen aus dem benachbarten Westjordanland gefasst worden, als sie einen Kamm aus der Römerzeit und eine 8000 Jahre alte Pfeilspitze aus der dort gelegenen Schädel-Grotte holten. Deshalb wurde diese weitläufige Kalksteinhöhle in den vergangenen drei Wochen systematisch durchsiebt. Unter der Anleitung von Archäologen arbeiteten mehrere Hunderte Freiwillige, die zumeist über Facebook rekrutiert wurden.

Helfer müssen schwindelfrei sein
Die ehrenamtlichen Helfer mussten schwindelfrei sein, denn von der Kante der Klippe geht es - gesichert durch Seile - 80 Meter hinunter zum Höhleneingang. Von dort sind es weitere 250 Meter bis zur Schluchtsohle. Wegen der Nähe zur Bergfestung Masada, der Hochburg der Aufständischen, waren diese Höhlen Fluchtstätten der biblischen Juden, bevor sie ins Exil vertrieben wurden.

Rund 50 Kilometer weiter nördlich, im besetzten Palästinensergebiet, liegen auch die Höhlen von Qumran, wo in den 1950er-Jahren die biblischen Schriftrollen vom Toten Meer gefunden wurden - ebenfalls von Beduinen, die die unwirtlichen Schluchten durchstreiften. Vor allem die Sorge, es könnten während der Revolte auch im Nachal Ze'elim älteste schriftliche Zeugnisse der jüdischen Kultur versteckt worden sein, veranlasste die israelische Altertumsbehörde, einen nationalen Notgrabungsplan zu entwerfen, der jetzt in der Schädel-Grotte startete.

Althebräisches Papyrusblatt gefunden
Der wichtigste Fund in diesen drei Wochen war ein Stück Papyrus, erklärt Amir Ganor, einer der Ausgrabungsleiter und Chef der Antidiebstahl-Einheit der Altertumsbehörde. Denn 2009 hatten als Käufer getarnte Ermittler auf dem Schwarzmarkt ein Papyrusblatt sichergestellt, das für zwei Millionen Dollar angeboten wurde. Es enthält einen auf Althebräisch verfassten Vertrag aus der Bar-Kochba-Periode. Im Verhör sagten die Anbieter aus, das Schriftstück stamme aus einer Höhle in der Ze'elim-Schlucht. Nun werden die Forscher untersuchen, ob das neue Fundstück dazu passt.

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